Blitzumfrage zur Erbschaftsteuer

Newspaper-128Das Verfassungsgerichtsurteil zur Erbschaftsteuer wird zu einer steigenden Steuerlast führen, glauben die deutschen Familienunternehmen. In einer Blitzumfrage unter 124 familiengeführten Unternehmen gaben 72,7 Prozent an, dass die Erbschaft- und Schenkungsteuerbelastung für Unternehmensvermögen steigen werde.

 

Am Mittwoch hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Vorschriften über die Privilegien für Firmenerben zum Teil nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Bisher sind Unternehmer weitestgehend von der Erbschaftsteuer befreit. Wer einen Betrieb fünf Jahre lang fortführt und die Lohnsumme in dem Zeitraum stabil hält, muss nur 15 Prozent des Wertes versteuern. Wer das Unternehmen sieben Jahre lang erhält, muss keine Erbschaftsteuer zahlen. Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten sind von dieser Lohnsummenklausel bisher befreit. Künftig wird dies den Richtern zufolge nur noch für „Betriebe mit einigen wenigen Mitarbeitern“ vorstellbar sein.

 

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft RSM Deutschland GmbH hatte direkt nach der Urteilsverkündung eine Blitzumfrage unter Familienunternehmen durchgeführt. Befragt wurden Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern.

58,1 Prozent der Befragten meinen, die Freistellungsgrenze solle künftig weiter bei mindestens 20 Beschäftigten liegen. „Damit widersprechen sie den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts“, sagt Dr. Niels Worgulla, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht bei RSM Deutschland.

 

Die Karlsruher Richter bemängelten, dass betriebliches Verwaltungsvermögen steuerfrei übertragen werden kann. Die befragten Unternehmen sind aber nicht nur der Ansicht, dass nun die Belastung für Unternehmensvermögen steigen werde. 62,1 Prozent der Befragten glauben sogar, dass zusätzlich die Belastungen aus Erbschaft- und Schenkungsteuer für Privatvermögen wachsen.

Handlungsbedarf sehen daneben 61,8 Prozent bei der Einkommensteuer – anders etwa als bei der

 

Gewerbesteuer (37,4 Prozent), der Umsatzsteuer (27,6 Prozent) oder der Körperschaftsteuer (25,2 Prozent).

 

„Bei einem Teil der Befragten ist Verunsicherung erkennbar, vor allem bei denjenigen, die aktuell den Nachfolgeprozess planen“, sagt Niels Worgulla.

49,2 Prozent dieser Unternehmen geben an, sie würden nun ihr Handeln anpassen müssen und von den ursprünglichen Plänen zur Nachfolgeregelung abweichen. 13,6 Prozent wollen ihre Planung verschieben bis Gesetzesklarheit herrscht.

 

Für die meisten Befragten stellt der Richterspruch indes keine Überraschung dar. 55,6 Prozent hatten mit einem solchen Urteil gerechnet. Niels Worgulla:

„Dies zeigt, dass  die Unternehmen gut informiert wurden.“

 

Gefragt nach ihren Wünschen an den Gesetzgeber, nannten 55,4 Prozent eine präzise Ausdifferenzierung privilegierender Regelungen. So äußerten Teilnehmer, die Regierung müsse „auch in Zukunft die Fortführbarkeit von Unternehmen im Fokus“ haben und notfalls sogar „das gesamte Erbschaftsteuerrecht“ entsprechend anpassen. Ein Befragter sagte, die Politik solle dafür sorgen, dass „durch die Neuregelung der Erbschaftssteuer vor allem kleinere Unternehmen nicht so wirtschaftlich benachteiligt werden, dass sie geschlossen werden müssen“. 18,1 Prozent sprechen sich für eine verfassungskonforme Neuregelung aus. Gesetze sollten demnach künftig „verlässlicher“ sein. Auch sollten „kleinere Familienunternehmen stärker beachtet werden“. 14,5 Prozent wünschen sich, dass zeitnah Rechtsklarheit geschaffen wird. Dies sei notwendig, so ein Teilnehmer, damit „schnell Rechtssicherheit für Kleinbetriebe hergestellt wird“. Der Gesetzgeber solle „zügig“ gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen, „die eine langfristige und rechtssichere Planung des Vermögensübergangs auf die nächste Generation“ ermöglichen.

 

Das Marktforschungsinstitut Weiße Q Consulting hat die Blitzumfrage durchgeführt. Von Mittwoch, 17 Uhr, bis Donnerstag, 17 Uhr, wurden 124 Unternehmen online befragt. Teilnehmer waren Geschäftsleiter mittelständischer, familiengeführter Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern. In den befragten Unternehmen waren mehr als 25 Prozent der Anteile in Familienbesitz, und Familienmitglieder waren im Management vertreten.

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