Droht der Eurozone eine Hyperinflation?

Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Euroländer verabschieden milliardenschwere Investitionskaufprogramme, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise so gering wie möglich zu halten. Die zugesagten Mittel übertreffen jetzt schon die Höhe der Investitionen, die infolge der Finanzkrise 2008 getätigt worden sind. Einige Marktteilnehmer befürchten, dass die neue Geldschwemme eine Hyperinflation verursachen könnte. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, ob die Angst berechtigt ist.
Markt-Monitoring und Ausblick Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor verharrt weiterhin im negativen Bereich und steht aktuell bei – 0,341%. Die EZB wird Ihre Geldpolitik weiter lockern. Bis Mitte 2020 erwarten wir deshalb einen weiteren leichten Zinsrückgang in Richtung – 0,50%.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz steht derzeit bei – 0,06%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir eher weiterhin mit negativen, 10-jährigen SWAP-Sätzen.Droht der Eurozone eine Hyperinflation?Grundsätzlich könnten höhere Preise der Eurozone ganz guttun. Die Inflation lag im März mit 0,7 Prozent deutlich unter dem angestrebten Inflationsziel von 2 Prozent (Vgl. Abbildung 1). Dafür verantwortlich ist der starke Ölpreisverfall. Die OPEC scheiterte in den letzten Monaten immer wieder daran sich auf eine Fördermenge zu einigen. Insbesondere die Fronten zwischen Saudi-Arabien und Russland sind verhärtet. Hinzu kommt die globale Coronakrise, welche die Nachfrage nach Öl sichtbar fallen ließ. Am 9. April wird die OPEC erneut zusammenkommen, um eine Einigung zu erzielen. Bis dahin ist es äußerst unwahrscheinlich, dass sich der Ölpreis und damit die Inflation erholt.

Abbildung 1: Niedriger Ölpreis drückt Inflation auf unter 1 Prozent
Quelle: Eurostat (2020)
Die Angst vor einer Hyperinflation beruht auf einer befürchteten Geldschwemme durch die milliardenschweren Hilfspakete der Euroländer und der EZB. Alleine die deutsche Regierung verabschiedete ein Rettungsschirm über rund 600 Milliarden Euro. Das Krisenprogramm der EZB beläuft sich auf über 750 Milliarden Euro an. Darin inbegriffen ist auch der direkte Erwerb von kurzlaufenden Unternehmensanleihen, um Unternehmen vor Liquiditätsengpässen zu schützen. Bei den getroffenen Maßnahmen geht es vor allem darum das Wirtschaftsgefüge über die Dauer der Krise zu stabilisieren und zu erhalten. Möglichst niemand soll aufgrund der Coronakrise Konkurs anmelden müssen. Ausgebliebende Einnahmen sollen durch günstige Kredite substituiert werden. Keine finanziellen Hilfen würden große Teile der europäischen Wirtschaft einstürzen lassen und damit eine Deflation in Gang setzen. Die Situation könnte durch Ansteckungseffekte in einer unkontrollierbaren Abwärtsspirale enden.

Die Gefahr vor stark-inflationären Tendenzen ist mittel- und langfristig gering. Noch ist überhaupt nicht absehbar, wie viele Mittel am Ende in der Realwirtschaft landen. Bereits im Zuge der Finanzkrise 2008 wurden riesige Hilfsprogramme verabschiedet, welche die Wirtschaft stabilisierten und nicht auf einen unkontrollierbaren Inflationspfad schickten. In den letzten zehn Jahren war vor allem ein Anstieg der Vermögenspreise zu beobachten. Somit ist nicht die Geldmenge das Problem, sondern eine schwache Investitions- und Konsumnachfrage. Ob sich dies nach der Krise verändert, bleibt fragwürdig. Die Krise könnte sogar Konsumenten nachhaltig verunsichern und zum Sparen verleiten. Zudem können die meisten Konsumwünsche über das Internet abgewickelt werden. Der derzeitige Konsumverzicht ist somit überschaubar. Lediglich lebensnotwendige Güter wie Lebensmittel oder Medikamente sind der Gefahr eines starken Preisanstieges ausgesetzt. Das sollte jedoch nur eintreten, wenn sich die Coronakrise sichtbar verschlimmert. Wir hoffen es nicht.

Bleiben Sie gesund und liquide!

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