„Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird nicht reichen – Brüssel plant auch tiefgreifende Reformen im Steuer- und Insolvenzrecht.
„Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten

Brüssel will Firmen in Europa halten und verspricht Kapital, Reformen und Tempo

Die Europäische Union plant einen neuen öffentlichen-private Fonds, mit dem wachstumsstarke Technologieunternehmen gefördert und am Standort Europa gehalten werden sollen. Die EU-Kommission würde sich im Rahmen dieser Initiative direkt an Tech-Firmen beteiligen, gemeinsam mit Wagniskapitalgebern.

Im Fokus stehen sogenannte Schlüssel- und Hochrisikotechnologien, darunter künstliche Intelligenz, Quantencomputing, Kryptografie, Biotechnologie, 3D-Druck sowie moderne Fertigungs- und Werkstofftechnologien, wie die irische Zeitung Business Post berichtet.

Konkrete Summen wurden bislang nicht genannt. Ziel sei es jedoch, ein Vielfaches der EU-Beiträge aus der Privatwirtschaft – insbesondere von großen Pensionsfonds – einzuwerben.

Inspiration: EIC-Innovationsfonds mit 10 Milliarden Euro

Der neue Fonds soll sich am bestehenden European Innovation Council (EIC) orientieren, der seit 2018 über ein Volumen von zehn Milliarden Euro verfügt und Start-ups mit Eigenkapital oder Zuschüssen von bis zu 30 Millionen Euro unterstützt.

Beispielhaft nennt die Kommission drei irische Unternehmen – das Meeresforschungsunternehmen Technology from Ideas sowie die MedTech-Start-ups Versono Medical und Nemysis –, die bereits von einem Accelerator-Programm des EIC mit insgesamt 22,5 Milliarden Euro profitiert hätten.

Gesetzesreformen sollen Gründungen erleichtern und Verlagerung verhindern

In einem aktuellen Strategiepapier zu Start-ups und Scale-ups appelliert die Kommission an europäische Technologieunternehmen, Europa treu zu bleiben und sich nicht ins Ausland zu orientieren. „Choose Europe“ lautet der Leitsatz.

Um Gründer zu überzeugen, kündigt die Kommission umfassende politische Maßnahmen an: Steuer-, Arbeits- und Insolvenzrecht sollen reformiert und Unternehmensgründungen deutlich beschleunigt werden – mit dem Ziel, neue Firmen innerhalb von 48 Stunden registrieren zu können.

Diese Maßnahmen sind Teil eines geplanten „28. Rechtsregimes“ für innovative Unternehmen unter der Federführung des EU-Kommissars Michael McGrath. Die Veröffentlichung der Vorschläge ist jedoch erst für Anfang nächsten Jahres vorgesehen.

Eine der diskutierten Optionen ist die steuerliche Gleichstellung von Mitarbeiteraktienoptionen, um Start-ups im globalen Wettbewerb attraktivere Vergütungspakete zu ermöglichen. Derzeit gelten große Unterschiede im Steuer- und Insolvenzrecht als „massives Problem“ für Gründer, so ein hochrangiger EU-Beamter.

Deutschlandbezug: Kapital, Talente und Standortbindung im Fokus

Auch deutsche Start-ups sind betroffen: In den vergangenen Jahren ist ein signifikanter Teil vielversprechender Gründungen in die USA abgewandert – auf der Suche nach Kapital, günstigeren Rechtsrahmen und besseren Skalierungsmöglichkeiten. Von den in der EU gegründeten „Unicorns“ (Milliardenunternehmen) verließen rund ein Drittel Europa, so die Kommission.

Weltweit haben nur 8 Prozent aller Scale-ups ihren Sitz in der EU, während 60 Prozent den Standort USA oder Kanada bevorzugen. Für die EU ist das ein alarmierendes Signal – insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele dieser Firmen ursprünglich aus Ländern wie Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden stammen.

ündet werden, müssen auch in Europa wachsen“, erklärte der zuständige Kommissionsvizepräsident Stéphane Séjourné.

Fazit: Kapital allein reicht nicht – die EU muss Strukturen modernisieren

Der angekündigte Scale-up-Fonds ist Teil einer ganzen Reihe von Strategiepapieren, mit denen Brüssel die Wettbewerbsfähigkeit der EU stärken will. Neben Finanzierungsinstrumenten geht es um Deregulierung, Steuerharmonisierung und Innovationsförderung. Doch klar ist auch: Kapital wird nur dann im Binnenmarkt bleiben, wenn strukturelle Reformen und regulatorische Erleichterungen tatsächlich umgesetzt werden – schnell und einheitlich.

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