Finanzmarkttrends: Mehr Mitsprache für Bank- und Versicherungskunden

Kundenbeiräte, Kundenanwälte und Kundenzufriedenheitsumfragen stärken das Vertrauen der Kunden

Aktuelle Finanzmarkt-Trendstudie „Kundenforum, Kundenbeirat, Kundenanwalt – Erfolgreiche Wege aus der Vertrauenskrise“ des Marktforschungsinstituts HEUTE UND MORGEN untersucht Akzeptanz und optimale Gestaltung vertrauensbildender Maßnahmen im Kundenbeziehungsmanagement.

Banken und Versicherungsgesellschaften haben in der deutschen Bevölkerung enorm an Vertrauen verloren. Zwei von drei privaten Bankkunden und mehr als jeder zweite Versicherungskunde geben an, ihr Vertrauen in die Anbieter sei in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auf einer 10-stufigen Vertrauensskala erreichen die Geldinstitute derzeit gerade einmal noch einen Durchschnittswert von 4,4 Punkten, die Versicherer sogar nur einen Wert von 4,0. Erwartungsgemäß ist das Vertrauen in die eigene Hausbank und den eigenen Versicherer zwar größer als für die Branche insgesamt – im langfristigen Kundenbeziehungsmanagement und bei der Neukundengewinnung führt der generelle Vertrauensverlust im Markt aber zu deutlichen Problemen.

Viele Finanzdienstleister suchen daher nach Möglichkeiten, verloren gegangenes Kundenvertrauen wieder zu gewinnen. Aktuell werden hierzu verschiedene Maßnahmen diskutiert oder bereits umgesetzt – allen voran die Etablierung von Kundenforen, Kundenbeiräten oder Kundenanwälten sowie die Durchführung regelmäßiger Zufriedenheitsumfragen. Doch wie kommen solche Maßnahmen bei den Kunden an? Und welche Erwartungen formulieren die Kunden, damit sie den Banken und Versicherungsgesellschaften zukünftig wieder mehr Vertrauen schenken können?

Diese und weitere Fragen beantwortet die aktuelle Trendstudie „Kundenforum, Kundenbeirat, Kundenanwalt – Erfolgreiche Wege aus der Vertrauenskrise“ aus der Studienreihe „Aktuelle Finanzmarkttrends“ des Marktforschungsinstituts HEUTE UND MORGEN aus Köln. 1.000 bundesdeutsche Entscheider in privaten Finanz- und Versicherungsangelegenheiten im Alter von 18 bis 65 Jahren wurden im Oktober 2011 repräsentativ befragt.

Kein Anbieter kann sich in punkto Kundenvertrauen bisher entscheidend absetzen

Dabei zeigt sich, dass es im Vertrauenswettbewerb bisher keiner Bank oder Versicherungsgesellschaft gelungen ist, sich einen entscheidenden Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu erarbeiten . Leicht vorne bei den Bestandskunden der Banken und Sparkassen liegen derzeit die Volks- und Raiffeisenbanken gleichauf mit der Sparda Bank. In der Assekuranz ist es die Provinzial, dicht gefolgt von Debeka, Axa und Generali.

„Vertrauen ist die grundlegende Währung, die über den Geschäftserfolg entscheidet“, sagt Tanja Höllger, Studienleiterin und Geschäftsführerin bei der HEUTE UND MORGEN GmbH. „Chancen bei der aktiven Vertrauensbildung bieten vor allem Dialogbereitschaft und ernst gemeinte Partizipationsangebote, die den Kunden eine echte Stimme geben.“

Analyse einzelner Mitspracheangebote: Kundenbeiräte und Kundenanwälte mit größter Akzeptanz

Von den im Rahmen der Studie untersuchten möglichen vertrauensbildenden Maßnahmen erhalten die Konzepte „Kundenbeirat“ und „Kundenanwalt“ den größten Zuspruch und aktive Teilnahme- bzw. Nutzungsbereitschaft. Für die optimale Ausgestaltung haben die Kunden konkrete Vorstellungen: In einem „Kundenbeirat“ diskutieren beispielsweise ausgewählte Kunden mit dem Anbieter über Produkte, Services und Prozesse, um Verbesserungen im Unternehmen zu unterstützen. Idealerweise sollte ein Kundenbeirat von den Kunden selbst für eine Dauer von jeweils etwa 2 Jahren gewählt werden und mindestens 3 bis 4 mal im Jahr einberufen werden.
Die Beschlüsse sollten nicht nur unverbindlich sein, d.h. das Unternehmen sollte zumindest in der Pflicht sein, abweichende Beschlüsse zu begründen. Die Beiratsmitglieder sollten zudem öffentlich bekannt gemacht werden und einen Rechenschaftsbericht ablegen.
„Kundenanwälte“ sollten aus Kundensicht bevorzugt „echte“ Anwälte sein und sich vor allem mit ungelösten Beschwerdefällen wie Beratungsfehlern oder Problemen bei der Schadenregulierung beschäftigen. Kundenanwälte sollten zudem gut über verschiedene Kontaktkanäle erreichbar sein und insbesondere auch für persönliche Gespräche zur Verfügung stehen.
Bei „Zufriedenheitsumfragen“ ist den Bank- und Versicherungskunden unter anderem wichtig, dass die Teilnehmer über die zentralen Ergebnisse informiert werden und die Befragung nicht vom Unternehmen selbst, sondern von unabhängigen Instituten durchgeführt wird.
Die mit Abstand geringste Akzeptanz und Teilnahmebereitschaft finden die im Finanzdienstleistungsmarkt bereits häufiger praktizierten „Kundenforen“ in Form von Austauschplattformen in sozialen Netzwerken wie beispielsweise Facebook oder Xing. Viele Kunden sehen darin eine reine „Marketing-Masche“ der Unternehmen und fühlen sich dadurch nicht wirklich ernst genommen. „Ideenwerkstätten“ bzw. „Ideenworkshops“ sind den Kunden bisher kaum bekannt, stoßen aber – auch bei jüngeren Kunden – auf deutlich mehr Zuspruch als Online-Foren der Unternehmen.

Aufbau und Pflege vertrauensvoller Kundenbeziehungen als langfristige Aufgabe

Ungeachtet der großen Unterschiede in der Beurteilung des Potenzials einzelner Maßnahmen zur Stärkung des Kundenvertrauens sich kundenseitig durchgängig auch noch eine deutliche Zurückhaltung und auch Skepsis. Geldinstitute und Versicherungsgesellschaften sollten sich daher auf einen längeren und mühsamen Weg einstellen, insbesondere durch mehr Transparenz, bessere Service- und Beratungsqualität und echten Kundennutzen, neues Vertrauen zu stiften. Gelingt dies nicht, könnte das ungerichtete Anbieter-Hopping der Kunden immer mehr zur Normalität im Markt werden – und zwar mehr aus andauerndem Frust als aus wirklicher Lust heraus.
Die getesteten Partizipationsangebote weisen ganz unterschiedliche Chancen und Potenziale für den Aufbau und die Pflege vertrauensvoller Kundenbeziehungen auf. Bei deren Ausgestaltung sollte den spezifischen Bedürfnissen und Erwartungen der eigenen Kundschaft und verschiedener Zielgruppen Rechnung getragen werden. Erst nach erfolgreicher Etablierung sollten die Mitspracheangebote dann in einem zweiten Schritt als imageförderliche Maßnahme begriffen und kommuniziert werden. „Lippenbekenntnisse und reines Marketing schaffen kein stabiles Vertrauen und können schnell zum Bumerang werden“, so Tanja Höllger.

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