Läuft Amerikas Wirtschaft wirklich so gut wie meist dargestellt?

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Eine sinkende Arbeitslosenquote bedeutet nicht immer mehr Beschäftigte. Bereits in der letzten Ausgabe des Zinskommentars wurden die verschiedenen statistischen Erhebungsmethoden der Arbeitslosenquote in den USA beleuchtet. Neben der Tatsache, dass viele Arbeitslose einfach aus der offiziellen Statistik gestrichen werden, muss man die Arbeitslosenquote auch immer im Verhältnis zu der Erwerbstätigenquote betrachten, um breitere Aussagen über den Arbeitsmarkt treffen zu können. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars warum ein Absinken der Arbeitslosenquote nicht immer einen Anstieg der Erwerbstätigenquote zur Folge haben muss.

 

Markt-Monitoring und Ausblick

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor bleibt immer noch nahezu unverändert bei – 0,328%. Bis Ende Q2 erwarten wir eine Seitwärtsbewegung, danach eine leichte Tendenz Richtung – 0,20%, da die Erwartung vom Ausstieg am Quantitative Easing den kurzfristigen Zins sukzessive anheben wird.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz ist in den letzten Wochen wieder gesunken und liegt nun bei 1,00 %. Wir erwarten zukünftig weiter niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,75% – 1,00%.

 

Läuft Amerikas Wirtschaft wirklich so gut wie meist dargestellt?

Betrachten wir zunächst einmal die Entwicklung der Arbeitslosenquote in den USA über die letzten zehn Jahre (Vgl. Abbildung). Diese sank von 10 Prozent Ende 2009 auf 4,1 Prozent Anfang dieses Jahres und lässt annehmen, dass knapp 6 Prozent anteilig an der Erwerbsbevölkerung wieder einen Job gefunden haben und damit zu einer erhöhten Erwerbstätigenquote beitragen. Laut Definition sind das alle Beschäftigten im Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung. Doch anhand der Abbildung 1 wird deutlich, dass seit Ende 2009 die Erwerbstätigenquote relativ konstant geblieben ist und erst seit 2014 wieder leicht ansteigt, trotz stark sinkender Arbeitslosenquote in den Jahren zuvor. So ist der starke Rückgang der Arbeitslosenquote zumindest teilweise auch dadurch begründet, dass viele Arbeitslosen aus der Statistik ausgeschieden sind, da sie es einfach aufgegeben haben in den letzten vier Wochen einen Job zu suchen und somit nicht mehr als aktiv suchend gelten. Also bedeutet eine sinkende Arbeitslosenquote nicht unbedingt immer eine erhöhte Erwerbstätigenquote und damit mehr Beschäftigte.

Abbildung: Erwerbsquote, Erwerbstätigenquote und Arbeitslosenquote

Quelle: eigene Darstellung; Fed of St. Louis

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Die Intention dahinter lässt sich leicht anhand eines Rechenbeispiels belegen. Nehmen wir an 10 Personen anteilig an einer Erwerbsbevölkerung von 100 Personen gelten als arbeitslos. Das macht eine Arbeitslosenquote von 10 Prozent. Nun gibt es aber zwei Personen, die in den letzten vier Wochen nicht mehr aktiv nach einem Job gesucht haben und somit nach der offiziellen Definition als nicht mehr arbeitslos gelten, obwohl sie es eigentlich noch sind, aber einfach die Suche aufgegeben haben und keine Chance auf dem Arbeitsmarkt für sich sehen. Damit haben wir nur noch 8 Personen, die offiziell als arbeitslos gelten. Da die zwei resignierten Arbeitslosen nun auch nicht mehr Teil der Erwerbsbevölkerung sind, liegt diese Größe nun bei 98 Prozent. Nun ist die Arbeitslosenquote jedoch auf ca. 8,2 Prozent abgesunken, ohne dass irgendwelche Jobsuchenden tatsächlich erfolgreich waren.

Die Erwerbstätigenquote sollte nicht mit der Erwerbsquote verwechselt werden. Die Erwerbsquote drückt das Verhältnis der Erwerbsbevölkerung (alle Beschäftigten und Arbeitslosen) anteilig an der Gesamtbevölkerung aus. Je mehr die Erwerbstätigenquote und Erwerbsquote zueinander konvergieren, desto niedriger ist die Arbeitslosenquote (Vgl. Abbildung 1). Im Fall von Amerika sollte also immer die Erwerbstätigenquote und die U-6 Größe mit in Betracht gezogen werden, um wirkliche Aussagen über den Arbeitsmarkt treffen zu können. Die Erwerbstätigenquote und liegt derzeit bei 60,1 Prozent und ist damit immer noch weit weg vom Vorkrisenniveau von ca. 63 Prozent. Von einem sich gut dynamisierenden Wirtschaftswachstum in den USA kann man sicher nicht sprechen und stellen uns weiter  (seit 12/2015) die Frage, was genau die FED in den Staaten mit weiteren Zinsanhebungen bremsen bzw. bewirken will.

 

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