Dauerhaft Negativzinsen – systemische Risiken steigen!

Am 19. Dezember 2019 beschloss die schwedische Zentralbank den Leitzins von minus 0,25 auf null Prozent anzuheben. Dies geschah nicht um einer Überhitzung der schwedischen Wirtschaft entgegenzutreten, sondern um den unerwünschten Nebenwirkungen einer Negativzinspolitik Einhalt zu gebieten. Negativzinsen scheinen langfristig mehr Schaden anzurichten, als dass sie helfen. Doch was bedeutet das für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB)? Ist nun eine Zinserhöhung wahrscheinlicher? Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, ob die EZB dem Vorbild aus Schweden folgen wird.

Markt-Monitoring und Ausblick

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor verharrt weiterhin im negativen Bereich und steht aktuell bei – 0,395%. Die EZB wird Ihre Geldpolitik weiter lockern. Bis Mitte 2020 erwarten wir deshalb einen weiteren leichten Zinsrückgang in Richtung – 0,50%.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz steht derzeit bei 0,13%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir eher mit negativen, 10-jährigen SWAP-Sätzen.

Dauerhaft Negativzinsen – systemische Risiken steigen!

Die schwedische Zentralbank begründete die Zinsanhebung mit der Erholung der Inflationsrate. Doch das sieht nicht jeder so. Einige Marktteilnehmer interpretieren den Schritt als Maßnahme, um die Risiken von Negativzinsen zu minimieren. Dies liegt vor allem an dem gewählten Zeitpunkt der schwedischen Zentralbank, denn die derzeitige konjunkturelle Entwicklung ließ eher auf eine Zinssenkung hindeuten. Wie sich die Zinsanhebung tatsächlich auf die schwedische Wirtschaft auswirken wird, zeigt sich in den nächsten Monaten. Die EZB sollte genau beobachten welche Schlüsse aus dem schwedischen Beispiel gezogen werden müssen.

Zunächst wird der EZB-Rat an acht Terminen in diesem Jahr zusammenkommen, um über mögliche Maßnahmen zu beraten (Vgl. Abbildung 1). Der erste Termin ist bereits am 23. Januar 2020. Derzeit deutet noch nichts auf eine mögliche Zinsanhebung hin. Auch wenn für dieses Jahr die Wachstumsaussichten positiv sind, erwartet die EZB lediglich eine durchschnittliche Dauerhaft Negativzinsen – systemische Risiken steigen! Inflationsrate von 1,2 Prozent. Damit bleibt das Inflationsziel von zwei Prozent weiterhin unerreicht. Zwar wird immer häufiger eine mögliche Anpassung des Inflationsziels diskutiert, dennoch stellt eine derartige Veränderung der geldpolitischen Ausrichtung ein absolutes Novum dar. Es ist fragwürdig, ob die EZB diesen Schritt wagen wird.

Abbildung 1: Termine der EZB für geldpolitische Entscheidungen

20200114 Abbildung 1

Quelle: EZB (2020)

Darüber hinaus ist die EZB das letzte Jahrzehnt immer mehr in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt. Und genau das könnte zum Problem werden, sollte die Geldpolitik der EZB für soziökonomische Verwerfungen verantwortlich gemacht werden, wie z.B. für steigende Mieten oder die wachsende Schere zwischen Arm und Reich. Zwar betont die EZB immer wieder ihre Unabhängigkeit, dennoch könnte der gesellschaftliche Druck weiter wachsen und damit die EZB in Bredouille bringen. Ein mögliches Szenario wären landesweite Protestzüge gegen die Geldpolitik der EZB. Auch wenn ein solches Szenario unwahrscheinlich scheint, wird die EZB zukünftig an ihrem Image arbeiten müssen. Um systemische Risiken zu vermeiden, muss die EZB ihre Geldpolitik überdenken!

Schreibe einen Kommentar