6 wichtige Schritte warum Firmen eine Social Media-Matrix brauchen

Artikel von Michael Wolf

Philip Kotler, Begründer des modernen Marketings und Guru seiner Zunft, malt die Zukunft in goldenen Farben: Kunden sind dank der rasant wachsenden Sozialen Netzwerke nicht mehr bloß Konsumenten, sondern kreative, aktiv handelnde Persönlichkeiten mit einem eigenen Wertekodex. Der Haken ist bloß: Wer als Unternehmen die neuen, an sich simplen Spielregeln dieses „Marketings 3.0“ nicht versteht, hat ein ernsthaftes Problem.

So kämpft die Deutsche Bahn nicht nur mit eingefrorenen Weichen, sondern auch mit Startschwierigkeiten bei Facebook, Twitter und Co. Weil man es versäumt hatte, sich den Twitter-Kanal @deutschebahn zu sichern, muss man jetzt dort mit hämischen Kommentaren leben, zum Beispiel: „Die schlimmsten Jahreszeiten für die Bahn – Frühling, Sommer, Herbst und Winter“. Immerhin hat das frühere Staatsunternehmen auf Facebook mit Hilfe einer Frankfurter Werbeagentur jetzt den ersten Schritt hin zu einem umfassenden Dialogangebot getan und 140.000 Tickets verkauft

Im Frühjahr hatte der twitternde Trigema-Affe Mr. Chimp (@trigema) mit dem ersten „Shitstorm“ in der Geschichte des Traditionsunternehmens zu kämpfen. Sein Chef Wolfgang Grupp hatte in einem Interview-Halbsatz Twitter als „oft nur belanglos“ abgekanzelt. „Ich zerreiße mein Trigema-Shirt“, hieß es in empörten Responses. Ein paar Tage später ruderte man am Firmensitz in Burladingen zurück. Auf Facebook, Youtube und Twitter sollte man „in der heutigen Zeit nicht verzichten“, hieß es kleinlaut. Über den wirtschaftlichen Schaden von Grupps unbedachter Äußerung ist nichts bekannt. Mr. Chimp twittert derzeit nicht mehr. Im Gegenzug hat Trigema eine grundsolide Facebook-Seite eingerichtet, wo Kunden beispielsweise nach der Herkunft der verarbeiteten Baumwolle fragen (http://www.facebook.com/TRIGEMA).

Was man aus solchen Vorgängen lernen kann? Zunächst die schlechte Nachricht: Viele Firmen leisten sich ähnliche Kardinalfehler in den sozialen Netzwerken. Doch die gute Nachricht ist: Wer daraus die richtigen Schlüsse zieht, kann in einem hart umkämpften Markt der Konkurrenz den entscheidenden Schritt voraus sein. Social Media unterliegen nicht mehr dem alten Modell der linear-hierarchischen Informationsverbreitung. Denn im Web 2.0 existiert ein Rückkanal. Die Kommunikation wird offen – in beide Richtungen. Das gilt für den Einzelnen ebenso wie für Unternehmen. Social Media stellen zudem eine Kommunikation auf Augenhöhe her. Das ersetzt die herkömmliche Beziehung zwischen Firmen und ihren Kunden. Stimmungen und Meinungen sind ausschlaggebend in Sozialen Netzwerken. Sie werden nicht mehr linear weitergetragen, sondern verbreiten sich exponentiell. In dieser ungeheuren Vervielfachung liegt der Hauptunterschied zur ersten Generation der Tools zur digitalen Kommunikation wie eMail oder SMS.

Weil Empfehlungen von Freunden, in Blogs oder Fachforen für Social Media prägend sind, kommt es für Unternehmen also in erster Linie darauf an, Online-Reputation zu gewinnen – es geht also um den „guten Ruf im Netz“.

Jenseits dessen steht heutzutage jeder Unternehmer vor drei Grundfragen: Warum soll er eine Social Media-Strategie aufsetzen – für die interne Kommunikation, zur Marktanalyse, für das Recruiting? Soll und kann am Ende eine messbare Monetarisierung stehen? Und schließlich: Wie kann er eine ebenso sinnvolle wie passgenaue Social Media-Strategie entwickeln? Eine mehrstufige Social Media-Matrix ist in diesem Zusammenhang von erheblichem Nutzen.

1. Als sinnvoll hat es sich erwiesen, zunächst Ziele zu definieren, die erreicht werden sollen. Will man neue Kunden gewinnen, neue Vertriebswege auftun (B2C/B2B) oder qualifizierte Mitarbeiter anwerben (HR)? Zur Klärung dieser Fragen ist es notwendig, hausinternes Fachwissen wie die Marktforschung und das Marketing einzubinden. Das Ergebnis dieses Vorab-Screenings hat Einfluss auf die künftige Zuständigkeit der Social Media-Angelegenheiten in einer Firma.

