Größter Umbruch in der Menschheitsgeschichte

Funktioniert der Versicherungsabschluss über Alexa? Und welche Voraussetzungen muss ein Versicherer erfüllen, um das überhaupt möglich zu machen?

Umfragen belegen immer wieder, dass die Menschen Sprachassistenten oder die Recherche im Internet zur ersten Informationsgewinnung nutzen; beim Abschluss der Police aber lieber einem persönlichen Berater den Vorzug geben. Wird das nicht immer ein Hindernis für den reinen Online-Abschluss bleiben?
Nein. Der reine Online-Abschluss ist doch bereits Realität. 70 bis 80 Prozent unserer Kunden generieren wir über den Online-Vertrieb.

Die Deutsche Familienversicherung bietet den Vertragsabschluss über Alexa an. Welche Vorbereitungen waren dafür nötig?
Bereits 2017 waren wir die ersten, die Alexa zur Produktberatung einsetzten. Gleichzeitig hatten wir die Idee, Alexa nicht nur für die Beratung, sondern auch für den Verkauf von Versicherungen einzusetzen. Seit Mai 2017 diskutierten wir intensiv mit Amazon in Seattle, Berlin und Luxemburg, um sie zu überzeugen. Dank unserer eigenen IT-Plattform, einem modernen Event- und Java-basierten Portfoliomanagementsystem, ist es uns dann endlich gelungen, den volldigitalen Vertragsabschluss mit Amazon gemeinsam zu realisieren. Kunden können sich nun nicht nur von Alexa beraten lassen, sondern innerhalb weniger Sekunden gleichzeitig eine Versicherung abschließen. Wir haben im November 2018 mit unserer Auslandsreisekrankenversicherung begonnen, im Dezember 2018 unsere Haftpflichtversicherung ebenfalls implementiert und werden nach und nach die Produkte aus der „16er Matrix Kranken“ und der „16er Matrix Sach“ hinzufügen.

Wie läuft es bisher?
Die Zahl derjenigen, die Alexa & Co. täglich nutzen, ist noch verhältnismäßig gering. Aber vor zehn Jahren war das meistverkaufte Handy am Markt auch noch ein Nokia-Gerät. Ich glaube, dass die gesamte Digitalisierung für den größten Umbruch in der Menschheitsgeschichte sorgen wird – und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Versicherungswirtschaft von diesem massiven Veränderungsprozess verschont bleibt.

Sie setzen in der Schadensregulierung künstliche Intelligenz ein. Wie funktioniert das?
Die Digitalisierung in der Versicherungsbranche beginnt beim Produkt. Ein Versicherungsprodukt, das dies nicht leisten kann, macht alle weiterführenden Digitalisierungsprozesse obsolet. Deswegen verwenden wir beispielswiese ICD-10-Codes. ICD-10-Codes sind die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. Dies ist das wichtigste, weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen und wird von der Weltgesundheitsorganisation herausgegeben. Im Rahmen der Digitalisierung der Schaden- und Leistungsregulierung hat die Deutsche Familienversicherung entdeckt, dass durch das Auslesen der ICD-10-Codes, welche sich auf jeder Krankenhaus- und Arztrechnung befinden, eine volldigitale, sogenannte Dunkelverarbeitung, möglich ist.

Wie macht sich das im Alltag bemerkbar?
Im Bereich des Schadenmanagements können wir mit Hilfe von künstlicher Intelligenz Prozesse in Echtzeit abwickeln. Im Bereich der Zahnzusatzversicherung liegt die Rekordbearbeitungszeit einer Schadenregulierung zum Beispiel bei 45 Sekunden. Außerdem sind Produktänderungen sehr schnell umsetzbar, beziehungsweise können wir in nur wenigen Wochen neue Produkte auf den Markt bringen.

Welche Bereiche kann man als Versicherer sinnvollerweise automatisieren? Wo sind weiter Menschen gefragt?
Es gibt im Bereich der Produktentwicklung oder des Aktuariats sicherlich gewisse unüberwindbare Hürden – seien es regulatorische oder technologische. Aber im Grunde genommen kennt die Digitalisierung keine Grenze, sondern alles was durch Binärcodes dargestellt werden kann, wird in Zukunft digitalisiert werden.

Sie sind 2018 mit der DFV an die Börse gegangen. Was erhoffen Sie sich durch diesen Schritt?
Lassen Sie mich dazu einige unserer Pläne skizzieren: Mit einer skalierbaren, selbst programmierten digitalen IT-Plattform ist die DFV auf den Vertrieb und das Bestandsmanagement von Kranken- und Sachzusatzversicherungen spezialisiert. Der Einsatz von Amazon Echo, moderner Zahlungsmethoden und die Implementierung von künstlicher Intelligenz ermöglichen schnelle und hocheffiziente Prozesse. Unsere Produkte schneiden zudem bei Stiftung Warentest sehr gut ab. Auf dieser Basis und mit dem Erlös von rund 52 Millionen Euro aus dem Börsengang, wollen wir mehr in Umsatz und Wachstum investieren.

Um Ihnen Zahlen zu geben, die unsere Wachstumsabsichten veranschaulichen: Im Jahr 2017 haben wir netto etwa 40.000 Neukunden gewonnen; im Jahr 2018 waren es etwas über 50.000 Neukunden; im Jahr 2019 wollen wir das Ergebnis von 2018 verdoppeln und 100.000 Neukunden gewinnen. Auf dieser Basis streben wir an, im Segment der Krankenzusatzversicherungen – in Bezug auf das Neugeschäft – Marktführer in Deutschland zu werden. Wir wollen aber auch unser Produktportfolio erweitern und neue Versicherungsprodukte einführen, wie zuletzt die Tierkrankenversicherung Petprotect.

Wie wollen Sie das Ziel der 100.000 Neukunden konkret erreichen?
Wir setzen auf einen hoch skalierbaren Vertriebsmix: 70 bis 80 Prozent unserer Kunden generieren wir über den Online-Vertrieb, weitere 15 bis 20 Prozent über Kooperationen und 5 bis 10 Prozent über Makler. Möglich ist das, weil wir regelmäßig Bestnoten von Stiftung Warentest für unsere Produkte bekommen. Dieses Jahr erst wurde der DFV-Zahnschutz beispielsweise zum vierten Mal in Folge Testsieger im Bereich der Zahnzusatzversicherungen. Auch die DFV-Deutschlandpflege, der DFV-Klinikschutz und das DFV-Krankengeld sind Testsieger. Mit diesen Policen sowie einer volldigitalen Customer Journey gewinnen wir die Kunden für uns.

Schreibe einen Kommentar