Brexit: Offene Immobilienfonds in Großbritannien werden zur Zitterpartie?

euDer aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Die britische Immobilienbranche hat zu kämpfen. Die Preise fallen, Fonds lassen Gelder einfrieren. Lesen Sie im heutigen Zinskommentar über die Entwicklung am britischen Immobilienmarkt nach dem Brexit-Votum und die Folgen für den deutschen Anleger.

 

 

Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor ist in den letzten 2 Wochen wieder leicht gesunken und steht aktuell bei -0,293 %. Ein leichtes Abfallen in Richtung -0,4 % ist sehr wahrscheinlich. Dies ist der aktuelle Stand der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz liegt derzeit bei 0,314 % und ist in den letzten Wochen wieder gesunken. Durch BREXIT erwarten wir weiterhin niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,20% – 1,00%

 
Brexit: Offene Immobilienfonds in Großbritannien werden zur Zitterpartie?
Zwei Wochen nach der historischen Entscheidung der Europäischen Union (EU) den Rücken zu kehren, machen die größten britischen Immobilienfonds dicht. Rund 21 Milliarden Euro an Anlegergeldern sind eingefroren worden. Grund hierfür sind die zunehmenden Mittelabflüsse, die zu einer Austrocknung der Bargeldreserven führten. Würden die Fonds ihre Anlageobjekte verkaufen, um die Anleger auszuzahlen, bekämen sie nur einen Bruchteil des tatsächlichen Wertes der Immobilien. Primär gilt es, mit der Maßnahme die Anleger zu schützen und die Kursverluste zu begrenzen.

 

Ähnlich war es schon 2005 der Fall, als die Deutsche Bank ihren offenen Immobilienfond Grundbesitz Invest schloss.  Institutionelle Anleger hatten die Fonds wie ein Tagesgeldkonto genutzt und Mittel im „Minutentakt“ hin und her verschoben. Sie profitierten von den niedrigen Gebühren bei den Fondsgesellschaften. Zwar dauerte die Schließung nur ein paar Wochen, doch saß der Schock tief und die Branche versprach, dass so etwas nie wieder passieren würde. Die Finanzkrise 2008 veränderte den Markt für offene Immobilienfonds nachhaltig. Nachdem rund ein Drittel der Anlagemittel eingefroren waren, reagierte die Politik 2013 und verabschiedete ein Gesetz, das den Anleger dazu verpflichtet, die Fondsanteile nach Erwerb 24 Monate halten zu müssen.  Ebenso gilt eine einjährige Kündigungsfrist. In der Vergangenheit konnten vor allem Fonds mit einem geringen Anteil von institutionellen Anlegern besser überleben, weil andere Anlagetypen nicht so stark auf liquide Mittel in Krisenzeiten angewiesen sind.
Was bedeutet diese Entwicklung für deutsche Anleger?
Offene Immobilienfonds mit Schwerpunkt Europa sind auch in Deutschland beliebt. Bei fünf bis 25 Prozent liegt der Anteil an britischen Immobilien. Das könnte Folgen haben. Laut der Bank of England befindet sich der britische Gewerbeimmobilienmarkt in einer ernstzunehmenden Schieflage. Denn rund 45 Prozent der seit 2009 erworbenen Gewerbeimmobilien wurden durch ausländische Investoren finanziert.  Gerade London wird der sich verstärkende Geldschwund zu schaffen machen.  Die sonstigen  Geldzuflüsse ließen auch die Preise in die Höhe steigen, mit dem Abzug von Großbanken und Unternehmen könnte der Immobilienmarkt in ein Fass ohne Boden fallen.
Der Politik sei Dank, kann es seit der Gesetzesänderung 2013 nicht mehr zu nervösen Verkäufen und einer damit verbundenen Abwärtsspirale kommen. Außerdem können mögliche Verluste in Großbritannien durch Kursgewinne in Frankfurt, Paris oder Mailand ausgeglichen werden.  Wie sich der Markt entwickeln wird, steht in den Sternen und wird sich erst nach einer Einigung der britischen Regierung mit der EU zeigen. Abwarten sollte die Devise sein. Immobilien gelten als langfristiges Anlagemittel und sollten auch als solches behandelt werden.

 

 

 

 

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