Neukunden und Aufträge kurzfristig akquirieren

Immer geraten Selbstständige und Gewerbetreibende in die Situation, dass in ihren Auftragsbüchern Löcher klaffen. Dann müssen sie relativ schnell, Aufträge oft von Neukunden akquirieren, um ihre Umsatzziele zu erreichen.  Einige Tipps, wie Ihnen dies gelingt.

 

Durch Hauruck-Aktionen können Selbstständige und Gewerbetreibende, gleich welcher Couleur, Versäumnisse im Marketing- und Vertriebsbereich im Bedarfsfall nur schwer ausgleichen. Denn wer jahrelang beim Marketing inaktiv war, der hat in der Regel auch kaum Marketingerfahrung. Außerdem fehlen ihm die erforderlichen Instrumente. Zum Beispiel ein personifizierter und gepflegter Adresspool. Oder Produkte, die sich als „Türöffner“ bei Neukunden eignen. Oder Projektbeschreibungen, die sich bei Bedarf schnell eintüten lassen.

Entsprechend wirkungslos sind die meisten Nacht-und-Nebel-Aktionen im Marketing- und Vertriebsbereich – auch weil insbesondere für B2B-Bereich, also für das Geschäft mit Unternehmen, gilt: Die in diesem Bereich angebotenen Produkte und Dienstleistungen sind meist keine Schnelldreher. Bei ihnen dauert der Kaufentscheidungsprozess der Kunden oft Monate, teils sogar Jahre.

 

Trotzdem stehen Selbstständige im B2B-Bereich immer wieder vor der Herausforderung, recht kurzfristig Aufträge von Neukunden zu akquirieren, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Deshalb hier einige Tipps, die Sie beherzigen sollten, damit Ihre Aktivitäten zumindest eine gewisse Aussicht auf Erfolg haben.

 

  1. Bieten Sie Ihren Zielkunden Leistungen an, bei denen die Hemmschwelle, ja zu sagen, niedrig ist.

Selbstständige neigen beim Akquirieren von Neukunden dazu, diesen ihren gesamten Bauchladen zu offerieren. Und wenn sie Noch-nicht-Kunden ausnahmsweise mal ausgewählte Leistungen anbieten, dann wollen sie gleich Megaaufträge an Land ziehen.

 

Beide Vorgehensweisen sind wenig zielführend. Denn kein Unternehmen erteilt zum Beispiel einem Berater, mit dem es noch keine Vorerfahrung hat, den Auftrag für ein Großprojekt, an dem sein künftiger Erfolg hängt. Anders sieht dies bei relativ risikoarmen Produkten wie einem Tagesworkshop, „Quick-Check“ oder Projektleiter-Coaching aus. Offerieren Sie also Ihren Noch-nicht-Kunden kleine, smarte Produkte, um von ihnen einen Erstauftrag zu erhalten. Ist dann eine Vertrauensbasis geschaffen, können Sie ihnen komplexere Produkte/Leistungen anbieten.

 

  1. Setzen Sie auf „Spezialprodukte“, die auf konkrete Kundenprobleme reagieren.

Wenn Selbstständige versuchen, Neukunden zu akquirieren, dann offerieren sie diesen meist Standardprodukte, die man auch bei Hunderten von Mitbewerbern kaufen kann. Für diese Produkte interessiert sich, salopp formuliert, niemand – zumindest kurzfristig. Denn die meisten Unternehmen existieren seit vielen Jahren. Also haben sie auch schon Lieferanten bzw. Dienstleister, die für sie tätig sind. Zum Beispiel Steuerberater. Oder Führungskräftetrainer. Oder Handwerker. Und diese tauschen sie ungern aus, wenn sie mit deren Leistung einigermaßen zufrieden sind.

