Amazon-Aktie bleibt an der Börse zurück
Haben Sie schon einmal von den „Magnificent Seven“ gehört? Die Magnificent Seven sind sieben der größten und einflussreichsten US-Technologieunternehmen an der Börse: Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Muttergesellschaft von Google), Meta (ehemals Facebook), Nvidia und Tesla. Der Begriff wurde von der Bank of America geprägt, um ihre herausragende Stellung am Markt und ihren Einfluss auf die Aktienmärkte zu beschreiben. Diese Unternehmen sind führend in Bereichen wie künstliche Intelligenz, Cloud Computing, Social Media und Elektrofahrzeuge und dominieren gemeinsam mit einem hohen Anteil die Indizes S&P 500 und Nasdaq. Der Technologieriese liegt in diesem Jahr an der Börse hinter den anderen Aktien der „Magnificent Seven“ zurück.
Tesla ist wegen der völlig unvorhersehbaren Natur schwer beherrschbar, da man nie weiß, was sich deren Chef Elon Musk ausdenkt und wohin dies den Aktienkurs treiben wird. Das Werbemodell von Meta ist stark abhängig vom Konsum und der konjunkturellen Nachfrage.
Seit Jahresbeginn hat die Amazon-Aktie lediglich acht Prozent gewonnen, während der Index der „Magnificent Seven“, zu denen auch der Technologieriese gehört, um 14 Prozent gestiegen ist. An der Wall Street ist man der Ansicht, dass die Vielfalt der Geschäftsfelder, die traditionell seine Stärke war, den Kurs zurückhält, da es sich nicht um ein reines Investment in Künstliche Intelligenz (KI) handelt, die bei Anlegern beliebt ist.
In Rechenzentren stärker als die Konkurrenz
Amazon veröffentlichte Anfang August die jüngsten Quartalsergebnisse. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 13 Prozent, der Nettogewinn um 35 Prozent. Der Gewinn je Aktie erhöhte sich auf 1,68 US-Dollar, nachdem er im Vorjahr 1,26 US-Dollar betragen hatte – ein Zuwachs von mehr als 33 Prozent. Der Gewinn je Aktie im ersten Quartal dieses Jahres war mehr als 62 Prozent höher (1,59 US-Dollar) als ein Jahr zuvor.
Über viele Jahre stellte Amazon das Umsatzwachstum über die Verbesserung der Rentabilität und Margen. In den letzten Jahren änderte sich dies. Die Bruttomarge erreichte im letzten Quartal 51,8 Prozent, die operative Marge bewegte sich in den letzten vier Quartalen zwischen 11 und 11,8 Prozent.
Das Geschäft des Unternehmens ist zyklisch, und die Verkaufszahlen zeigen, dass die Nutzer im Dezember sehr aktiv nach Weihnachtsgeschenken auch auf der Amazon-Plattform suchen. Es ist schwer, die alte Geschichte aufzugeben, dass es sich um einen Onlinehändler handelt, obwohl das Unternehmen tatsächlich führender Anbieter von Cloud-Diensten ist. In diesem Markt hält es einen Anteil von 31 Prozent – fast so viel wie Microsoft mit 23 Prozent und Google mit 10 Prozent zusammen.
Amazon Web Services (AWS) steigerte die Umsätze im letzten Quartal um 17 Prozent und übertraf damit die Erwartungen der Analysten. Anleger waren dennoch nicht begeistert, da sie das Wachstum mit 32 Prozent bei Google Cloud und 39 Prozent bei Microsoft Azure im Jahresvergleich verglichen. Nach der Veröffentlichung verlor die Amazon-Aktie fast neun Prozent und erholte sich dann etwas, sodass sie 3,8 Prozent unter dem Niveau vor der Ergebnisveröffentlichung liegt. Seit Jahresbeginn hat sie etwas mehr als zwei Prozent gewonnen.
Amazon investiert in Rechenzentren mehr als seine Konkurrenten. Seine jährlichen Investitionsausgaben in diesem Bereich haben bereits 100 Milliarden US-Dollar überschritten – ungefähr so viel wie das gesamte BIP von Costa Rica und mehr als in manchem Staat, etwa Luxemburg. Dieser Betrag übersteigt auch die Ausgaben der Hauptkonkurrenten im gleichen Zeitraum: Google investierte 82 Milliarden US-Dollar, Microsoft 75 Milliarden, Meta 69 Milliarden.
Konkurrenz und teure Hochzeit in Venedig
In gewisser Weise ist Amazon ein Konglomerat. Das Unternehmen vereint Onlinehandel, Cloud, Werbung und ein KI-System, das eng mit der Logistik verbunden ist. Damit könnte es auch die Diversifikation meines Portfolios etwas erhöhen. Neben der führenden Rolle im Cloud-Geschäft und dem starken Wachstum der Werbeeinnahmen hat Amazon ein stabiles Ökosystem mit Prime-Diensten aufgebaut. Kürzlich wurde mitgeteilt, dass Prime-Abonnenten nun auch leicht verderbliche Lebensmittel noch am selben Tag geliefert bekommen – ein Vorteil im Wettbewerb mit Händlern wie Walmart, Instacart und Kroger. In den kommenden Jahren könnte auch Kuiper, Amazons Projekt zum Aufbau einer Satellitenkonstellation im niedrigen Erdorbit, zusätzliche Einnahmen bringen.
