USA: Langsame Erholung statt Boomphase

Nach einem enttäuschenden ersten Quartal sprechen die Anzeichen nun für eine spürbare Belebung der US-Wirtschaft. Überdurchschnittliche Wachstumsraten, wie sie in früheren Aufschwungphasen auf eine schwere Rezession folgten, werden allerdings nicht erreicht, so die Einschätzung der W&W Asset Management, einer Tochtergesellschaft des Stuttgarter Vorsorge-Spezialisten Wüstenrot & Württembergische (W&W).

Die USA starteten ersten Schätzungen zufolge mit einem annualisierten Wirtschaftswachstum von nur 1,8 Prozent in das Jahr. „Ausschlaggebend für dieses enttäuschende Ergebnis im ersten Quartal waren jedoch vor allem einmalige Faktoren: Die staatlichen Rüstungsausgaben verzeichneten einen unerwartet starken Rückgang, der aber angesichts der zahlreichen militärischen Operationen, an denen die USA derzeit beteiligt sind, nicht nachhaltig sein dürfte“, so Ortansa Becker, Kapitalmarktanalystin bei der W&W Asset Management. Die wichtigen Komponenten privater Konsum und Unternehmensinvestitionen zeigten hingegen eine zufriedenstellende Entwicklung und werden voraussichtlich auch weiterhin eine bedeutende Stütze bleiben. „Deshalb ist zu erwarten, dass sich das Wirtschaftswachstum wieder etwas beschleunigt. Doch die immer noch hohe Verschuldung der Privathaushalte, die anhaltende Schwäche des Immobilienmarkts und die prekäre Finanzlage der öffentlichen Hand bremsen die Dynamik und verhindern eine Boomphase, die eigentlich nach einer Talsohle üblich ist“, berichtet die Expertin. Ein Anzeichen dafür, dass die USA die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise immer noch nicht ganz überwunden haben, ist auch der Grad der Kapazitätsauslastung. Er steigt zwar allmählich an, unterschreitet aber bislang noch den langfristigen Durchschnittswert von etwa 80 Prozent.

Inflation: Hoher Ölpreis treibt Rate an

Die Gesamtinflation stieg in den USA im März auf 2,7 Prozent – im November 2010 hatte sie noch bei 1,1 Prozent gelegen. „Zentrale Ursache für diesen Schub ist der Ölpreis, der im Rahmen der Nordafrika- und Arabien-Krise deutlich gestiegen ist.  Auch die künftige Entwicklung wird er entscheidend beeinflussen: Sollte es am Ölmarkt nicht in naher Zukunft zu einer Preiskorrektur kommen, drohen anhaltend hohe Inflationsraten von über drei Prozent“, erläutert Ortansa Becker. Die Kerninflationsrate hingegen, die die volatile Komponente der Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise nicht einbezieht, befindet sich mit 1,2 Prozent immer noch auf einem weit unterdurchschnittlichen Niveau und wird voraussichtlich weiterhin nur allmählich ansteigen.

Geldpolitik und Rentenmarkt: Seitwärtsbewegung setzt sich fort

Die größte Neuerung der letzten Jahre in der US-Geldpolitik vollzog sich Ende April: Fed-Präsident Bernanke erläuterte das erste Mal in der Geschichte der
Notenbank im Anschluss an die Sitzung des geldpolitischen Ausschusses auf einer Pressekonferenz die Gründe für die Zinsentscheidung. Künftig sollen solche Pressekonferenzen vier Mal jährlich abgehalten werden. „Inhaltlich gab es hingegen keine nennenswerten Änderungen: Insgesamt behielt Bernanke seinen nur verhaltenen Konjunkturoptimismus bei und beließ folglich die Geldpolitik auf ihrem expansiven Niveau“, so die Kapitalmarktanalystin der W&W Asset Management. Vor diesem Hintergrund dürften sich die Renditen kurz laufender Anleihen weiterhin nur wenig verändern. Auch die langfristigen Zinsen bewegten
sich trotz der Herabstufung des Rating-Ausblicks durch S&P kaum. „Mit einer Fortsetzung dieser Seitwärtsbewegung ist zu rechnen. Erst gegen Jahresende ist, im Falle von Spekulationen auf anstehende Leitzinserhöhungen, mit einem deutlicheren Zinsanstieg über alle Laufzeiten hinweg zu rechnen“, so Becker. Mit einer gewissen Spannung werde zudem darauf gewartet, wie der US-Rentenmarkt im Juli das Auslaufen des Anleiheankaufprogramms der Fed verkraften wird.

Aktienmarkt: Positive Kurstendenz trotz Belastungsfaktoren

Die Krise in Nordafrika und Arabien, ein steigender Ölpreis, die Katastrophe in Japan, die sich weiter zuspitzende EWU-Verschuldungsproblematik – die internationalen Aktienmärkte zeigten sich in den vergangenen Wochen von diesen Belastungsfaktoren nicht nachhaltig beeindruckt. So stieg auch der S&P 500 Ende April auf 1.360 Punkte. „Kurstreibend wirkten vor allem überzeugende Unternehmensberichte, verstärkte Übernahmeaktivitäten im Unternehmenssektor und die expansive Geldpolitik der US-Notenbank“, fasst die Expertin zusammen. Zwar könne es kurzfristig nach dem Ende der aktuellen Berichtsaison zu einer technischen Korrektur kommen. „Insgesamt behalten aber voraussichtlich die positiven Einflussfaktoren die Oberhand, so dass sich die freundliche Aktienmarkttendenz spätestens nach der Sommerpause fortsetzen dürfte.“

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