Pulverfass US Unternehmensschulden?

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

im Oktober letzten Jahres berichtete Neuwirth Finance im Rahmen eines Zinskommentars über die Aktienrückkaufprogramme und die hohe Verschuldung amerikanischen Unternehmen. Jetzt äußerte sich die ehemalige Chefin der US-Notenbank Janet Yellen in einem Interview mit Nobelpreisträger Paul Krugman zu dem Thema und zeigte sich durchaus besorgt. Der enorme Schuldenberg könnte im Rahmen der graduellen Zinsanpassung durch die Federal Reserve (Fed) zum ernsthaften Problem werden. Warum? Das erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars.

 

Markt-Monitoring und Ausblick

 

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor steht, wie auch Ende 2018, unmerklich verändert bei – 0,308%. Bis Mitte 2019 erwarten wir eine Seitwärtsbewegung, danach eine leichte Tendenz Richtung – 0,20%, da die Erwartung vom Ausstieg am Quantitative Easing den kurzfristigen Zins sukzessive anheben wird.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz pendelt weiter nach unten und liegt bei 0,75 %. Wir erwarten zukünftig weiter niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,75% – 1,00%.

 

 

Pulverfass US Unternehmensschulden?

Bei der Betrachtung der US Unternehmensschulden in Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP) werden der Hintergrund der Diskussion deutlich sichtbar (Vgl. Abbildung 1). Zum Zeitpunkt der vergangenen drei Wirtschaftskrisen befanden sich die Unternehmensschulden immer auf Höchstständen. Vor jeder Krise florierte die Wirtschaft und Unternehmen begannen sich und die Märkte zu überschätzen. Inzwischen liegen die betrachteten Unternehmensschulden mit ca. 45,5 Prozent über dem Wert aller vergangenen Krisen. In absoluten Zahlen sind das 9,1 Billionen US-Dollar. 2007 waren es noch ca. 4,9 Billionen US-Dollar. Keine guten Vorzeichen. Bisher ergaben sich aus den hohen Schulden keine ernsthaften Probleme, da die Finanzierungskosten der Kredite äußerst gering waren. Doch mit der Straffung der Zinspolitik durch die Fed hat sich das geändert.

Abbildung 1: US Unternehmensschulden und sechsmonatiger Libor basierend auf US-Dollar

Quelle: Fed of St. Louis; eigene Darstellung und Berechnung

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Der sechsmonatige Libor basierend auf dem US-Dollar ist eine Referenzgröße für die kurzfristigen Refinanzierungskosten von Unternehmen. Auf Grundlage des Libors leihen sich vor allem Banken untereinander Geld. Jegliche Zinsanstiege zwischen drei und vier Prozent galten als Vorbote bevorstehender Krisen. Seit Januar 2015 ist der US-Libor von ca. 0,36 auf fast 2,9 Prozent im Dezember 2018 gestiegen (Vgl. Abbildung 1). Damit wird es immer schwieriger für Unternehmen Liquiditätsengpässe durch einen konjunkturellen Abschwung zu kompensieren. Steigen die Zinsen weiter und die Wirtschaft schwächt sich rapide ab, könnten Unternehmen insolvent werden.

Die Ausgangslage ist nicht dieselbe wie vor gut zehn Jahren, denn die Finanzkrise hat offensichtlich dafür gesorgt das Unternehmen sich immer mehr über Schuldverschreibungen finanzieren (Vgl. Abbildung 2). Kurz nach der Krise waren Banken äußerst bedacht bei der Vergabe von Krediten an Unternehmen, womit Firmen auf Unternehmensanleihen ausweichen mussten. Derzeit stammen fast 70 Prozent der gesamten Schulden aus solchen Mitteln. Schuldverschreibungen sind in der Regel mit höheren Finanzierungskosten verbunden als die klassische Kreditaufnahme bei einer Bank. Dennoch ist die durchschnittliche Rendite auf US-Unternehmensanleihen in den letzten Jahrzehnten stetig gesunken, womit Unternehmensanleihen zunehmend attraktiver werden gegenüber Bankkrediten (Vgl. Abbildung 2) Schuldverschreibungen können für Banken von Vorteil sein, denn sie können diese nach Erwerb jeder Zeit abstoßen, anders als bei klassischen Krediten.

Abbildung 2: US Unternehmen finanzieren sich immer mehr über Schuldverschreibungen

 

Quelle: Fed of St. Louis; eigene Darstellung und Berechnung

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Diese Unternehmensanleihen werden dann in sog. CLOs (Collaterized Loan Obligations) zusammengefasst und gehandelt. Ähnlich wie bei der Finanzkrise 2008 könnten dadurch faule Papiere lange versteckt bleiben – bis die große Schuldenblase platzt. Die Leittragenden sind dann all jene die diese Schuldtitel halten. Vieles hängt vor allem an der konjunkturellen Entwicklung. Die Aussicht auf weitere fette Jahre sind trüb. Die Fed wird bedachter in ihrer Zinspolitik vorgehen müssen, um keine Rezession durch den Unternehmensschuldenberg auszulösen. Die fortschreitende Deregulierung der Banken in den USA könnte die Lage noch zusätzlich verschlimmern.

Die entscheidende Frage wird nicht sein, ob das Pulverfass in die Luft geht, sondern wann, in welchem Ausmaß und wie stark Euroland betroffen sein wird. Wir erwarten fallende Zinsen in den USA.

 

 

Wir suchen Verstärkung!

Neuwirth Finance wächst und sucht zum nächstmöglich Zeitpunkt einen Kreditanalyst für den Bereich gewerbliche Immobilienfinanzierungen

https://www.neuwirth.de/karriere

 

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