Auf der Schwelle zu Erholung und Wachstum

In einer ansonsten anspruchsvollen und oft zur Baisse tendierenden Anlagelandschaft ist Indien die einzige große und zugängliche Volkswirtschaft, bei der in absehbarer Zukunft ein Wachstum von 7 % oder mehr prognostiziert wird [1]. Im Gegensatz zu China, das sich, wie Ökonomen seit vielen Jahren betonen, von einer exportorientierten zu einer eigenständigeren Wirtschaft entwickeln sollte, trägt sich die indische Wirtschaft durch ihren eigenen Konsum.

Unten zeigen wir auf, was eine brummende indische Wirtschaft für Anleger bedeuten könnte.

Das indische Modell: Nachhaltige Schuldenstände und verbrauchsorientiertes Wachstum durch Demografie und Haushalte

  • Geringer Verschuldungsgrad: Aufgrund der relativ geringen Schuldenstände kann Indien seine Schuldtitelemission leicht aufstocken und dadurch das Wachstum beschleunigen, ohne dabei das Risiko überhöhter Schuldenstände einzugehen. 2015 betrugen die Inlandskredite an den privaten Sektor (in % des BIP) 52,6 % für Indien, verglichen mit 153,3 % für China.Diese Zahl spiegelt die jahrelang steigenden Schulden Chinas und staatlich geförderten Investitionen, die in mehreren Branchen zu Überkapazitäten geführt haben, wider.
  • Bevölkerungswachstum: Es wird erwartet, dass die Anzahl der Beschäftigten (d. h. die Altersgruppe der 15- bis 59-Jährigen) in Indien bis zum Jahr 2050 von aktuell 674 Millionen auf gigantische 940 Millionen steigen wird. Im Vergleich dazu wird die Anzahl der Beschäftigten im Rahmen der aktuellen Entwicklung 2050 in den USA knapp über 200 Millionen liegen und in China wird die Zahl der Beschäftigten wahrscheinlich sogar sinken. Das wird in China potenziell für höhere Arbeitskosten sorgen und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Landes einschränken.
  • Antriebsfaktor Konsum: Wenn man die günstige Demografie Indiens seinen Konsumausgaben gegenüberstellt, überrascht es nicht, dass Indiens Verhältnis der Konsumausgaben zum BIP von ~60 % sehr viel höher angesiedelt ist als die ~39 % Chinas [2]. Dies lässt auf ein Wirtschaftsmodell schließen, das extrem stark vom lokalen Konsum (siehe Grafik 1) beeinflusst wird und daher potenziell besser vor dem globalen Gegenwindgeschützt ist.

 

Quelle: Weltbank, Stand: 31.01.2017

Vom Wachstum Indiens profitieren

Im Gegensatz zum Wachstum Chinas wird das Wachstum Indiens zum Großteil von dessen schnell wachsender Mittelschicht und dem Eigenverbrauch angetrieben. Diese Konsumzahlen in Kombination mit einem Bevölkerungswachstum ergeben eine Wirtschaft, von der wir glauben, dass sie beispielloses Wachstumspotenzial bietet.

Wie Grafik 2 zeigt, liegen erstaunliche Wachstumserwartungen bei der Nutzung von Mobile Banking durch die Generation „X“ vor, was den Wachstumstrend in Indien verdeutlicht.

 

Quelle: Bank of America, Merrill Lynch, Stand: 30.06.2016

Liberalisierung der Wirtschaft und wichtige Reformen

Ein weiteres wichtiges Element in Bezug auf Indiens wachsende Wirtschaft ist die stufenweise Öffnung verschiedener Wirtschaftszweige für ausländische Investoren durch die Regierung unter Modi. Bereiche wie Bauprojekte, Kabelnetze, Landwirtschaft und Plantagen (Kaffee, Gummi, Palmöl usw.) und Lufttransport (außerplanmäßig sowie Bodenabfertigung) können nun zu 100 % aus ausländischen Direktinvestitionen finanziert sein. Andere Branchen wie Verteidigung und Rundfunk dürfen ausländische Direktinvestitionen vorerst auf 49 % erhöhen. Wir sind der Meinung, dass sich dadurch Chancen für Anleger ergeben, da sie nun in Branchen investieren können, die ihnen bisher nicht zugänglich waren.