 

Deshalb können Sie mit Standardprodukten bzw. -leistungen bei Noch-nicht-Kunden in der Regel nicht punkten – außer Sie agieren mit Dumping-Preisen am Markt. Anders sieht dies bei Leistungen aus, die zum Beispiel die Personalentwicklung oder das Projektmanagement des Unternehmens abrunden oder ergänzen. Welche Produkte dies sein könnten, hier ist Ihre Phantasie und Kenntnis Ihrer Zielgruppe gefragt.

 

  1. Analysieren Sie vorab, bei welchen Unternehmen Sie realistische Erfolgsaussichten haben.

Die meisten Selbstständigen gehen bei der Neukundenakquise wenig zielgerichtet vor. Fragt man sie „Warum kontaktieren Sie gerade dieses Unternehmen?“, können sie dies meist nicht begründen. Überlegen Sie sich, bevor Sie loslegen, genau: Bei welchen Unternehmen habe ich eine realistische Chance, einen Auftrag zu erlangen? Zum Beispiel aufgrund meiner Biografie? Oder der Projekte, die ich durchgeführt habe? Oder der Referenzkunden, die ich habe?  Oder der Struktur der Unternehmen, für die ich bisher tätig war? Oder …?

 

Dies ist jedoch nur der erste Schritt. Wenn Sie Ihr „Beuteschema“ formuliert haben, sollten Sie aus den Kriterien, über die Sie Ihre Zielkunden bestimmt haben, Kaufargumente für sich ableiten – also Argumente, warum sich Ihre Zielkunden gerade für Sie und nicht für Mitbewerber entscheiden sollten. Ein solches Kaufargument kann sein: „Herr Huber, ich habe zehn Jahre multinationale Großprojekte gemanagt, die hochpolitisch waren. Deshalb …“. Oder: „Frau Mayer, unsere Büros sind nur zwei Kilometer von einander entfernt. Entsprechend schnell bin ich da, wenn …“. Oder: „Herr Wagner, ich arbeite seit 15 Jahren für Filialisten, deren Mitarbeiter weitgehend Teilzeitkräfte sind. Deshalb ….“.

 

Solche handfesten Kaufargumente brauchen Sie in allen Phasen des Marketing- und Vertriebsprozesses – egal ob Sie Werbebriefe schreiben oder nach einer Präsentation Mitbewerber aus dem Rennen werfen möchten.

 

  1. Gehen Sie keine Umwege, sprechen Sie Ihre Zielkunden direkt an.

Viele Selbstständige sind im Verkauf sehr inaktiv. Sie schalten lieber Anzeigen – und warten dann darauf, dass potenzielle Kunden sie anrufen. Oder sie lancieren PR-Artikel – und warten darauf, dass Noch-nicht-Kunden sie nach deren Lektüre anrufen. Oder sie versenden Werbebriefe – und warten darauf, dass Interessenten sie kontaktieren.

 

All diese Marketingmaßnahmen sind gut und richtig, wenn Sie Ihren Markt langfristig mit System bearbeiten möchten. Doch wenn in Ihrem Auftragsbuch große Löcher klaffen, haben Sie für einen solchen „Schnickschnack“ keine Zeit. Dann dürfen Sie keine Umwege gehen. Dann sollten Sie direkt auf Ihre Zielkunden losgehen und bei ihnen sozusagen mit der Tür ins Haus fallen. Entweder, indem Sie tatsächlich bei Kunden, die in Ihrer Nähe ihr Domizil haben, an die Tür klopfen, oder indem Sie zum Telefonhörer greifen und zum Kunden sagen „Guten Tag, hier bin ich. Ich möchte …“.

 

 

Aktiv verkaufen kann ganz einfach sein

 

Viele Selbstständige werden nun zusammenzucken, denn sie wollen auf keinen Fall wie (telefonische) Klinkenputzer wirken. Doch am Klinken-Putzen führt, wenn kurzfristig Aufträge her müssen, kein Weg vorbei. Doch keine Angst: Aktiv verkaufen kann ganz einfach sein. Das sei an zwei Beispielen illustriert.

