Manchmal geht es ohne Anwalt oder Mediator – leider – einfach nicht

 

Zuweilen sind Situationen bzw. Konflikte mit anderen Personen oder Organisationen so verfahren, dass man sie ohne externe Unterstützung – zum Beispiel durch einen Anwalt oder Mediator – nicht lösen kann.

So erging es mir, als Inhaber einer GmbH, in den zurückliegenden zwei Monaten nach unserem Umzug in der Auseinandersetzung mit dem Vermieter unseres alten Büros. Unsere Auffassungen darüber, welche Renovierungsarbeiten wir bis zum Auslaufen des Mietvertrags zum 31. Dezember 2021 der Büroräume, die wir 16 Jahre zuvor völlig unrenoviert übernommen hatten, noch zu erledigen hätten, gingen so weit auseinander, dass mir klar war: Wir werden bei einem Übergabetermin keine Einigung erzielen. Vielmehr wird die Situation bei einem persönlichen Aufeinandertreffen eskalieren, da unsere schriftliche und telefonische Kommunikation immer mehr emotionale Seitenhiebe gegen den jeweils anderen enthielt.

Erkenntnis: „Ich brauche eine Unterstützung“

Deshalb wuchs in mir die Überzeugung: „Alleine schaffe ich es nicht! Ich brauche eine professionelle Unterstützung, um diese „Baustelle“ – wie gewünscht – bis zum Jahresende zu schließen; sonst schlage ich mich auch 2022 noch mit endlosen (juristischen) Streitereien mit meinem Ex-Vermieter herum.

Also engagierte ich auf Empfehlung einer Bekannten die Darmstädter Rechtsanwältin Barbara Riegel als Unterstützerin und erteilte ihr den Auftrag, bei dem Übergabetermin die Verhandlung mit dem Vermieter stellvertretend für mich zu führen, mit dem Ziel eine Einigung in meinem Sinne herbeizuführen. Denn mir war klar (gerade, weil ich bereits viele Artikel zum Thema Verhandlungsführung für Kunden meiner PR-Agentur redigierte und in Zeitschriften platzierte): Ich werde dazu nicht in der Lage sein – unter anderem weil mir, wenn der Vermieter im Gespräch zu viele emotionale Angriffe startet, irgendwann der Kragen platzt.

Verhandlungsziele und -strategie formuliert

Zur Vorbereitung des Übergabetermins bzw. der dort stattfindenden Verhandlung traf ich mich mit Frau Riegel  zu einem Vorgespräch. In ihm definierte sie im Dialog mit mir u.a. die Verhandlungsziele und welche Zugeständnisse ich eventuell bereit wäre, dem Vermieter zu machen, um diese zu erreichen.

Zudem gab sie mir Verhaltenstipps bzw. -anweisungen für den Übergabetermin; so zum Beispiel:

  • „Mischen Sie sich nicht in die Verhandlung ein – halten Sie am Besten einige Meter Abstand, damit Sie zwar hören, was wir besprechen, aber Herrn … nicht unmittelbar gegenüber stehen. Denn ich führe die Verhandlung stellvertretend für Sie.“ Und:
  • „Bringen Sie, sofern möglich, einen Architekten zum Übergabeterm mit, der den Zustand der Räume dokumentiert und fotografiert, für den Fall, dass die Verhandlung scheitert.“

Für einen echten Anwalt gibt es keine Bagatellsachen

Zum Übergabetermin erschien ich denn auch in Begleitung meiner Rechtsanwältin und eines befreundeten Architekten, was meinen Vermieter offensichtlich überraschte. Noch überraschter reagierte er, als er nach der Begrüßung auf der Visitenkarte meiner Rechtsanwältin las: „Barbara Riegel – Rechtsanwältin; Fachanwältin für Versicherungsrecht & Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht“.

Dies veranlasste ihn zum sarkastischen  Kommentar: „Dann befassen Sie sich normalerweise vermutlich nicht mit solchen Bagatellsachen“. Daraufhin erwiderte meine Anwältin trocken: „Für mich gibt es als Anwältin keine Bagatellsachen, sondern stets nur Anliegen meiner Mandanten.“ Danach begann die Verhandlung zwischen meiner Anwältin und meinem Vermieter, der ich aus einer gewissen Distanz lauschte. Dabei war es für mich interessant live mitzuerleben, was es heißt, hart oder genauer gesagt gezielt zu handeln.

Es war spannend, eine „harte“ Verhandlung live zu erleben

So beeindruckte mich zum Beispiel, wie Frau Riegel das Gespräch immer wieder in ruhige Bahnen lenkte – zum Beispiel, indem sie zum Vermieter sagte: „Das ist Ihre Sicht der Dinge. Doch lassen Sie uns mal in Paragraph … des Mietvertrags schauen. Dort steht ….“  Außerdem wie sie das Gespräch führte, indem sie mal einen etwas schärferen Ton wählte, um ihrem Gegenüber zu signalisieren „Stopp, nun gehen Sie zu weit“ und mal – aus meiner Warte – bewusst ein Lachen in die Konversation einflocht, um die Gesprächssituation wieder zu entspannen.

Dabei zeigte es sich für mich deutlich: Frau Riegel ist es gewohnt, nicht nur über deutlich komplexere Sachverhalte zu verhandeln, sondern auch mit routinierteren Verhandlern als dies mein Vermieter, ein erfahrener Unternehmensberater, ist. So zum Beispiel, wenn sie zum Wohl ihrer Mandanten mit den Rechtsabteilungen oder Rechtsanwälten von Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften eine gerichtliche oder

außergerichtliche Einigung herbeiführen möchte.

