In der aktuellen Krisen- und Marktumbruchsituation müssen viele mittelständische Unternehmen ihre Fixkosten senken. Unklar ist ihnen aber oft, wie sie ihre Mitarbeiter zum Entwickeln von Ideen, um Zeit und Geld zu sparen, motivieren können.
In Krisenzeiten, wenn die Umsätze und Erträge auf Talfahrt gehen, steht auf der Prioritätenliste vieler Unternehmen ein Thema ganz oben: sparen – nicht nur, weil es die Liquidität zu wahren gilt, sondern auch, weil die Kosten zu den wenigen Faktoren zählen, die Unternehmen relativ kurzfristig aktiv beeinflussen können. Hinzu kommt: In guten Zeiten setzen Unternehmen – wie Menschen – oft Speck an. Deshalb wirken Kostensenkungsprogramme nicht selten wie Fitnesskuren.
Die Einsparpotenziale identifizieren
Um die vorhandenen Einsparpotenziale zu ermitteln, können Unternehmensleitungen teure Berater ins Haus holen. Das Problem hierbei ist jedoch gerade in Krisenzeiten, wenn die Nerven ohnehin angespannt sind: Sobald die Damen und Herren mit Anzug und Aktenkoffer über die Flure des Unternehmens laufen, tönt es im Flurfunk „Mit Sicherheit gibt es bald Entlassungen“, „Vermutlich wird der Bereich x dicht gemacht.“ Die Verunsicherung der Belegschaft wächst also weiter. Deshalb agieren vorausschauende Unternehmen, wenn es ums Sparen geht, oft anders: Sie nutzen die Kreativität ihrer Mitarbeiter und erzielen mit Hilfe eines professionellen Ideenmanagements sowie regelmäßiger Sparkampagnen die gewünschten Einsparungen.
Wie groß das Einsparpotenzial in vielen mittelständischen Unternehmen ist, zeigt ein Online-Rechner, den die Firma Innolytics, Leipzig, auf Basis von Studien und Unternehmensdaten entwickelt hat:
- Ein Unternehmen mit 250 Beschäftigten spart ihm zufolge alleine durch das Einführen eines professionellen Ideenmanagements jährlich im Schnitt 45.000 Euro.
- Führt es zudem zwei Ideen- bzw. Sparkampagnen im Jahr durch, sind es bereits 240.000 Euro. Und:
- Mit einem Management, das die Kreativität der Beschäftigten fördert, beträgt das Sparvolumen nicht selten eine halbe Million Euro/Jahr.
Der Schlüssel hierzu ist laut Dr. Jens-Uwe Meyer eine „Aktivierung der Mitarbeiter durch fokussierte Ideenmanagement-Kampagnen“. Der Geschäftsführer der Innolytics GmbH ist überzeugt: Bei der Suche nach Einsparpotentialen sind die Mitarbeiter bzw. Teams auf der Shopfloor- oder operativen Ebene Beratern von außen und dem Management überlegen, denn: Sie kennen die Arbeitsabläufe im Detail und „häufig muss man einen Vorgang erst 20, 50 oder gar 100 Mal durchgeführt haben, bevor man die Idee für eine effizientere und kostengünstigere Lösung hat“. Dieser Auffassung ist auch der Organisationsberater Klaus Doll, Neustadt an der Weinstraße: „Kein Manager ist mit den Abläufen so vertraut wie die Mitarbeiter auf der operativen Ebene, die bestimmte Tätigkeiten Tag für Tag verrichten.“
Innolytics hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als 100 Ideenkampagnen in Unternehmen organisatorisch begleitet. Dabei kristallisierten sich mehrere Erfolgsfaktoren heraus.
Erfolgsfaktor 1: Direkt auf den Punkt kommen, wenn es ums Sparen geht.
In vielen Unternehmen wird das Ideenmanagement laut Meyer als eine Art Vorschlagswesen für alles „missbraucht“. Deshalb werden oft viele „Schöner-Wohnen-Ideen“ ohne wirtschaftlichen Wert eingereicht. Für die Unternehmenskultur mögen diese zwar förderlich sein, doch Einspareffekte bleiben aus.
„Bei den wirklich erfolgreichen Ideenmanagement-Kampagnen wird das Thema Sparen direkt in den Mittelpunkt gestellt“, sagt der Ideenmanagement-Experte. Zum Beispiel, indem sie eine Überschrift wie „Verschwendung…“ oder „Ausschuss minimieren“ oder „Doppel- und Nacharbeiten vermeiden“ tragen. Zudem werden mit themenbezogenen Erfolgsbeispielen die Köpfe der Mitarbeiter angeregt. Mit solchen fokussierten Ideenmanagement-Kampagnen können Unternehmen die Zahl der Ideen und deren Qualität – also deren Wert – steigern.
Erfolgsfaktor 2: Die Mitarbeiter an den Einsparungen beteiligen
Unternehmen, die mit ihrem Ideenmanagement überdurchschnittlich hohe Erfolge erzielen, sind großzügig gegenüber den Ideengebern: Sie schütten zehn bis zwanzig Prozent der erzielten Einsparungen im ersten Jahr an ihre Beschäftigten aus. Das ist für beide Seiten ein gutes Geschäft. Angenommen eine Idee bewirkt 50.000 Euro Einsparungen pro Jahr. Dann erhalten die Beschäftigten einmal 5.000 oder gar 10.000 Euro als Bonus und das Unternehmen profitiert langfristig von den Einsparungen, denn diese Kosten entfallen fortan Jahr für Jahr.
