Der demographische Wandel bringt, das ist allgemein bekannt, gravierende Veränderungen mit sich, die sich u.a. auf die Struktur der Gesellschaft, ihre Bedürfnisse und Ansprüche auswirken werden. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes waren im Dezember 2007 2,25 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes. Vorausberechnungen besagen, dass im Jahr 2020 mit etwa 2,90 Millionen und im Jahr 2030 mit etwa 3,37 Millionen Pflegebedürftigen zu rechnen ist. Vor diesem Hintergrund ist es gut zu wissen, von welchen finanziellen Entlastungen die Betroffenen und/oder ihre Angehörigen profitieren können.
Steuerliche Förderung
Basierend auf dem „Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen“, kurz Familienleistungsgesetz genannt, können private Haushalte ab dem Veranlagungszeitraum 2009 u.a. mehr Geld für haushaltsnahe Aufwendungen absetzen, zu denen auch Pflege- und Betreuungsleistungen gehören. Die Förderung wurde auf einheitlich 20 Prozent der Aufwendungen von bis zu 20.000 Euro, höchstens 4.000 Euro pro Jahr, ausgeweitet. Eine steuerliche Förderung gibt es aber nur dann, wenn die Aufwendungen nicht bereits als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können.
Pflege- und Betreuungsleistungen
Seit 2009 sind die Aufwendungen für haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen in dem einheitlichen Fördertatbestand des § 35a Abs.2 EStG mit aufgegangen. Die Feststellung und der Nachweis einer Pflegebedürftigkeit oder der Bezug von Leistungen der Pflegeversicherung sowie eine Unterscheidung nach Pflegestufen sind seither nicht mehr erforderlich, um Pflegeleistungen steuermindernd abrechnen zu können. Der Steuervorteil für pflegebedürftige Menschen und ihre Familien bzw. Betreuer liegt auf der Hand. Die Betroffenen können einfacher und unbürokratischer auf entlastende professionelle Hilfe zurückgreifen, wenn die persönlichen Ressourcen einmal nicht ausreichen. Da die Nachweispflicht entfällt, können auch die pflegebedürftigen Menschen die Förderung nutzen, die keiner Pflegestufe angehören aber dennoch Hilfe benötigen. Sind die Pflegebedürftigen einer Pflegestufe zugeordnet und beziehen folglich Pflegegeld oder –sachleistungen, so stellen die Verwaltungsvorschriften des Bundesfinanzministeriums auch klar, dass durch die Pflegekassen ausgezahltes Pflegegeld nicht auf den Steuervorteil angerechnet wird. Dies gilt auch dann, wenn Angehörige für die Kosten aufkommen und das Pflegegeld an sie weitergereicht wird. Anders kann es sich mit Pflegesachleistungen verhalten, die in aller Regel auf die entstandenen Aufwendungen anzurechnen sind. Grundsätzlich ist die Steuerermäßigung haushaltsgebunden, sie kann also auch bei mehreren pflegebedürftigen Personen in einem Haushalt nur einmal in Anspruch genommen werden. Wohl aber kann sie neben dem Pflegebedürftigen auch anderen Personen zustehen, wie beispielsweise denen, die für die Pflege und Betreuung aufkommen.
Berechnungsbeispiel
Die Materie ist recht kompliziert und lässt sich am besten an zwei – hier stark vereinfachten – Fällen aus dem Anwendungsschreiben des Finanzministeriums verdeutlichen: Ein pflegebedürftiger Steuerpflichtiger mit Pflegestufe 2 erhält Pflegesachleistungen und Betreuungsleistungen, für die er einen professionellen Pflegedienst in Anspruch nimmt. Von den anfallenden Kosten von 1.400 Euro monatlich übernimmt die Pflegeversicherung 980 Euro und einen zusätzlichen Kostenersatz von 100 Euro. Die Abrechnung sieht dann wie folgt aus: 1.400 x 12 = 16.800 Euro fallen insgesamt an Kosten an. Darauf werden 980 plus 100 Euro x 12 = 12.960 Euro angerechnet. Bleibt ein Betrag von 3.840 Euro übrig, von dem 20 Prozent, also 768 Euro, als Steuerermäßigung in Anspruch genommen werden können. In einem anderen Fall beantragt ein pflegebedürftiger Steuerpflichtiger mit Pflegestufe 1 anstelle der häuslichen Pflegehilfe (die als Sachleistung gilt) ein Pflegegeld und erhält monatlich 215 Euro. Für einzelne Pflegeeinsätze wird ein professioneller Pflegedienst bemüht. Die Aufwendungen dafür betragen jährlich 1.800 Euro. In diesem Fall würde die Abrechnung wie folgt aussehen: 20 Prozent von 1.800 Euro, also 360 Euro, können steuermindernd in Ansatz gebracht werden. Das erhaltene Pflegegeld wird nicht angerechnet.
Um im Bereich haushaltsnahe Aufwendungen Transparenz zu schaffen, hat das Bundesfinanzministerium einen umfangreichen Leistungskatalog veröffentlicht, der rund 100 Tätigkeiten und deren jeweilige steuerliche Bewertung auflistet (Schreiben vom 15.02.2010, Az. IV C – S 2296-b/07/0003). Zusätzlich kann für pflegebedürftige Personen mit Pflegestufe auch der Leistungskatalog der Pflegeversicherung für die Anerkennung eine Rolle spielen, da dort auch personenbezogene Dienstleistungen aufgeführt sind, die unter bestimmten Voraussetzungen den Pflege- und Betreuungsleistungen zugerechnet werden können.