Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar
Nachhaltigkeit scheint immer noch ein Kompromiss zu sein. Das ist deutlich sichtbar anhand des ersten Klimapaketes der Bundesregierung. Doch warum besteht in manchen Teilen der Bevölkerung immer noch eine Abneigung gegen einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft? Was oft als eine ökologische Krise betitelt wird, ist auch eine ökonomische Krise. In der öffentlichen Debatte wird viel zu wenig auf die langfristigen wirtschaftlichen Chancen einer nachhaltigen Handlungsweise eingegangen. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars warum nachhaltige Technologien nicht nur gut für die Umwelt sind, sondern auch der Innovations- und Wirtschaftskraft erheblichen Auftrieb verleihen.
Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor verharrt weiterhin im negativen Bereich und steht aktuell bei – 0,403%. Die EZB wird Ihre Geldpolitik weiter lockern. Bis Mitte 2020 erwarten wir deshalb einen weiteren leichten Zinsrückgang in Richtung – 0,50%.
Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz steht derzeit bei -0,01%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir eher mit negativen, 10-jährigen SWAP-Sätzen.
Nachhaltigkeit als Chance verstehen
Grundsätzlich lässt sich das Problem der globalen Klimakrise durch ein simples ökonomisches Konzept aus den 60er-Jahren erklären: Der Tragik der Allmende (engl. tragedy of the commons). Demnach sind für die Allgemeinheit freiverfügbare Güter von Übernutzung gefährdet. Dies lässt sich anhand einer mittelalterlichen Dorfgemeinschaft, in der manche Agrarflächen für die Allgemeinheit frei zur Verfügung standen, versinnbildlichen. So entsteht die Tragik der Allmende, wenn jeder Bauer versucht sein Vieh so lange wie möglich auf der Wiese grasen zu lassen, um seinen eigenen Nutzen zu maximieren. Da sich aber niemand um die Pflege des Bodens kümmert, wird die Fläche langfristig unbrauchbar und die Tiere verenden. Freiverfügbare Güter müssen also immer in irgendeiner Form eingeschränkt werden, um den dauerhaften Bestand zu garantieren. Ähnlich verhält es sich mit den Ressourcen dieser Erde. Sicherlich ist die Erde kein freizugänglicher Supermarkt an dem sich jeder bedienen kann wie er will. Dennoch sind die Einschränkungen unter denen wir leben zu locker, als dass sie das langfristige Fortbestehen der Erde sichern. Einen großen Beitrag zur Minimierung von Einschränkungen können Technologien leisten. Beispielsweise könnten Algorithmen bestimmen, welcher Bauer mit wie viel Vieh und wie lange auf der Wiese verweilen darf. Derartige Innovationen tragen wesentlich zu der Maximierung des Allgemeinwohls bei. Außerdem können Auseinandersetzungen zwischen den Bauern über die Nutzung der Freiflächen entstehen. Ähnlich verhält es sich bei Konflikten um Ressourcen wie Wasser, Öl, oder auch Sand. Es wird oft vergessen, dass Unternehmen auf „gesunde“ Volkswirtschaften ohne große soziale Zerwürfnisse angewiesen sind.
Nachhaltigkeit wird schlichtweg der Treiber des nächsten Innovationszyklus sein – derzeit sind es noch Informationstechnologien. Im Fokus werden dabei vor allem Ressourceneffizienz und erneuerbare Energien stehen. Hierbei geht es nicht nur um Innovationen im Technologiebereich, sondern auch um Veränderungen in Geschäftsmodellen, wie z.B. Circular Economy oder Sharing Economy. Unternehmen, die schon heute einen derartigen Wandel vollziehen, werden zukünftig einen Wettbewerbsvorteil haben. Die bevorstehende Transformation bedarf öffentlicher Investitionen und Anreize für private Investitionen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat jedoch den idealen Rahmen geschaffen, um Investitionsprogrammen voranzutreiben. Das könnte auch der Wirtschaft zu Gute kommen und den Sparern wieder Mut machen, dass die Zinsen steigen.