Die fünf Todsünden bei Wachstums- und M&A-Projekten

Viele Wachstumsprojekte von Unternehmen verlaufen im Sande oder erreichen die definierten Projektziele nicht, obwohl sehr viele Ressourcen und Energien in sie investiert wurden. Dafür gibt es Ursachen, die man vermeiden kann.

 

Analysiert mit den Verlauf von nicht oder wenig erfolgreichen Projekten, die auf ein Wachstum von Unternehmen –  zum Beispiel durch den Zukauf anderer Unternehmen oder das Erschließen neuer Geschäftsfelder und Kundengruppen – abzielen, dann lassen sich fünf Todsünden konstatieren.

 

Todsünde 1: Diffuse Zielsetzung!

Bei vielen Wachstumsprojekten ist den Verantwortlichen unklar, warum das Unternehmen überhaupt wachsen soll und deshalb zum Beispiel den Kauf eines anderen erwägt. Nicht selten lautet die Begründung beispielsweise „Das Unternehmen wird gerade zum Kauf angeboten und hat tolle Produkte“ – ohne dass im Vorfeld die Frage geklärt wurde: Sind künftig in unserem Markt eigentlich noch die Produkte für den Erfolg eines Unternehmens entscheidend oder kommt es im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und Automatisierung nicht eher auf die Problemlösungen und Dienstleistungen an?

 

Wenn Letzteres zutrifft, wäre es vermutlich mittel- und langfristig eher ein Wachstumsbeschleuniger sich vom „Product Supplier“ zum „Service/Solution Provider“ zu entwickeln und die vorhandenen Ressourcen in diesen Prozess zu investieren.

 

Tipp: Denken Sie in Zielbildern. Werden Sie sich, bevor Sie ein Wachstumsprojekt starten, darüber klar, wohin die strategische Reise Ihres Unternehmens gehen soll – zum Beispiel aufgrund der Marktentwicklung. Oder aufgrund von dessen aktuellen Stärken und Marktposition.

 

Todsünde 2: Keine klare Verantwortlichkeit!

Diesem Phänomen begegnet man insbesondere in Großunternehmen und Konzernen oft. In ihnen werden Wachstumsprojekte häufig von der Geschäftsführung oder vom Vorstand angestoßen und hinterher in der Linie beziehungsweise einer Business Unit umgesetzt.

 

Solche Projekte scheitern regelmäßig, da

  • das Top Management sich nach der von ihm angestoßenen Entscheidung meist wieder anderen Aufgaben zuwendet und im Arbeitsalltag nicht als „Promotor“ des Projekts agiert und
  • die Umsetzungsverantwortlichen, also zum Beispiel die Leitung der betroffenen Business Unit, das Projekt eigentlich nie wollten und dieses auch nie aus eigener Überzeugung unterstützten – sowohl emotional, als auch rational. Entsprechend uninspiriert sind sie im Projektalltag.

 

Tipp: Identifizieren Sie möglichst vor der Projektentscheidung diejenigen, deren Bereiche von dem Projekt am stärksten betroffen sind und/oder von ihm profitieren. Holen Sie diese rational und emotional mit ins Boot und übertragen Sie ihnen eventuell die Verantwortung für dieses Projekt.

 

Todsünde 3: XXL-Meetings statt fokussierter Entscheidungsrunden!

Das beste Rezept, um nötige Entscheidungen nicht zügig und rechtzeitig zu treffen, ist: Laden Sie alle Mitarbeiter eines Projekts zu Entscheidungsrunden und Steuerkreisen ein; denn dann ist garantiert, dass in den Meetings die unterschiedlichsten Meinungen und Interessen, Einschätzungen und Erfahrungen aufeinander prallen und genüsslich zerlegt werden. Entsprechend lang dauert der Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozess.

 

Viel effizienter ist es: Definieren Sie ein kleines, entscheidungsfähiges Core-Team, das zum Beispiel bei M&A-Projekten die relevanten Entscheidungen trifft und auch die Verhandlungen führt. Einem solchen Core-Team sollten bei geplanten Unternehmenskäufen unter anderem angehören:

  • der operativ Verantwortliche für die Akquisition und Integration,
  • ein für die Projektsteuerung verantwortlicher M&A-Professional (extern oder intern) und
  • ein Jurist, der die Vertragsgestaltung und die Umsetzung der ökonomischen beziehungsweise operativen Vorgaben verantwortet.

 

Tipp: Halten Sie die Zahl der Personen, die bei Wachstumsprojekten die weichenstellenden Entscheidungen trifft, möglichst klein; das Ausarbeiten der Umsetzungspläne für die Entscheidungen kann dann in größeren Teams erfolgen.

 

Todsünde 4: Überforderung der Projektleitung!

Es ist eher die Ausnahme, dass die Leitung von strategischen Projekten, was Wachstumsprojekte stets sind, den kompetentesten Mitarbeitern übertragen wird. In der Regel wird die Projektleitung nicht demjenigen anvertraut, der es qua Kompetenz könnte, sondern demjenigen, der gerade verfügbar ist, oder den Finger streckt.

 

Häufig liegt das auch daran, dass kein klares Anforderungsprofil für den Projektleiter existiert. Folgende Kompetenzbereiche sind beim Formulieren von dessen Anforderungsprofil zu berücksichtigen:

  • die fachliche Kompetenz. Diese beinhaltet auch das nötige Verständnis des jeweiligen Projekts und der damit verbundenen Chancen und Risiken, und mindestens ebenso wichtig
  • die persönliche Kompetenz. Sie zeigt sich insbesondere in der Werteorientierung: Mut, Vertrauen, Ergebnisorientierung, Pragmatismus und Verlässlichkeit sind hier Schlüsselkriterien.

 

Tipp: Vertrauen Sie die Leitung Ihres M&A Projekts einem erfahrenen Projektmanager an, der über die nötigen persönlichen und fachlichen Kompetenzen verfügt.  Ein „Youngster“ kann (ohne entsprechende Unterstützung) mit einem solchen Projekt schnell überfordert sein.

 

Todsünde 5: Fokusverlust im Projektverlauf!

Bei strategischen Wachstumsprojekten, die sich über mehrere Jahre erstrecken, begegnet man oft dem bekannten Phänomen: „… und jährlich grüßt das Murmeltier“. Das heißt, bei den Strategie-Reviews stellt man immer wieder fest, dass (Teil-)Projekte, die man sich fürs letzte Jahr vorgenommen hatte, immer noch auf der Agenda stehen – trotz eines lehrbuch-mäßig durchgestylten Strategieprozesses. Solche (Teil-)Projekte sind sozusagen lebende Zombies.

 

Ein häufiger Fehler von Unternehmen, der hierzu führt, ist: Es werden zu viele Projekte parallel geplant und angestoßen, und im weiteren Verlauf mangelt es dann nicht nur an Ressourcen. Das Unternehmen und seine Mitarbeiter verlieren zudem den Fokus und verzetteln sich.

 

Tipp: Definieren Sie daher (je nach Größe der Organisation und verfügbaren Ressourcen) maximal drei Fokus-Projekte nebst den relevanten Teilzielen, und überprüfen Sie regelmäßig, alle vier bis sechs Wochen, den Projektfortschritt in kleinen, effektiven Steuerkreisen.

Franco Pörtner

 

Zum Autor: Franco Pörtner ist Partner der M&A- und PMI-Beratung Beyond the Deal Deutschland, Bad Homburg. Das Beratungsunternehmen unterstützt vorrangig Mittelständler beim Kauf und Verkauf von Unternehmen und deren Übergabe bzw. Integration. Mehr Infos: www.beyondthedeal.de

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