2. Unabdingbar ist darüber hinaus eine sorgfältige Analyse des Kundenstamms. Sind meine bisherigen Kunden zufrieden oder nicht? Wo sehen sie Defizite? Soll im Vorgriff auf Veränderungen im Markt Neugeschäft generiert werden? Wo sieht mein Unternehmen Potentiale?

3. Vor allem kleine und mittelständische Firmen erreichen mit Social Media am schnellsten ihre Ziele, wenn sie nur das angehen, wovon sie voll und ganz überzeugt sind. Zuhören, ausprobieren, lernen, nachjustieren. Für eine Social Media-Matrix eignen sich im Grunde also die bewährten, leicht variierten Parameter der LEAD-Strategie. Eines sollte man dabei nie aus dem Auge verlieren. Eine zu nachlässige Betreuung ist schlecht für das Image, der personelle Aufwand nicht zu unterschätzen, Kontinuität ein Muss. Das heisst: Wer zuviel will und das nicht leisten kann, darf sich nicht wundern, wenn er nicht ernst genommen wird.

4. Damit sind wir bei der Kosten-Nutzen-Analyse. Rechnet sich mein Aufwand? Welche Tools sind sinnvoll, eines oder mehrere? Grundsätzlich gilt: Die Implementierung von Social Media-Maßnahmen ist konkurrenzlos günstig. Zu Buche schlagen die Folgekosten, vor allem die regelmäßige Betreuung. Wer schnell einen messbaren monetären Erfolg sehen will, muss auf die ganze Bandbreite setzen: Kundengenerierte Bewertungen und Rezensionen (Amazon u.a.) neben Kunden-Testimonials, wie sie von Software-Unternehmen angeboten werden; Empfehlungen auf Facebook; Nutzung von Fachforen. Ergänzend tritt das Seeding von Marketing-Botschaften auf Social Media-Plattformen plus Verlinkung mit der eCommerce-Site hinzu. Das steigert den Traffic auf einer Seite und verbessert die Platzierung in den Rankings der Suchmaschinen.

5. In zahlreichen Studien wird auf die enorme Bedeutung des „emotionalen Mehrwerts“ verwiesen. Tatsache ist: Immer mehr Menschen verbringen Zeit in Sozialen Netzwerken. Sie schicken ihre eMails über Facebook statt über Google, und sie informieren sich über das, was ihre Freunde als Link geteilt haben. Das bedeutet zweierlei: Für den User stehen entweder die Faktoren Spaß und Zerstreuung im Vordergrund, oder er möchte eine rasche, unkomplizierte Problemlösung. Das ist beispielsweise der Fall, wenn er eine neue Stelle sucht. Stets ist er jedoch ein neugieriger Reisender im Netz, dessen Interesse es zu binden gilt.

6. Egal was in Sozialen Netzwerken unternommen wird, die Markenbildung darf man nie aus dem Auge verlieren. Auf keinen Fall etwas unternehmen, was im diametralen Gegensatz zur bislang aufgebauten Wertigkeit steht. Wer ungewollt den eigenen Anspruch konterkariert, verbiegt sich, setzt die Arbeit vieler Jahre aufs Spiel und wird abgestraft – siehe Online-Reputation. In diesem Zusammenhang ist auch die letzte Frage zu sehen, die sich jeder Unternehmer heutzutage stellt: Sind Image und Standing meines Unternehmens in der Außenwahrnehmung ohne Social Media-Nutzung ausgeprägt genug, um gegen künftige Verwerfungen gewappnet zu sein?

Die Pioniere auf dem Social Media-Terrain sind interessanterweise nicht die Großunternehmen. Dort fristen die entsprechenden Tools vielfach noch ein Nischendasein, obwohl die Kosten überschaubar sind. Erst langsam begreift man in den Vorstandsetagen, was für kleine Firmen und Mittelständler längst Alltag ist. Wahrscheinlich wird es mal wieder so sein: Erst wenn die Erfolgsgeschichten aus den Sozialen Netzwerken für dicke Schlagzeilen sorgen, dann springen auch die letzten Skeptiker auf.

Autor:

Michael Wolf Management ist Ihr Ansprechpartner für Interim Management & Marketing Consulting. Als Geschäftsführer, CEO, COO, CMO oder als Projektleiter unterstützt Michael Wolf  zum Beispiel bei der Überbrückung von Management- oder Know-How-Engpässen, beim Aufbau oder der Restrukturierung Ihrer (Marketing-)Organisation sowie in der Betreuung strategischer Projekte, beim Marken-Relaunch, bei Produkteinführungen und Ähnlichem.

Über 15 Jahre Marketing- und Management-Erfahrung in namhaften Unternehmen und Agenturen und über 400 Projekte unterschiedlichster Ausprägung bilden die Basis für die erfolgreiche Übernahme von Management-auf-Zeit-Projekten. Ergänzt durch umfangreiche Erfahrungen in verschiedenen B2B- und B2C-Branchen.

Michael Wolf ist Autor des Marketing-Blogs „Michael’s Evernotes“.

Kontakt:

eMail: mw@michael-wolf-online.eu

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