Aufatmen nach dem Richterspruch zur Erbschaftsteuer

Hot-Finanz-NewsPaukenschlag zum Jahresende: Das Bundesverfassungsgericht wertet die massiven Steuerprivilegien für Firmenerben als Verstoß gegen das Grundgesetz. Steuerexperten und Wirtschaftsvertreter sind dennoch erleichtert.

Vorweihnachtliche Spendierlaune sieht anders aus, aber für die deutschen Unternehmen hätte es schlimmer kommen können. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat Teile des Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Die bisherigen Vorschriften dürfen zunächst weiter angewendet werden, doch bis 30. Juni 2016 muss der Gesetzgeber eine Neuregelung treffen.

Die bisherige Privilegierung betrieblichen Vermögens sei „unverhältnismäßig“, so die Verfassungsrichter. Allerdings gestanden sie dem Gesetzgeber zu, kleine und mittlere Unternehmen, „die in personaler Verantwortung geführt werden“, steuerlich zu begünstigen, um Arbeitsplätze zu erhalten. „Kleine und mittlere Unternehmen können nach der Entscheidung aufatmen, denn die Verfassungsrichter halten eine steuerliche Privilegierung grundsätzlich für zulässig – sogar bis zu 100 Prozent“, sagt Guido Holler, Fachanwalt für Erb-und Steuerrecht in der Kanzlei Tigges. „Für kleine Betriebe wird sich künftig wohl wenig ändern, größere Unternehmen müssen sich allerdings auf höhere Steuerzahlungen einstellen.“

Auch Thomas Koblenzer, Fachanwalt für Steuerrecht und Inhaber der Düsseldorfer Kanzlei Koblenzer zeigt sich von dem Urteil angenehm überrascht: „Es ist nicht so schlimm gekommen, wie befürchtet“, sagt er. „Nach der mündlichen Verhandlung konnte man mit viel weitreichenderen Änderungen rechnen.“ Von der Regierung erwartet er nun keine umfassende Reform, sondern eher ein „Reförmchen“. Änderungen sieht er vor allem für mittelständische Familienkonzerne wie etwa Haniel oder Henkel.

Konkret stoßen sich die Verfassungsrichter an den Paragraphen 13a und 13b sowie 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Die Verschonungsregelung als solche sei im Grundsatz mit dem im Grundgesetz festgeschriebenen allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Sie bedürfe beim Übergang großer Unternehmensvermögen aber der Korrektur, denn sie sei „in Teilen ihrer Ausgestaltung“ verfassungswidrig.

Heute bleibt Betriebsvermögen häufig komplett oder zumindest zu 85 Prozent von der Erbschaftsteuer verschont. Die Bedingung: Wenn der Betrieb fünf Jahre lang fortgeführt wird und die Lohnsumme in dem Zeitraum weitgehend stabil bleibt, werden schrittweise 85 Prozent der Steuerschuld erlassen. Wenn der Erbe das Unternehmen sieben Jahre hält, muss er am Ende gar keine Erbschaftsteuer zahlen. Die Lohnklausel müssen allerdings nur Unternehmen erfüllen, die mehr als 20 Beschäftigte haben.

Schreibe einen Kommentar