Klimawandel ? !

Wind im Norden, Sonne im Süden, und dazwischen vieleglückliche Stromkunden. Das Versprechen der Ökostrom-Branche ist ein Mythos. Auch eingefleischte Öl-Veteranen gehen mit der Wahrheit nicht immer so genau um

Am Montag beseitigte die TU Wien die letzten Zweifel am Umbau des Energiesystems von fossilen zu erneuerbaren Quellen: Die Energiewende habe Österreich jährlich 398 Millionen Euro zusätzliches Wirtschaftswachstum beschert, so die Autoren in einer Studie, die vom Klima- und Energiefonds bezahlt wurde. Seit 2000 seien knapp 40.000 „green jobs“ entstanden. Von der Entlastung für das Klima ganz zu schweigen.

Klingt gut. Aber nicht alles, was in der Debatte um die Zukunft der Energieversorgung gesagt wird, darf für bare Münze genommen werden. Bei der selektiven Wahrnehmung der Fakten stehen einander Klimaretter und Ölbarone um nichts nach. Die „Presse“ präsentiert die sechs Lieblingsmythen der Energielobbyisten.


Sonne und Wind schicken keine Rechnung. Ökostrom macht die Energieversorgung billiger.

Das Argument klingt so gut, dass es in Prospekten von Windparkbetreibern meist ganz oben zu finden ist. Und sie liegen damit gar nicht ganz falsch. Tatsächlich hat der enorme Ausbau der Solar- und Windenergie in Deutschland den Strompreis an den Börsen auf Talfahrt geschickt. Das Problem: Ganz gratis war das nicht. Die deutschen Stromkunden müssen alleine heuer 16,5 Mrd. Euro an Förderungen an die Ökostrom-Produzenten zahlen. Österreichs Privatkunden subventionieren Ökostrom mit 360 Mio. Euro im Jahr. Die Profiteure des niedrigen Strompreises sucht man in den Haushalten vergebens. Er kommt vor allem der Industrie zugute.

2Die Versorgung mit Öl und Gas ist billiger, weil fossile Energieträger nicht gefördert werden.

Das Gegenargument ist leider auch falsch. Erstens wird Öl und Gas durchaus teurer. Zuletzt gesehen in Europa, das zusehends auf Importe angewiesen ist. Zweitens haben die Staaten laut einem Bericht der IEA im Jahr 2011 rund 523 Mrd. Dollar (391,5 Mrd. Euro) an Subventionen für Öl und Gas ausgegeben. Deutlich mehr als die 88 Mrd. Dollar für erneuerbare Energieträger. Einziger Unterschied ist die Art der Subvention: Statt das Geld der Steuerzahler zu nehmen und den Energieproduzenten zu geben, verzichten die Öl- und Gasförderländer auf einen Teil ihrer Einnahmen und geben die Rohstoffe unter Weltmarktpreis an das Volk weiter. 91 Prozent der Subventionen für Öl und Gas verteilen 20 Länder – meist im Nahen Osten.

3Ökostrom ist der einzige Weg, um den CO2-Ausstoß zu verringern.

Ökostrom ist nicht der einzige, ja nicht einmal der beste oder günstigste Weg, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die Stromerzeugung ist für 40 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Der Verkehr oder die Raumwärme böten also weit bessere Hebel. Und auch in der Stromerzeugung gibt es effizientere Wege, um CO2 einzusparen. Nach einer Berechnung des Beratungsunternehmens AT Kearney müsste man 529 Euro in Windräder investieren, um eine Tonne weniger CO2 zu emittieren. Werden stattdessen Kohlekraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzt, kostet dies nur 154 Euro pro eingesparter Tonne. Genau das machen sich die USA zu Nutze, die ihre CO2-Emissionen dank des Schiefergas-Booms senken konnten.

4Europa ist auf dem Irrweg und sollte lieber wie die USA billiges Schiefergas fördern.

Auch wenn es sich die europäische Industrie noch so sehr wünscht. Europa kann den amerikanischen Weg nicht einfach kopieren. Schon alleine deshalb, weil es kein billiges Schiefergas gibt. Der amerikanische Energie-Boom täuscht. So hat die Förderung von unkonventionellem Gas aus Schiefergestein den Preis zwar auf ein Drittel des Niveaus in Europa sinken lassen. Doch ohne Hilfe vom Staat geht sich auch das nicht aus. Schätzungen zufolge liegen die durchschnittlichen Förderkosten beim Doppelten dessen, was die Firmen mit dem Verkauf der Rohstoffe einnehmen können. Rentabel ist das – abseits der besten Plätze – nicht. Zudem sind die Vorkommen in Europa viel kleiner als in den USA. Das Gebiet, in dem sie liegen, ist viel dichter besiedelt – entsprechend höher der Widerstand der Bevölkerung.

5Wir könnten auf Kohle, Öl und Gas verzichten. Wind im Norden und Sonne im Süden reichen aus.

Solange es keine gute Möglichkeit gibt, um Strom zu speichern, sind fossile Brennstoffe notwendig, um die Versorgung zu sichern. Windräder in der Nordsee und Solarkraftwerke in Südspanien mögen an manchen Tagen mehr Strom produzieren als benötigt, an manchen Tagen aber gar nichts. Abgesehen davon, dass die Leitungen aus der Peripherie zu den Verbrauchern wohl auch in 20 Jahren nicht gebaut sein werden, braucht das Netz regionale, stabile Lieferanten, um nicht zu kollabieren. Der deutsche Netzbetreiber Tennet musste 2012 fast täglich eingreifen, um das Netz zu stabilisieren.

6Die Energiewende bringt „green jobs“ und Wirtschaftswachstum.

40.000 „green jobs“ soll die Energiewende in Österreich geschaffen haben, 368.000 in Deutschland. Wieviele von ihnen werden morgen noch da sein? In Deutschland wurden Milliarden an Steuereuros umverteilt, um das Solar Valley aus dem Boden zu stampfen. Heute ist von der so gehypten Solarindustrie wenig übrig. Die Firmen sind in Insolvenz, viele Jobs verloren. Umwelttechnologie ist in Österreich ein starker Wirtschaftszweig. Wenn der Boom aber nur durch Förderungen aufgeblasen wird, sind die Arbeitsplätze teuer erkauft und nicht nachhaltig sicher.

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