Verkaufen mit der Affenfaust

Schon in ersten Unterlagen 1989 führten wir den Besitzwunsch durch Anfassen als eine der damals 5 elementaren Wirkungsgründe des Haptischen Verkaufens auf. Der Beweggrund ist einfach: Je mehr wir besitzen, je mehr entfernen wir uns von den 3 Urängsten Hunger, Durst und Obdachlosigkeit. Das Anfassen alleine löst schon deshalb den Besitzwunsch instinktiv aus.

Sie selbst können dies anhand des Greifreflexes ausprobieren. Halten Sie zum Beispiel ein Buch in die Reichweite eines Menschen und bieten es ihm somit scheinbar an, vielleicht noch unterstützt mit den Worten: „Hier für Dich.“ Und achten Sie darauf, wenn die Fingerspitzen Ihres Gegenübers den ersten Kontakt mit dem Buch haben und entziehen dann das Buch. Dann sehen Sie bei den meisten den Greifreflex. Er greift sofort fester zu. Wenn nicht wiederholen Sie das Angebot und machen Sie es noch einmal. Spätestens beim dritten Mal wird er Ihnen das Buch entreißen. Wissenschaftlich wurde dies als Endowment-Effekt beschrieben. Kahneman wies in den 90igern nach, dass je länger ein Mensch ein Produkt in der Hand, umso höher wird sein Kaufwunsch und seine Preisakzeptanz.

Nun zur Affenfaust – sehen Sie sich am besten den folgenden kleinen Film an: Klicken Sie hier

Auch wenn es uns nicht gefällt, die Affenfaust funktioniert auch bei Menschen, es sei denn wir sind intelligent und selbstbewusst genug im richtigen Moment immer noch Nein zu sagen.

Hier ein paar Beispiele von Geben und Nehmen aus der Praxis:

  • Wer hat nicht als Kind die Scheibe Wurst in der Metzgerei bekommen
  • oder beim Bäcker ein Stück süßes Gebäck
  • im Restaurant eine kleine Gaumenfreude als Gruß der Küche
  • beim Arzt ein Medikament ohne Berechnung
  • und die ganzen Haptischen Werbegeschenke
  • die Probefahrt beim Autohändler
  • in Partnerschaften wird man schon mal besonders verwöhnt, um kein Nein zu hören
  • auch Kinder werden verwöhnt, damit sie brav sind
  • besondere Preiszugeständnisse
  • ein Webinar zur Probe
  • oder ein ganzes Seminar zum Nulltarif
  • Warum gibt es mittlerweile bei den Unternehmen harte Compliance-Verordnungen

Was passiert detailliert, wenn ein Kind das erste Mal beim Metzger ein Würstchen bekommt?

Beim ersten Mal fragt die Verkäuferin die Mutter: „Darf das Kind ein Würstchen haben?“ Wenn die Mutter Ja sagt, bekommt das Kind das Würstchen in die Reichweite der Hände. Beim ersten Mal greift das Kind nicht einfach zu, sondern fragt erst die Mutter, meistens nur mit einem fragenden Blick. Wenn die Mutter dem Kind die Erlaubnis gibt, nimmt das Kind die Wurst und beißt rein. Wenn die Wurst jetzt schmeckt, gibt es wieder einer Vegetarier weniger. Wie läuft das Ganze beim zweiten Mal ab. Die Verkäuferin und auch das Kind fragen nicht mehr die Mutter, sondern die Verkäuferin gibt dem Kind die Wurst. Beim dritten Mal fragt das Kind schon nach der Wurst.

Was ist passiert? Beim ersten Mal hat eine pawlowsche Konditionierung des Kindes stattgefunden. (Metzgerei – Wurst – Lecker) und es wurde ein Vertrag des Vertrauens zwischen Verkäuferin und Kind mit Zustimmung der Mutter getroffen. Dadurch braucht beim zweiten Mal keiner mehr die Zustimmung der Mutter und beim dritten Mal läuft es schon vollautomatisch ab.

Nun kommen wir zum Kompensationsverhalten. Wenn ein Mensch verwöhnt oder sich beschenkt fühlt, dann fühlt er sich mehr oder weniger verpflichtet. Das ist eine einfache Regel menschlichen Verhaltens: „Bist Du nett zu mir, bin ich nett zu Dir.“ „Bist Du besonders nett zu mir, bin ich besonders nett zu Dir.“ Wenn also jemand mich extrem verwöhnt, oder besonders nett war, oder mich beschenkt hat, dann fällt es mir wesentlich schwerer Nein zu sagen. Das ist dann die Affenfaust.

Und genau dieser Ausdruck -Affenfaust- polarisiert schon von ganz alleine, und das vollkommen zu Recht. Wie weit ist es in Ordnung und wann ist es nicht mehr in Ordnung mit dem Ritual von Geben zu Nehmen zu verkaufen? Wann ist es zu manipulativ und wann ist es unseriös? Das hängt sehr von den Beteiligten und deren Motivation ab.

Wenn der Verkäufer diese Mittel einsetzt, um den Kunden in die Falle zu locken oder vollkommen überzogene Preise durchzusetzen, ist es schlecht. Wenn der Verkäufer diese Mittel einsetzt, um den Kunden zu gewinnen und ihn fair mit den bedarfsgerechten Produkten zu bedienen, dann ist es in Ordnung.

Wenn der Kunde aufgrund seiner Persönlichkeit nicht mehr Nein sagen kann, dann ist es schlecht. Wenn der Kunde trotz gefühlter Verpflichtung und eher kleinem Selbstbewusstsein noch Nein sagen kann, dann ist es in Ordnung.

Letzter Faktor Schuld – Wenn ich etwas annehme, ohne dafür einen Ausgleich zu schaffen, gehe ich immer eine bewusste oder unbewusste Schuld ein. Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten, wieviel Schuld er eingehen will oder wie er einen Ausgleich schaffen kann.

Im Internet sind wir Deutschen besonders darauf aus, am liebsten alles für Null zu bekommen. Wenn denn Unternehmen wie Google, Facebook, YouTube Ihre Plattformen für Null anbieten, ist man auch eher bereit seine kompletten Daten abzuliefern, obwohl jeder weiß, dass genau diese Daten der Grund für das Ganze sind. Diese Unternehmen wissen mittlerweile mehr über uns, als wir selbst. Aber der Zug ist wohl schon abgefahren.

Fazit:
Sei Dir bewusst, man bekommt nichts geschenkt und behalte Dir Dein Recht Nein zu sagen.

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