Die Regierung unter Modi ist ebenso zurzeit dabei, im Rahmen der Gesetzesinitiative „Güter- und Dienstleistungssteuer“ (GST) die möglicherweise größte Steuerreform, die je in einem Schub durchgeführt wurde, umzusetzen. Im Rahmen dieser Besteuerung würden alle Steuern der einzelnen Bundesstaaten sowie die zentralen Steuern zu einer über das gesamte Land hinweg konsistenten Steuerstruktur zusammengefasst werden, was die gesamte Nation zu einem einzigen Markt machen würde. Einige andere wichtige Reformen zur Steigerung des Konsums, der Infrastrukturausgaben, der Eintreibung von Schulden für Banken usw. befinden sich ebenfalls in der Umsetzungsphase.

Marktausblick

Strategisch besitzt Indien ein hohes Wachstumspotenzial, doch wie sieht es mit taktischen Gelegenheiten aus? Aus geldpolitischer Sicht hat die indische Notenbank (Reserve Bank of India; RBI) nach einer erfolgreichen Bekämpfung der Inflation mit Höchstständen von 11,51 % im November 2013 gegenüber dem Vorjahr auf aktuelle Tiefs von 3,41 % im Dezember 2016 die Zinsen sukzedan gesenkt, um das Wachstum anzukurbeln.

Grafik 3 zeigt, wie der Sensex, Indiens führender Index, bisher nach den letzten beiden Zinssenkungszyklen durch die RBI zeitversetzt zweistellige Jahresrenditen verzeichnete. In der Tabelle werden die realisierten Renditen über einen Zeitraum von einem Jahr nach Ende der dazugehörigen Zinssenkung dargestellt.

 

Quelle: Bloomberg, WisdomTree. Die historische Performance ist kein zuverlässiger Indikator für zukünftige Ergebnisse. 

Tabelle 1: Renditen des Sensex Indexes ein Jahr nach Ende früherer Zinssenkungszyklen

Aufeinanderfolgende Senkungszyklen des Reposatzes

SENSEX-Renditen (in $)

Phasen

Anwendungs-

zeitraum

Anfangs-zinsniveau

End-zinsniveau

Zeitspanne
(ein Jahr nach

Zinssenkungszyklus)

Gesamt-renditen

Phase 1

Okt. 2008–Mai 2009

9,00 %

4,75 %

Mai 2009–Mai 2010

19,46 %

Phase 2

April 2012–Mai 2013

8,50 %

7,25 %

Mai 2013–Mai 2014

18,53 %

Phase 3

Jan. 2015–heute*

8,00 %

6,25 %

*Stand: 31.12.2016. Quelle: Bloomberg, WisdomTree. Die historische Performance ist kein zuverlässiger Indikator für zukünftige Ergebnisse.

Fazit

Indien befindet sich an einem interessanten Punkt, an dem die Führung des Landes harte Reformen aktiv vorantreibt, um ein langfristiges Wachstum zu sichern. Zwei Säulen der indischen Wirtschaft – Konsum und Demografie – verzeichnen positive Wachstumsprognosen.

Wir sehen in Indien im Augenblick Folgendes:

  1. Politische Entscheidungsträger scheuen sich nicht vor mutigen Schritten und einer Öffnung der Wirtschaft.
  2. Eine Zentralbank, die die Inflation erfolgreich bekämpft hat, unterstützt nun das Wachstum durch eine milde Geldpolitik.
  3. Wir befinden uns in einem globalen makroökonomischen Umfeld, das das Wachstum in Indien nicht beeinträchtigt.
  4. Es ist eine Finanzplanung vorhanden, die Konsum, Infrastruktur und Digitalisierung beschleunigt.

Wir glauben, dass an aufstrebenden Märkten interessierte Anleger, die eine übergewichtete Position an indischen Aktien (die sich genau am Punkt der Erholung und des Wachstums befinden) halten, von langfristigem Wachstum profitieren werden.

[1] Quelle: IWF-Prognosen bis 31.12.2020, Stand: 31.12.2016

[2] Quelle: Weltbank, Stand: 31.01.2017

 

 

 

 

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