Notstand wegen Notdurft – rechtfertigt menschliche Drucksituation eine Geschwindigkeitsübertretung?

RechtJustitia und den Juristen ist mit steigender Berufserfahrung nichts Menschliches mehr fremd. Werden Autofahrer bei Geschwindigkeitsüberschreitungen erwischt, kämpfen sie oft ungeniert mit allen Mitteln gegen drohende Punkte. Eine beliebte Ausrede ist – neben der leichter zu überprüfenden Fahrt zur Entbindung – ein unabwendbares Bedürfnis, das ohne den Verkehrsverstoß im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gegangen wäre.

Ganz aus der Luft gegriffen ist eine solche Ausrede nicht. Wer häufig mit dem Kfz unterwegs ist, weiß, dass in Extremfällen notstandsähnlichen Situationen entstehen können, in denen der Autofahrer auch schon mal ein Knöllchen riskiert.

Notstand wegen dringender Notdurft

In der Rechtsprechung ist tatsächlich anerkannt, dass bei extremem Innendruck ein Verkehrsverstoß durch Notstand gerechtfertigt sein kann. Gemäß § 16 OwiG ist eine Ordnungswidrigkeit dann durch einen Rechtfertigungsgrund der Strafbarkeit entzogen, wenn der Betroffene sich aufgrund einer äußeren oder inneren Zwangslage in eine Situation befunden hat, in der ein rechtstreues Handeln von ihm nicht mehr erwartet werden konnte. Wer kurz davor ist, sich die Hosen voll zu machen, befindet sich zweifellos in einer die Einsichtsfähigkeit einschränkenden Gemütslage und kann sein Verhalten nur noch eingeschränkt steuern.

Unabwendbarer Stuhlgang höchstrichterlich als Notstand anerkannt

So hat das OLG Zweibrücken in einer grundlegenden Entscheidung festgestellt, dass ein plötzlich und unvorhergesehen auf der Autobahn auftretendes dringendes Bedürfnis des Kfz-Führers eine dermaßen bedrängende Zwangslage auslösen kann, dass dieser zur Abwendung der durch unkontrollierte Druckentweichung drohenden Gefahren sich schon mal zu einer Ordnungswidrigkeit hinreißen lassen kann, ohne dass man ihm daraus einen ordnungs- oder strafrechtlichen Vorwurf machen dürfe. Die grundsätzliche Anwendbarkeit der Notstandsregelung des § 16 OWiG hat das Gericht für einen solchen Fall ausdrücklich bejaht (OLG Zweibrücken, Urteil v. 26. 10.1998, 2 Ss 263/98).

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