Im Sommer hat die Regierung das Baukindergeld für Familien verabschiedet. Was passiert als nächstes? Ab heute, dem 18. September 2018, kann die neue Eigenheimzulage bei der KfW Bank beantragt werden. Über 10 Jahre hinweg wird damit eine eigene Immobilie jährlich vom Staat bezuschusst – vorausgesetzt es lebt ein Kind unter 18 Jahren mit im Haushalt. Der Antrag kann online im KfW-Zuschussportal gestellt werden. Wie verheißungsvoll sind die Aussichten auf das Baukindergeld aber wirklich?
Das Baukindergeld stellt eine staatliche Förderung für die selbstgenutzte Immobilie dar, die ab dem 18. September 2018 – rückwirkend ab dem 1. Januar 2018 – bei der staatlichen KfW-Bank beantragt werden kann. Rund vier Milliarden Euro sind über eine dreijährige Laufzeit insgesamt für das Baukindergeld veranschlagt. Das zu versteuernde Einkommen darf bei Familien 75.000 Euro nicht übersteigen, wobei es zusätzlich einen Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro für jedes weitere Kind gibt. Das sind immerhin bis zu 1.200 Euro für das erste Kind für zehn Jahre, die finanziell bezuschusst werden. Bei einem zweiten Kind wird die Einkommensgrenze um weitere 15.000 Euro angehoben. Das ist verlockend für Familien, aber ob das Baukindergeld tatsächlich nutzbringend ist, wird aktuell diskutiert.
Die Lage auf dem deutschen Wohnungsmarkt ist besonders in den Großstädten, in denen die Immobilienpreise stark angestiegen sind, angespannt. Insbesondere Großstädte und deren Randlagen sind von den Preissteigerungen betroffen, gleichzeitig aber auch die bevorzugten Wohnorte von Familien mit Kindern, die es möglich machen, die berufliche Tätigkeit und wohnen zeitlich zu vereinbaren. Kommt hier das Baukindergeld für Familien zum richtigen Zeitpunkt?
„Grundsätzlich ist eine Förderung von Familien eine gute Sache und ganz sicher auch ein richtiger Ansatz“, erklärt Beate Schmidt von der MKIB Online-Baufinanzierung mit Sitz in Berlin. „Das Baukindergeld kann aber in der Umsetzung auch zu Schwierigkeiten führen“. Wieso?
„Möglich wäre, dass das Baukindergeld die Nachfrage an Immobilien weiter ansteigen lässt. Der Marktdruck in diesen von Familien präferierten Regionen ist jetzt schon hoch“, so Beate Schmidt. Das Baukindergeld wäre in diesem Fall dann eher kontraproduktiv.
Quadratmeter sind kein limitierender Faktor
Obwohl zunächst noch darüber diskutiert wurde, den Immobilienkauf nur bis maximal 120 Quadratmetern zu fördern, um den finanziellen Rahmen zu wahren, wurde diese Idee mittlerweile verworfen. Die Quadratmeterzahl soll nun keinen Einflussfaktor auf den Erhalt des Immobilienförderungsmittels haben.
Finanzen im Blick
Die Förderung der Familien entlastet bei der Bezahlung nicht die Sekundärkosten. Die Kosten für die Immobilie oder ein Grundstück selbst sind nicht die einzigen finanziellen Belastungen, die anfallen. Dazu kommen notarielle Gebühren, der Grundbucheintrag, die Grunderwerbssteuer, in nicht wenigen Fällen eine Maklerprovision – all dies kostet gleich zu Beginn des Finanzierungsprozesses viel Geld: bis zu 15 Prozent des tatsächlichen Hauspreises und damit in der Regel mehrere zehntausend Euro. Diese Kosten aufzubringen, stellt Familien vor große Herausforderungen.
Hätte die staatliche Förderung denn auch anders angelegt werden können? „Durch die notwendigen Prüfungen und Art des Zuschusses verschärft das Baukindergeld in dieser Form eher die bürokratische Regulierungsdichte und greift gleichzeitig in den Markt ein“, meint Beate Schmidt. „Eine Senkung oder Aussetzung der Grunderwerbssteuer würde die Eigenheimfinanzierung ebenfalls attraktiver machen, ohne dass dies Auswirkungen auf den Markt habe“. Das würde gleichzeitig die Bürokratie reduzieren.
Wer profitiert wirklich?
„Inwieweit ohnehin einkommensschwache Familien im Baukindergeld einen Anreiz sehen, einen Kredit aufzunehmen oder aufnehmen zu können, bleibt abzuwarten“, erklärt Beate Schmidt. „Wir sprechen bei der Baufinanzierung von hohen Beträgen. 24.000 Euro staatlicher Zuschuss für zwei Kinder ist ganz sicher richtig viel Geld, kann aber im Ganzen betrachtet, nur wenige Prozentpunkte der Gesamtfinanzierung ausmachen“.
Profitieren würden daher eher Familien, die sich weiter abseits von beliebten Ballungszentren niederlassen wollen oder eine Niedrigpreisimmobilie aussuchen. „Eine vermehrte Ansiedlung in bisher unbeliebteren Wohnregionen kann aber nur gelingen, wenn dort dann auch die Infrastruktur für ein Familienleben gegeben ist“, so Beate Schmidt. Ohne Kindergärten, Schulen oder Einkaufsmöglichkeiten werden weder Baukindergeld noch günstige Immobilienpreise Familien in großer Zahl anlocken können.
Bauen oder nicht bauen? – Das ist hier die Frage
Wie stark der tatsächliche Einfluss des Baukindergeldes auf die Wohnsituation daher sein wird, ist umstritten. „Es gibt Prognosen, dass durch das Baukindergeld die Wohneigentumsquote lediglich um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte steigen wird“, erklärt Schmidt. Schätzungen zufolge würden rund 300.000 Familien vom Baukindergeld wirklich profitieren – ein Tropfen auf den heißen Stein.
Wie das Baukindergeld nun tatsächlich anläuft, bleibt vorerst abzuwarten. „Familien, die überlegen, über die KfW-Bank einen staatlichen Finanzierungszuschuss für die Immobilie zu finanzieren, sollten sich in jedem Fall beraten lassen, inwiefern das Baukindergeld bei ihrer individuellen Baufinanzierung eine spürbare finanzielle Entlastung darstellt“, rät Beate Schmidt.
Ein kurzer Überblick
Jährlicher Zuschuss von 1.200 Euro für Familien pro Kind beim Kauf oder Bau von Immobilien über 10 Jahre:
- Bis zu 75.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen pro Jahr und zusätzlich 15.000 Euro pro Kind
- Kinder gelten, solange ein Kindergeldanspruch besteht
- Für Haus oder Wohnung
- Für Neubau oder Gebrauchtimmobilien
- Förderzeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2020
- Keine Wohnflächenbegrenzung
- Bundesweit
- Keine Rückzahlung des Zuschusses
- Der Antrag für das Baukindergeld kann erst nach Einzug in die neuen vier Wände gestellt werden