In vielen Unternehmen besteht diesbezüglich eine „Geizkragenmentalität“, kritisiert Meyer. Ihrem Top-Führungspersonal bezahlen sie für das Erreichen gewisser Ziele zwar selbstverständlich Boni, bezogen auf die Mitarbeiter auf der „wertschöpfenden Ebene“ besteht jedoch oft die Einstellung: Die kontinuierliche Verbesserung ist ein Teil ihres Jobs. Diese Diskrepanz nehmen die Mitarbeiter wahr. Deshalb engagieren sich kaum für das Sparen, auch weil sie sich wie der Managementberater Rainer Paszek, Eglfing in Oberbayern, betont, nicht selten fragen: „Welcher Nutzen habe ich davon, wenn ich…“. Oft lautet ihre Antwort: „Keinen, außer dass meine Arbeit weiter rationalisiert wird und für mich und meine Kollegen eine Oase zum Verschnaufen entfällt.“
Profitieren hingegen auch die Beschäftigten von den Einsparungen ändert sich dies. Deshalb empfiehlt Meyer: „Lieber den Beschäftigten eine hohe Provision zahlen als zum Beispiel teure Prozess- oder Qualitätsmanagementberater engagieren.“
Erfolgsfaktor 3: Regelmäßig neue Kampagnen starten
Einmal ist kein Mal. Das gilt auch für ein erfolgreiches Ideenmanagement. An der ersten Spar-Kampagne beteiligen sich in der Regel nur Mitarbeiter, die auch zuvor Verbesserungsvorschläge machten. Der einzige Unterschied: Ihre Vorschläge sind durchdachter und reifer; schließlich lockt eine Prämie. Sobald jedoch die ersten Mitarbeiter Prämien erhielten, „spricht sich dies herum und plötzlich kommen sogar Einsparvorschläge von Mitarbeitern, von denen deren Vorgesetzte dies nie erwartet hätten“, berichtet Meyer. „Selbst Azubis, die nur einige Zeit in einer Abteilung hospitieren, machen Vorschläge, wie etwas besser und effizienter erledigt werden könnte.“
Meyer ist überzeugt: „Beschäftigte sind die besten Unternehmensberater – zumindest, wenn es um das Optimieren des Alltagsgeschäfts geht.“ Anders sieht es aus, wenn ein Unternehmen zum Beispiel corona-bedingt sich ganz neu aufstellen muss, weil sein Markt zusammenbrach. Dann ist meist externe Unterstützung nötig, betont Organisationsberater Doll. Doch auch dann sollte man interne Experten mit an Bord holen – „unter anderem, weil sie meist einen realistischeren Blick auf die Machbarkeit haben“.
Ideenmanagement ist gerade in Krisenzeiten wichtig
Im Zuge der Covid-19-Pandemie wird oft von der Krise als Chance gesprochen. Hierzu zählt auch, dass die Mitarbeiter sich in Krisen- und Marktumbruchzeiten leichter als sonst motivieren lassen, Einsparpotenziale zu identifizieren und neue Problemlösungen zu entwickeln, denn: In ihnen müssen ihre Vorgesetzten keine lange Überzeugungsarbeit leisten, warum ein sparsamer Umgang mit den begrenzten Ressourcen an Zeit und Geld wichtig ist.
Viele Unternehmen haben jedoch wenig Erfahrung, wie sie ein effektives Ideenmanagement starten und am Leben halten können. Deshalb bietet Innolytics Unternehmen zum Beispiel ein „Ideenmanagement as a Service“-Modell an. Das heißt, Ideenmanagement-Experten richten als externe Unterstützer eine digitale Plattform für sie ein, entwickeln und managen die Kampagnen und sorgen dafür, dass möglichst hochwertige Ideen entstehen. Die Vorteile hiervon laut Meyer:
- Unternehmen können ein professionelles Ideenmanagement in ihrer Organisation einführen, ohne hierfür zunächst intern die nötige Infrastruktur und Kompetenz aufzubauen. Und:
- Sie haben einen Partner, der sie dabei unterstützt, die einzelnen Kampagnen so zu konzipieren, dass diese die Beschäftigte auch wirklich motivieren, Einsparideen zu entwickeln und zu artikulieren.
Kosten-sparen ist eines der Top-Themen
Inwieweit Unternehmen, beim Versuch ein professionelles Ideenmanagement zu etablieren, einen solchen Support nutzen, müssen die jeweiligen Verantwortlichen vor Ort entscheiden. Unabhängig davon werden die Themen „Verschwendung vermeiden“ sowie „effizienter Umgang mit den vorhandenen Ressourcen an Zeit und Geld“ in den kommenden Monaten in vielen Unternehmen auf der Agenda des Top-Managements ganz oben stehen, betont Rainer Paszek. Und was liegt in Zeiten, in denen die Finanzmittel ohnehin knapp sind, näher als eine Problemlösung zunächst einmal mit Bordmitteln zu probieren als sogleich teure Berater zu engagieren?
Lukas Leist
Zum Autor: Lukas Leist arbeitet u.a. als (Online-)Journalist für die PRofiberater GmbH, Darmstadt. Er ist auf die Themenfelder Digitalisierung sowie Personal- und Organisationsentwicklung spezialisiert.