Das Herz rutschte mir zuweilen in die Hosentasche

Dabei rutschte mir, ob ihrer Verhandlungsführung – das gestehe ich – ein, zwei Mal das Herz in die Hosentasche. So zum Beispiel als meine Anwältin, als der Vermieter kein Entgegenkommen zeigte, erklärte: „Dann betrachte ich den Übergabetermin als gescheitert. Deshalb fordere ich Sie auf, unmittelbar die Heizkörper, die Sie bereits widerrechtlich in den noch vermieteten Büroräumen gelagert haben, zu entfernen, so dass …“. Als ich dies hörte, dachte ich „Das darf nicht wahr sein“, denn dass der Übergabetermin platzt, das wollte ich keinesfalls. Vielmehr wollte ich „die Kuh ja vom Eis kriegen“, damit ich mich 2022 nicht noch weiter mit dem Problem herumschlagen muss.

Nach dieser Aussage von Frau Riegel erbat sich mein Noch-Vermieter einige Minuten Bedenkzeit und zog sich ins benachbarte Wohnhaus zurück – vermutlich um sich dort nun seinerseits telefonisch mit seinem Anwalt zu beraten. Nach 10, 15 Minuten kehrte er jedoch zurück und erklärte sich nun bereit, das von Frau Riegel vorformulierte Übergabeprotokoll zu unterschreiben, sofern ich ihm noch ein, zwei Zugeständnisse machen würde, die ihm offensichtlich „emotional“ oder zur Geschichtswahrung wichtig waren.

Hurra, eine emotional belastende Baustelle ist geschlossen

Hierzu erklärte ich mich bereit, so dass, nachdem meine Anwältin das Protokoll entsprechend ergänzt hatte, wir beide – also mein Noch-Vermieter und ich – das Protokoll unterschrieben. In ihm wurde der Mietvertrag zum 30.12. 2021 für beendet erklärt und zwar ohne, dass mein Unternehmen bzw. ich noch irgendwelche (finanziellen) Forderungen des Vermieters erfüllen müssen. Danach überreichte Frau Riegel dem Vermieter die Büroschlüssel und ließ sich deren Erhalt quittieren.

Zum Abschied konnte sich mein nun Ex-Vermieter jedoch folgende Bemerkung gegenüber Frau Riegel nicht verkneifen: „Ich hoffe, Sie schreiben Herrn Kuntz für Ihre Leistung nun eine saftige Rechnung.“ Daraufhin erwiderte mein Rechtanwältin sachlich: „Ja, meine Leistung hat ihren Preis. Doch meine Rechnung wird angemessen sein.“

Für mich hat sich das Engagement von Frau Riegel auf alle Fälle gelohnt – inwieweit finanziell, das weiß ich noch nicht, da ich ihre Rechnung noch nicht erhalten habe. Aber auf alle Fälle hat sie für mich ein Problem gelöst, das ich alleine nie hätte lösen können, und das mich in den letzten Monate nicht nur viel Zeit kostete, sondern auch emotional belastete, so dass ich nun mit einer (Dauer-)Baustelle weniger ins Jahr 2022 gehe. Hierfür danke ich ihr.

7 Regeln für das Führen harter Verhandlungen

Zudem führte mir ihre Verhandlung nochmals bildhaft vor Augen, wie wichtig beim Verhandeln mit „schwierigen Partner“ das Beachten folgender Regeln ist:

  1. Unterschätze nie Deinen „Gegner“. Stelle Dich darauf ein, dass auch er sich gezielt auf die Verhandlung vorbereitet.
  2. Bereite Dich umfassend und gezielt auf die Verhandlung vor. Definiere u.a. Deine Verhandlungsziele und was Du Deinem Gegenüber u.a. offerieren kannst, um Deine Verhandlungsziele zu erreichen.
  3. Suche Dir bei Bedarf eine professionelle Unterstützung – z. B, wenn ansonsten aufgrund der emotional verhärteten Fronten eine Eskalation der Situation droht.
  4. Schrecke nicht davor zurück, gegebenenfalls mit einem Abbruch der Verhandlungen zu drohen – z.B. wenn sich die Verhandlung nicht als ein wechselseitiges Geben und Nehmen erweist.
  5. Verliere in dem Verhandlungsprozess nie Dein Ziel aus den Augen – zum Beispiel, wenn Dein Gegenüber unsachlich argumentiert oder emotionale Angriffe startet.
  6. Verspreche Deinem Gegenüber nie etwas definitiv, solange noch Verhandlungspunkte offen sind. Solange dies der Fall ist, stehen alle Absprachen, Zugeständnisse usw. unter Vorbehalt.
  7. Zeige keine Triumpfgefühle, wenn Du die Verhandlungen aus Deiner Warte als Sieger verlässt. Gönne Deinem Gegenüber das Gefühl, geschickt verhandelt zu haben. Nach jeder Verhandlung sollten beide Verhandlungspartner unter Wahrung ihres Gesichts und mit erhobenem Kopf den Raum verlassen können – schließlich begegnet man sich im Leben oft zwei Mal.

Bernhard Kuntz

Zum Autor: Bernhard Kuntz ist der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Bildungs- und Beratungsanbieter beim (Online-)Marketing unterstützt (Internet: www.die-profilberater.de). Er ist Autor u.a. der Marketing-Bücher „Die Katze im Sack verkaufen“, „Fette Beute für Trainer und Berater“ und „Warum kennt den jeder?“.

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