Warum die Motivation der Mitarbeiter immer wichtiger wird

Wenn Mitarbeiter weitgehend eigenständig neue Problemlösungen entwickeln und sich die hierfür nötige Kompetenz aneignen sollen, müssen sie hochmotiviert sein. Das setzt ein entsprechendes Verhalten ihrer Führungskräfte voraus.

 

Eine langfristige sowie strategisch orientierte Personalentwicklung fällt vielen Unternehmen zunehmend schwer, denn in der von rascher Veränderung geprägten VUCA-Welt wissen sie oft heute noch nicht,

  • wie viele Mitarbeiter sie in drei, fünf oder gar zehn Jahren brauchen und
  • über welche Fähigkeiten und Fertigkeiten diese dann verfügen müssen.

 

Die zentrale Ursache hierfür ist: Der rasante technische Fortschritt insbesondere im IT-Bereich eröffnet den Unternehmen ganz neue Möglichkeiten, Probleme zu lösen. Zudem werden neue Geschäftsmodelle möglich, weshalb

  • nicht selten neue Mitbewerber am Horizont erscheinen und
  • sich die Märkte der Unternehmen sowie die Bedürfnisse ihrer Kunden rasch ändern.

 

 

Personal- und Kompetenzentwicklung neu denken

 

Deshalb haben viele Unternehmen in den letzten Jahren ihre strategische Personalentwicklung weitgehend auf Eis gelegt beziehungsweise überdenken diese grundlegend. Dabei lassen sie sich meist von folgenden Annahmen leiten:

  1. In der modernen Arbeitswelt stehen die Mitarbeiter immer häufiger vor neuen Ausgaben und Also benötigen die Unternehmen zunehmend Mitarbeiter, die diese beherzt angehen – und zwar eigeninitiativ. Denn heute verändert sich das Umfeld der Unternehmen so rasch, dass der Veränderungsbedarf top-down nur noch bedingt erfasst und befriedigt werden kann. Außerdem würde ein solches Vorgehen das Bestreben der Unternehmen, möglichst schnell und flexibel zum Beispiel auf Marktveränderungen zu reagieren, torpedieren. Also müssen die Mitarbeiter oft – alleine oder im Team – eigeninitiativ aktiv werden.
  2. Um die neuen Herausforderungen zu meistern, benötigen die Mitarbeiter auch neue Fähigkeiten. Welche dies sind, lässt sich top-down ebenfalls immer schwieriger ermitteln. Zudem lassen sich die Entwicklungsbedarfe seltener mit zentral organisierten Personalentwicklungsprogrammen befriedigen – unter anderem, weil die Aufgaben der Mitarbeiter und ihre bereits vorhandenen Kompetenzen verschieden sind. Zudem würde dies oft zu lange dauern. Also müssen die Mitarbeiter zunehmend in der Lage sein, eigenständig den Entwicklungsbedarf bei sich zu erkennen und zu befriedigen. Sie müssen sozusagen Selbstentwickler werden.

 

 

Mitarbeiter brauchen eine hohe Eigenmotivation

 

Sowohl das beherzte Angehen neuer Aufgaben, als auch das eigenständige Aneignen der hierfür nötigen Kompetenzen setzen voraus, dass die Mitarbeiter

  • eine hohe Eigenmotivation haben und
  • sich mit dem Unternehmen und ihren Aufgaben identifizieren.

 

Deshalb achten die Unternehmen heute schon beim Einstellen neuer Mitarbeiter stark darauf, wie die betreffenden Personen gestrickt sind. Außerdem ermitteln sie nicht selten zum Beispiel mit einem Analysetool wie der MotivStrukturAnalyse (MSA), was die Kandidaten motiviert und antreibt. Sind sie zum Beispiel Personen, die gerne selbst die Initiative ergreifen, oder arbeiten sie lieber übertragene Aufgaben gemäß den Vorgaben ab?

 

Doch sind die Mitarbeiter mit dem gewünschten Profil an Bord, ist es noch keinesfalls sichergestellt, dass diese im Betriebsalltag tatsächlich dauerhaft das gewünschte Verhalten zeigen, denn neben dem „Wollen“ ist hierfür stets auch ein entsprechendes „Können“ und „Dürfen“ wichtig.

