Wirkungsvoll Texten: Das Ende der Ego-Writer

Artikel von Tilo Dilthey

„Die Zeit der Ich-bezogenen Gesellschaft ist vorbei“ titelt die Rheinische Post vor nicht allzu langer Zeit. Für die Werbung und für gute Texte gilt das schon immer. Allerdings ist diese Botschaft noch nicht überall angekommen. Kein Wunder: Landläufig hält man immer noch „Ellenbogen“, Durchsetzungsfähigkeit und Egozentrik für die besten Voraussetzungen einer erfolgreichen Karriere. Nun ist ein gewisses Maß an „Härte und Sturheit“ sicherlich unentbehrlich, um in unserem wirtschaftlichen System Karriere zu machen. Diese Eigenschaften sind jedoch höchst ungeeignet, wenn es darum geht, erfolgreiche Texte zu konzipieren.

Denn jedes erfolgreiche Werbe-Konzept beginnt mit einer ganz einfachen Frage: Was kann ich meinem Gegenüber, meiner „Zielperson“ anbieten, um sie für mein Anliegen zu begeistern? Gleichgültig, ob ich ihr ein Produkt, eine Idee oder eine Dienstleistung anbiete.

Im Marketing nennt man dies „Kundennutzen“ und „Alleinstellung“. Sie verdeutlichen die Besonderheit, die das eigene Angebot von denen des Wettbewerbs unterscheidet. Eine gute Alleinstellung zu finden ist schwierig: Geht es doch darum in einem Heuhaufen einen Strohhalm so zu kennzeichnen, dass er sich von allen anderen Strohhalmen unterscheidet. Und so unverwechselbar wird.

Slogans, die diese Aufgabe erfüllen, können einfach sein: Zum Beispiel „Iglo-Rahmspinat. Der mit dem Blubb“, beworben mit Verona Feldbusch.

Oder so schrill wie „Ich bin doch nicht blöd“, mit dem die Media-Märkte für sich werben. Oder so hintergründig wie „125 Jahre Innovation passen in keinen Werbespot. Aber in jeden Mercedes.“ Gerade der letzte Slogan zeigt, wie man eine ganze Geschichte mit einem einzigen Satz vermitteln kann.

Natürlich sind diese Beispiele exzellent formuliert. Aber genau so wichtig ist, dass sie auf einer eingängigen und sofort plausiblen Idee basieren. Denn darum geht es: Erst müssen Sie wissen, was Sie sagen wollen. Dann beginnt die textliche Feinarbeit. Die Suche nach der überzeugenden und gewinnenden Formulierung.

Wenn Sie Ihre „unique selling proposition (USP)“ kennen, dann können Sie mit einigen einfachen Regeln wirkungsvolle Texte schreiben.

Je einfacher und kürzer, desto besser.

Die wahre Kunst der Formulierung besteht in der Komprimierung. Versuchen Sie zuerst, Ihre Botschaft ganz einfach, ganz kurz zu formulieren. Wenn Ihnen das gelungen ist, sind Sie schon sehr weit. Auf dieser Basis können Sie nun weitere Alternativen entwickeln, die beim Leser zusätzliche Emotionen wecken. Sei es Verblüffung, Neugierde, Heiterkeit oder eine andere positive Emotion.

Bitte denken Sie immer daran: Verständlichkeit kommt vor Originalität. Kein Mensch hat heute mehr die Zeit für komplizierte Wortspielereien oder Gedankengänge. Ihre erste und wichtigste Regel für den wirkungsvollen Text lautet also:

Geizen Sie mit jedem Wort.

Jeder Satz ein Hauptsatz.

Für wirkungsvolle Texte ist diese Regel besonders hilfreich. Nebensätze machen oft nebensächlich. Komplizierte Satzkonstruktionen erschweren das Verständnis und schrecken den Leser ab. Halten Sie sich deshalb an die einfache Regel: Für jeden Gedanken ein eigener Satz. Nachfolgend ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Und danach die bessere Alternative.

„Als mein Hund Arko bellte, wurde ich daran erinnert, dass es Zeit zum Gassi gehen war, und ich suchte meinen Mantel und die Leine, rief den Hund und wir verließen gemeinsam das Haus.“

Besser: „Arko bellte. Zeit zum Gassi gehen dachte ich. Ein Griff zu Hundepfeife und Mantel. Ein gegenseitiger Blick des Einverständnisses und schon waren Arko und ich unterwegs.“

Schreiben Sie zur Tat

Machen Sie Ihren Text aktiv. Schließlich wollen Sie Ihren Leser aktivieren. Er soll etwas tun. Entweder kaufen. Oder Ihnen etwas mitteilen. Oder sich für eine Idee begeistern.

Tun statt sein. Schreiben Sie also nicht: „Das blaue Meer“.

Sondern texten Sie: „Das Meer leuchtet blau“.

Sprechen Sie nicht vom wirtschaftlichen Auto.

Sondern von dem Auto „das mit jedem Kilometer Ihr Geld spart“.

Aktive Texte fördern die Aktivität Ihrer Zielgruppe.

Schreiben Sie in Bildern

„Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.“ Dieses Sprichwort trifft auch für Texte zu. Grundsätzlich spricht uns eine bildhafte, plastische Sprache besonders stark an. Und aktiviert unsere Emotionen. Verwenden Sie möglichst viele Sprachbilder. Holen Sie sich nicht nur in der Werbung Anregung, sondern auch bei spannenden Büchern, z. B. Kriminalromanen.

Und weil nichts so erfolgreich macht wie praktisches Training, zum Abschluss eine kleine Praxisübung. Sie können diese Praxisübung auch mit Kollegen oder Ihren eigenen Kindern durchführen und werden dabei sicherlich Spaß haben.

Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Dohle und werden vor Gericht wegen des Diebstahls eines Silberlöffels angeklagt. Bereiten Sie Ihre kurze Verteidigungsrede vor, in der Sie alle Argumente sammeln, die zu Ihren Gunsten sprechen. Zum Beispiel, dass dieser Diebstahl ein Akt in Notwehr war, weil das glänzende Silber Ihre Feinde blendet und Ihnen so Schutz geboten hat. Oder dass Sie das Silber der verwerflichen Rohstoffspekulation entziehen wollten. Oder dass dieser Silberlöffel seit vielen Generationen in Ihrer Familie war und durch den illegalen Nestraub eines Försters entwendet wurde.

Haben Sie keine Angst vor fantastischen Geschichten. Sinn der Praxisübung ist nicht eine ernsthafte Argumentation. Sondern das spielerische Ausdenken einer Geschichte, die die Gemüter und Herzen bewegt. Wie in der Werbung – und wie im wirklichen Leben.

Das Buch zum Thema:
Tilo Dilthey
TEXT-TUNING

Das Konzept für mehr Werbewirkung

http://www.businessvillage.de/eb-838.html

 

Der Autor

Tilo Dilthey hat viele Pionierkonzepte, bekannte Marken und Slogans entwickelt. Nach einer Karriere in internationalen Großagenturen gründete er die Konzept- und Werbeagentur Dilthey & Partner. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Beratung, Konzept- und Textentwicklung für Unternehmen und Institutionen in den verschiedensten Bereichen.
Seit 1995 leitet er zusätzlich Seminare und Einzel-Coachings.

 

 

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