Gleichzeitig sieht sich Amazon mit einer Klage der US-Handelskommission konfrontiert, die dem Unternehmen eine irreführende Benutzeroberfläche vorwirft, durch die die Kündigung eines Prime-Abos erschwert werde. Investitionen in KI drücken derzeit den Gewinn, zudem kündigte Amazon jüngst umfangreiche Entlassungen an.
Die Konkurrenz schläft nicht. Nvidia ist zum führenden Akteur im Markt für KI-Hardware aufgestiegen, seine Marktkapitalisierung überschreitet vier Billionen US-Dollar. Microsoft ist mit der Kombination aus KI und Cloud sehr stark, hohe Investitionen in OpenAI und das schnelle Wachstum von Azure geben zusätzlichen Schub. Apple investiert zunehmend in den USA und erweitert seine Kapazitäten in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Produktion, während Alphabet eine starke Position in der datengestützten Werbung und im Google Cloud-Bereich beibehält.
Nebenbei bemerkt: Amazons Gründer und ehemaliger CEO Jeff Bezos verkaufte im Juli erneut Aktien im Wert von 5,7 Milliarden US-Dollar. Man könnte scherzen, dass eine Hochzeit in Venedig teuer ist. Seit 2002 hat er insgesamt bereits für 50 Milliarden US-Dollar Amazon-Aktien verkauft, hält aber immer noch 884 Millionen Aktien – etwas mehr als acht Prozent von Amazon.
Zeit des Wachstums
Für das laufende Quartal erwartet Amazon Umsätze zwischen 174 und 179,5 Milliarden US-Dollar, was 10 bis 13 Prozent mehr sind als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gleichzeitig senkte es die Prognose für den operativen Gewinn auf 15,5 Milliarden US-Dollar, zuvor lag sie bei 20,5 Milliarden. Analysten prognostizieren für das kommende Jahr ein Umsatzwachstum von zehn Prozent. Kursziele kehren schrittweise wieder nach oben zurück. Im März lag die mittlere Einschätzung bei 265 US-Dollar, im Mai bei fast 240 US-Dollar, aktuell bei etwa 263 US-Dollar, wie das Wirtschaftsprotal Casnik Finance schreibt. Von 82 Analysten empfehlen 76 den Kauf, sechs das Halten, verkaufen würde niemand. Ihre durchschnittliche Einschätzung liegt somit zehn Prozent über dem aktuellen Kurs.
Amazon hat stark in Cloud und KI-Infrastruktur investiert, was zu sehr hohen Investitionsausgaben und einem entsprechend geringen Anteil des freien Cashflows führte. Dieser verringerte sich im vergangenen Jahr von Quartal zu Quartal: Während er nach dem zweiten Quartal 2024 noch 2,4 Prozent betrug, ist er inzwischen auf 0,6 Prozent gefallen. Sollte dieser Trend anhalten, würde dies die Fähigkeit des Unternehmens, freien Cashflow zu generieren, erheblich belasten.
Vergleicht man die Eigenkapitalrendite (ROA) innerhalb der „Magnificent Seven“, weist Amazon nach Angaben von LSEG mit weniger als 20 Prozent den niedrigsten Wert auf. Ohne die Prognosen für die kommenden Jahre ist hier keine deutliche Erhöhung zu erkennen. Apple liegt derzeit bei einer Eigenkapitalrendite von fast 144 Prozent – auf den ersten Blick beeindruckend, vor allem bedingt durch umfangreiche Aktienrückkäufe und ein geringes Kapitalvolumen, nicht allein durch hohe Profitabilität.
Ich erwarte, dass Amazon auch künftig schnell wachsen wird und mehrere Projekte besitzt, die weiteres Wachstum unterstützen. Die nächsten Ergebnisse werden am 30. Oktober veröffentlicht. Dann werde ich prüfen, wie sich Amazon schlägt.
Amazon-Aktie bleibt ein Schwergewicht mit Chancen
Für deutsche Anleger ist die Entwicklung der Amazon-Aktie von erheblicher Bedeutung: Amazon betreibt hierzulande große Logistikzentren, ist führend im Online-Handel und expandiert im Cloud-Geschäft mit AWS. Viele deutsche Unternehmen, darunter der Mittelstand, nutzen Amazons Infrastruktur für E-Commerce und Cloud-Dienste. Eine positive Kursentwicklung signalisiert nicht nur internationale Stärke, sondern stärkt auch die Investitionsbereitschaft in Deutschland.
Trotz kurzfristiger Schwäche bietet die Amazon-Aktie Chancen für langfristige Anleger. Massive Investitionen in KI-Infrastruktur, Cloud-Dienste und Logistik schaffen die Basis für künftiges Wachstum. Risiken bestehen in hoher Konkurrenz, regulatorischem Druck und schwachem Cashflow. Dennoch sehen Analysten überwiegend Aufwärtspotenzial – eine Gelegenheit für Investoren, die auf die Langfrist-Story setzen.
nderen Giganten hinterher: Gelegenheit zum Kauf?