Im US-Automobilsektor droht eine neue Kreditblase

Anstieg fauler Kredite alarmiert Experten

Im US-Automobilsektor droht eine neue Kreditblase, meinen Kenner. Noch ist das Problem überschaubar, erinnert vom Muster her aber ungut an die Subprime-Verrücktheiten vor knapp zehn Jahren – die schlussendlich die globale Finanzkrise auslösten.

Gebranntes Kind scheut das Feuer, heißt es. Die Finanzkrise 2008/09 steckt vielen Marktteilnehmern noch in den Knochen. Entsprechend argwöhnisch werden daher alle jene Entwicklungen betrachtet, die an die damaligen Ursachen erinnern – insbesondere, was exzessive Kreditvergaben angeht.

So rücken seit einiger Zeit Subprime-Autokredite in den USA in den Fokus. Wie einst am US-Häusermarkt werden auch diese Kredite massenweise zu vermeintlich lukrativen und gut besicherten Wertpapieren für Investoren in aller Welt umverpackt, berichtet Bloomberg News.

Zur Klärung: Subprime-Autokredite hat es zwar schon immer gegeben. Und niemand deutet an, dass sie die nächste Krise auslösen werden. Doch seit der großen Rezession ist das Geschäft explodiert. Im Jahr 2009 wurden 2,5 Milliarden US-Dollar an neuen Subprime-Auto-Bonds verkauft. 2016 waren es bereits 26 Milliarden Dollar, hat Bloomberg ausgerechnet.

Kaum etwas verdeutlicht dieses Phänomen so gut wie die Partnerschaft zwischen Fiat Chrysler Automobiles sowie der Banco Santander. Seit 2013, als die US-Autoverkäufe nach oben geschnellt waren, haben die beiden eine der mächtigsten Subprime-Maschinen der Branche geschaffen. Details dieser Partnerschaft, die sich aus Gerichtsunterlagen, Pflichtmitteilungen und Interviews mit Branchenkennern ergeben, zeigen laut Bloomberg News „einige der Exzesse des heutigen Booms bei den Subprime-Autokrediten auf“.

Wenig Kontrolle, da Risiken an Dritte weitergereicht werden
Die Sorglosigkeit ist erschreckend hoch: Santander beispielsweise prüfte unlängst nur noch bei weniger als einem von zehn Krediten, die zu Bonds im Volumen von einer Milliarde Dollar verpackt wurden, das tatsächliche Einkommen des Kreditnehmers, heißt es bei Moody’s Investors Service. Der größte Teil entfiel auf Chrysler-Fahrzeuge.

Einige Autohändler manipulieren derweil den Kreditantragsprozess, so dass auch Kreditnehmer mit geringem Einkommen neue Fahrzeuge erhalten konnten, schreiben Staatsanwälte in Gerichtsdokumenten.

Praktiken wie vor der Finanzkrise
Der Appetit der Wall Street auf Hochzins-Investments führt dazu, dass der Anleihestrom der nicht abreißt. Santander hat eigenen Angaben zufolge die Beziehungen zu hunderten Autohäusern abgebrochen, von denen unseriöse Kredite vorangetrieben worden seien. In einige Fällen kam es direkt bei der ersten Rate zum Zahlungsausfall. Gleichzeitig plant Santander, die Kontrolle über ihre US-Subprime-Autosparte, Santander Consumer USA Holdings, zu erhöhen, wie Bloomberg unlängst aus informierten Kreisen erfuhr.

Santander, die sich den Fragen von rund 30 US-Bundesstaaten zu ihrer Kreditvergabepraxis bei Autos und zu Verbriefungsaktivitäten stellen musste, wollte zu „aktiven rechtlichen Angelegenheiten“ keine Stellungnahme abgeben. Im Mai hatte sich Santander bereiterklärt, 26 Millionen Dollar zu zahlen, um Vorwürfe der US-Bundesstaaten Delaware und Massachusetts beizulegen. Santander gab ein Fehlverhalten weder zu, noch verneinte die Bank dieses.

Fünf Prozent Rendite machen Investoren unvorsichtig
Für Investoren ist die Anziehungskraft von Subprime-Autokrediten verführerisch: Wertpapiere, die mit solchen Verbindlichkeiten unterlegt sind, können eine Rendite von bis zu fünf Prozent einbringen. In einer Welt ultra-niedriger Zinsen ist das noch immer mehr als das Dreifache vergleichbarer Renditen von Treasuries.

Natürlich ist der Markt noch viel kleiner als der Markt für Subprime-Hypotheken, dessen Einbruch die Kreditkrise ausgelöst hatte, was eine Wiederholung der Ereignisse unwahrscheinlich macht. Doch die Frage, die sich stellt, ist, ob die Renditeprämie – die mit der steigenden Nachfrage längst geschrumpft ist – das Risiko wert ist. „Investoren scheinen die zugrunde liegenden Risiken zu ignorieren“, sagt Peter Kaplan, ein Fondsmanager bei Merganser Capital Management in Boston.

Auto-Finanzierungen „werden das Finanzsystem nicht zum Einsturz bringen wie das die Hypothekenkrise beinahe tat. Aber es signalisiert mehr Stress beim Verbraucher“, meint auch Stephen Caprio, Kredit-Stratege bei UBS Group AG in New York. (aa)

Schreibe einen Kommentar