 

Beispiel 1: Der Inhaber eines Beratungsunternehmens in Baden-Württemberg hat ein ganz einfaches, jedoch effektives Konzept zur Neukundenakquise: „Morgens Kaffeetrinken und die Lokalzeitung lesen“. Liest er in der Zeitung zum Beispiel, dass das örtliche Kaufhaus eine neue Abteilung eröffnet, dann überlegt er sich, welche Probleme hieraus resultieren könnten. Zum Beispiel das Suchen und Integrieren neuer Mitarbeiter, veränderte Abläufe … Anschließend ruft er dessen Inhaber oder Geschäftsführer an und sagt zu ihm, er habe gelesen, dass sein Unternehmen eine neue Abteilung eröffne. Damit verbunden seien vermutlich folgende Herausforderungen:… Ob der Inhaber interessiert sei, sich mit ihm mal zu treffen. Und wenn der Inhaber nicht zu sprechen ist? Dann schreibt der Berater ihm einen Brief, in dem selbstverständlich auch steht: „Ich rufe Sie am …. an, um …“

 

So verfährt der Berater auch, wenn er in der Zeitung liest, dass ein Unternehmen Mitarbeiter einstellt oder entlässt. Oder, dass dessen Umsätze stiegen oder sanken. Jeden Morgen, so der Berater, stünden in seiner Lokalzeitung so viele Anlässe, Unternehmen zu kontaktieren, dass er sich überlegen müsse: Will ich dieses Unternehmen überhaupt als Kunden haben?

 

Der Vorteil dieses Vorgehens: Der Berater

  • braucht keine aufwändigen Werbemittel,
  • muss sich eigentlich nie gegen Mitbewerber durchsetzen und
  • kann stets Referenzkunden vorweisen, die in der Region jeder kennt.

Zudem kann der Berater stets darauf hinweisen, dass sich sein Büro sozusagen „ums Eck“ befindet. Deshalb sei es für beide Seiten ein geringer Aufwand, sich mal auf eine Tasse Kaffee zu treffen. Das senkt die Hemmschwelle der Kunden zu sagen: „Dann schauen Sie mal vorbei“.

 

Beispiel 2: Ein Frankfurter IT-Dienstleister konzentriert seine Neukundenakquise ganz auf das Gewerbegebiet Frankfurt-Niederrad, in dem Hunderte von Unternehmen und Verbänden ihre Büros haben. Wenn er zwischen zwei Terminen Zeit hat, klappert er gezielt Büro für Büro, Stockwerk für Stockwerk, Bürogebäude für Bürogebäude ab. Er stellt sich, sofern möglich, dem Chef des jeweiligen Unternehmens vor, wenn nicht, plaudert er mit dessen Sekretärin. Er erläutert, was sein Unternehmen macht, und dass er und seine Mitarbeiter sozusagen den ganzen Tag in dem Gebiet unterwegs sind. Deshalb seien sie bei Problemen sofort da. So erschließt sich der IT-Dienstleister Büro für Büro immer neue Kunden, ohne einen Cent in die Akquise zu investieren. Er investiert jedoch Zeit.

 

Gemeinsam ist diesen Konzepten: Sie zielen darauf ab, mit den potenziellen Neukunden möglichst schnell in persönlichen Kontakt zu treten – jedoch nicht, indem die Selbstständigen mit potenziellen Kunden Golf spielen. Nein! Sie gehen direkt auf ihre potenziellen Kunden zu und sagen: „Hier bin ich, und ich habe etwas, das Ihnen einen Nutzen bietet, und das möchte ich Ihnen verkaufen.“ Auch diese Klarheit und Direktheit schafft Vertrauen.

Bernhard Kuntz

 

Zum Autor: Bernhard Kuntz, Darmstadt, ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Bildungs- und Beratungsanbieter beim Vermarkten ihrer Leistungen unterstützt. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ und „Fette Beute für Trainer und Berater“ sowie des PR-Ratgebers „Warum kennt den jeder?“ (Homepage: www.die-profilberater.de).

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