 

 

Motivationaler Führungsstil ist gefragt

 

Also stehen die Unternehmen, wenn ihre Mitarbeiter weitgehend eigenständig und -verantwortlich arbeiten sollen, vor der Herausforderung, hierfür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Hierzu zählt es, ihnen die erforderlichen Entscheidungs- und Handlungsspielräume einzuräumen. Dies setzt wiederum bei den Führungskräften einen Führungsstil voraus, der primär darauf abzielt, die Eigenmotivation der Mitarbeiter zu stärken und zu nutzen.

 

Ein solch motivationaler Führungsstil ist unter anderem aufgrund folgender Faktoren nötig:

  1. Heute werden die Kernleistungen der meisten Unternehmen von Expertenteams in oft bereichsübergreifender Team- und Projektarbeit erbracht. Deshalb können die Führungskräfte ihren Mitarbeitern immer seltener sagen „Tue dies, dann hast du…“ beziehungsweise „…haben wir Erfolg“. Sie müssen vielmehr auf deren Motivation, eine Top-Leistung zu erbringen, vertrauen.
  2. Gerade hochqualifizierte Mitarbeiter, die meist auch eine hohe Eigenmotivation haben, sind in der Regel sehr selbstbewusst. Sie erwarten nicht nur, dass sie von ihren Vorgesetzten wertschätzend behandelt werden, sondern auch, dass sie sich bei ihrer Arbeit verwirklichen können. Sonst wechseln sie rasch den Arbeitsgeber – was ihnen in einem Arbeitsmarkt, in dem gute Fach- und Führungskräfte rar sind, leicht fällt.

 

Auch deshalb ist eine neue Art der Führung nötig, die darauf abzielt, die (Eigen-)Motivation der Mitarbeiter zu bewahren, sodass sie dauerhaft eine Top-Leistung erbringen und sich langfristig ans Unternehmen binden.

 

 

Führungskräfte brauchen neues Selbstverständnis

 

Eine Grundvoraussetzung hierfür ist, dass die Führungskraft die Grundmotive ihrer Mitarbeiter kennt – also weiß, was diese motiviert und antreibt. Dieses Führen der Mitarbeiter entlang ihrer intrinsischen Motivation wird in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen, während das fachliche Führen an Bedeutung verliert.

 

Dieses motivationale Führen setzt ein bestimmtes Handeln und Selbstverständnis der Führungskräfte voraus. Sie müssen unter anderem dafür sorgen, dass in ihrem Bereich eine von wechselseitigem Respekt geprägte Kultur besteht. Sie müssen sich zudem als Befähiger und Ermächtiger beziehungsweise Coach ihrer Mitarbeiter verstehen.

 

Führungskräfte, die ein solches Selbstverständnis haben, achten bei ihrer Führungsarbeit darauf, dass ihre Mitarbeiter nicht dauerhaft unterfordert sind – denn dies erzeugt Frust und führt zu einem Nachlassen der Motivation. Zudem bewirkt dies keine Entwicklung ihrer Kompetenz.

 

Die Führungskräfte achten jedoch auch darauf, dass die übertragenen Aufgaben die Mitarbeiter nicht völlig überfordern. Denn dies erzeugt Stress, der in der Regel ein Lernen verhindert. Ziel des Führungsverhaltens ist es, dass die Mitarbeiter sich in einem Entwicklungskorridor bewegen, der dazu führt, dass ihre Motivation „bedient“ wird und ihre Kompetenz sowie ihr Selbstvertrauen kontinuierlich steigen.

 

 

 

Auch die eigene Motivstruktur kennen

 

Ein solches Führungsverhalten setzt voraus, dass die Führungskräfte auch ihre eigene Motivstruktur kennen – also wissen: Was motiviert mich, was treibt mich an? Denn nur dann können sie ihr Verhalten so reflektieren, dass sie ihre blinden (Motiv-)Flecken erkennen und diese reduzieren können, sodass ihre Wirksamkeit steigt. Die Führungskräfte müssen sich also als Lernende verstehen und dies durch ihr Verhalten auch ihren Mitarbeitern signalisieren. Denn nur dann ist auf Dauer ein von wechselseitigem Vertrauen geprägtes Miteinander auf Augenhöhe und kollektives Lernen möglich.

Michael Schwartz

 

Zum Autor: Michael Schwartz leitet das Institut für integrale Lebens- und Arbeitspraxis (ilea), Esslingen bei Stuttgart (www.ilea-institut.de), das Unternehmen unter anderem beim Entwickeln von Hochleistungsteams unterstützt. Der Diplom-Physiker arbeitete vor seiner Beratertätigkeit zwei Jahrzehnte als Führungskraft und Projektmanager in der (Software-)Industrie.

Schreibe einen Kommentar