Eurozone: Deutscher Industriesektor robust

Die Verschuldungskrise der Europäischen Wirtschaftsunion (EWU) hält die europäische Wirtschaft nach wie vor in Atem. Die EWU-Frühindikatoren, die ihren Abwärtstrend in den vergangenen Monaten fortsetzten, lassen auf eine nachlassende Konjunkturdynamik für den weiteren Jahresverlauf schließen. Der deutsche Industriesektor hingegen weist weiterhin eine robuste Entwicklung auf, so die Einschätzung der W&W Asset Management GmbH, Teil des Stuttgarter Vorsorge-Spezialisten Wüstenrot & Württembergische (W&W).

„Gegenüber dem ersten Jahresviertel zeichnete sich im Verlauf des zweiten Quartals eine nachlassende Dynamik in Deutschland und der EWU ab“, berichtet Ortansa Becker, Kapitalmarktanalystin bei der W&W Asset Management. Ein Anzeichen dafür war die Entwicklung im Unternehmenssektor. So weist die deutsche Industrieproduktion eine zwar immer noch robuste Entwicklung auf, allerdings mit moderateren Zuwachsraten als im vergangenen Jahr. Dies ist vor allem auf eine nachlassende ausländische Nachfrage zurückzuführen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass eine Belebung der inländischen Nachfrage dies im weiteren Jahresverlauf zum Teil wird kompensieren können. „Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass die deutsche Industrieproduktion in den kommenden Monaten eine insgesamt weiterhin erfreuliche Entwicklung aufweisen wird“, erklärt Becker. Positive Impulse kommen auch vom deutschen Arbeitsmarkt. Aufgrund von Lohnzuwächsen ist von einer Belebung des privaten Konsums auszugehen, so dass dieser in der Summe die nachlassende ausländische Nachfrage kompensieren könnte. Anders stellt sich das Bild in der EWU dar: Die Konjunkturperspektiven werden insbesondere von den Folgen der Verschuldungskrise in den Peripherieländern belastet. „Es bleibt für Europa beim zweigeteilten Bild“, erläutert die Expertin, „während Deutschland voraussichtlich ein weiterhin robustes Wirtschaftswachstum aufweisen wird, ist für die EWU nur mit einer sehr verhaltenen Wachstumsdynamik zu rechnen.“

Inflation: Verbraucherpreise entwickeln sich zuletzt moderater

Zwischen Mai und Juni verharrte die EWU-Inflation zunächst bei 2,7 Prozent. Im Juli fiel die Entwicklung der Verbraucherpreise moderater aus, so dass nur noch ein Zuwachs von 2,5 Prozent verzeichnet wurde. „Zunächst wird der sich nach wie vor auf hohem Niveau bewegende Ölpreis weiterhin für eine höhere Inflation sorgen. Erst langfristig wird eine moderatere Konjunkturentwicklung zu einem nachlassenden Anstieg der Inflation beitragen“, sagt Ortansa Becker.

Der Euro: Gegenläufige Effekte wirken sich weiter auf Gemeinschaftswährung aus

Anfang Mai profitiert der Euro von dem Übergang der Europäischen Zentralbank in eine restriktivere Geldpolitik und wertete auf 1,49 Dollar auf. Danach bewegte sich die europäische Gemeinschaftswährung wochenlang in der Seitwärtsrange von 1,40 bis 1,47 US-Dollar. „Dabei waren zwei gegenläufige Effekte zu beobachten, die sich auf den Euro auswirkten“, beschreibt die Expertin der W&W Asset Management, „zum einen belasteten immer wieder aufkommende enttäuschende Nachrichten aus der EWU-Peripherie den Euro. Zum anderen profitierte die Gemeinschaftswährung von der angespannten Diskussion um die Anhebung der US-Schuldengrenze sowie zunehmend enttäuschend ausfallenden US-Konjunkturdaten.“ Deshalb ist davon auszugehen, dass sich der Euro zunächst weiterhin innerhalb einer breiten Seitwärtsrange von 1,40 bis 1,45 US-Dollar bewegen wird.

Geldpolitik und Rentenmarkt: Niedriges Zinsniveau wird erwartet

Im Juli hob die EZB ihren Refinanzierungssatz auf 1,5 Prozent an, gleichzeitig wies EZB-Präsident Trichet auf die fortbestehenden Inflationsrisiken hin. Auf die langfristigen Zinsen wirkt sich die restriktive Geldpolitik der EZB bislang jedoch kaum aus. „Am Rentenmarkt dominieren derzeit eindeutig die gestiegene Risikoaversion der Marktteilnehmer sowie die sich verschärfenden Konjunktursorgen“, berichtet Ortansa Becker. Die weiter schwelende EWU-Verschuldungskrise und anhaltend schwache US-Konjunkturvorgaben werden wahrscheinlich zu weiter nachgebenden langfristigen Zinsen beitragen. „Für ein insgesamt begrenztes Rückgangspotenzial der langfristigen Zinsen spricht allerdings ein zu erwartendes robustes Wirtschaftswachstum in Deutschland“, erläutert die Kapitalmarktanalystin der W&W Asset Management.

Aktienmarkt: Hohe Volatilität für den weiteren Jahresverlauf prognostiziert

Zuletzt rückte vor allem die US-Schuldendebatte in den Fokus. Sorgen um die hohe Staatsverschuldung Italiens und Spaniens, Rezessionssorgen sowie die Anfang August erfolgte Bonitätsherabstufung der USA trugen zu einer wachsenden Risikoaversion bei den internationalen Anlegern bei, so dass der Euro STOXX 50 deutliche Kursverluste verbuchte. Auch im weiteren Jahresverlauf ist mit einer hohen Volatilität an den Aktienmärkten zu rechnen. „In nächster Zeit werden zunächst weiterhin die US-Konjunktursorgen sowie die weiter schwelende EWU-Verschuldungskrise das Marktgeschehen bestimmen. Mit einer nachhaltigen Gegenbewegung am europäischen Aktienmarkt ist im Herbst nur dann zu rechnen, wenn weitere Beschlüsse zur Entspannung der EWU-Verschuldungskrise getroffen werden und sich die Rezessionssorgen um die USA wieder entspannen“, so die Einschätzung Beckers.

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