CATL erobert Europa – Wie der Batterie-Gigant die Autobranche erobert

Volkswagen, BMW, Mercedes und Stellantis – sie alle sind abhängig von CATL-Batterien. Während der chinesische Weltmarktführer in Thüringen bereits produziert, entstehen in Ungarn und Spanien neue Fabriken. China erobert mit Milliardeninvestitionen Europas Schlüsselindustrien, doch die EU streitet lieber über CO₂-Ziele und Zölle. Das Machtvakuum wird zur Gefahr.
CATL erobert Europa - Wie der Batterie-Gigant die Autobranche erobert

CATL erobert Europa: Thinktanks schlagen Alarm

Der erfolgreiche Börsengang des chinesischen Batterie-Giganten CATL demonstriert eindrucksvoll die internationale Schlagkraft chinesischer Mobilitätskonzerne. Zwei renommierte Thinktanks warnen: Der europäischen Industrie droht die schleichende Auszehrung. Sie haben recht – aber nur teilweise.

Nach dem bislang größten Börsengang des Jahres weltweit zeigt sich einmal mehr: Die Idee, Chinas globale Industrieexpansion eindämmen zu wollen, überzeugt immer weniger. CATL – weltweiter Marktführer für Lithium-Ionen-Batterien – nahm beim sogenannten Dual-Listing in Hongkong 4,6 Milliarden US-Dollar ein. Mit dem frischen Kapital soll ein neues Werk in der EU entstehen. Der Aktienkurs stieg um 18 Prozent. Die Nachfrage war riesig – sowohl bei institutionellen als auch bei privaten Anlegern.

Ein nüchterner Blick offenbart: Durch solche Investitionen könnte China bis 2030 einen Anteil von fast 40 Prozent an der in der EU installierten Batteriekapazität erreichen – und damit Südkorea als führenden Akteur ablösen. Politisch und militärisch ist Seoul der EU eng verbunden, doch nun droht ausgerechnet Chinas Industrie – und damit der größte Partner unseres geopolitischen Gegners – in einer Schlüsselbranche die Vormachtstellung zu übernehmen. Ein beunruhigender Widerspruch?

Zwei einflussreiche Denkfabriken – das polnische Zentrum für Osteuropastudien (OSW) und der in Berlin ansässige European Council on Foreign Relations (ECFR) – veröffentlichten jüngst eine gemeinsame Analyse mit dem Titel: „Electric shock: The Chinese threat to Europe’s industrial heartland“. Die Kernaussage: Die technologische Überlegenheit chinesischer Hersteller, flankiert durch massives staatliches Engagement, stelle ein existenzielles Risiko für Europas Schlüsselindustrie dar – und damit letztlich auch für die Innovationskraft des gesamten Kontinents.

Ihre Argumentation basiert auf vier Thesen:

  1. Die Automobilbranche ist nicht nur groß, sondern auch zentraler Treiber von Innovation, Automatisierung und Energiewende.
  2. Ein erheblicher Teil der Industrie in Deutschland und Mittelosteuropa hängt direkt von ihr ab.
  3. Das bestehende industrielle Netzwerk droht durch chinesische Konkurrenz zu erodieren – oder zur bloßen Endmontage fremder Komponenten zu verkommen.
  4. Deutschland und seine Nachbarn sollten durch eine aktivere Industriepolitik reagieren – inklusive EU-weiter Zollmaßnahmen.

Richtige Diagnose – aber überzogene Prognose

Die Einschätzung, dass Chinas Industriekonzerne für Europas Wirtschaft zu einer wachsenden Bedrohung werden, ist zutreffend. In den vergangenen zehn Jahren hat Peking seine industriellen Schlüsseltechnologien massiv ausgebaut und konkurriert nun offen mit den traditionellen Kernbranchen Europas. Auch der Glaube an den Freihandel um des Freihandels willen – unabhängig vom geopolitischen Kontext – ist längst naiv geworden.

Weniger überzeugend ist hingegen die Prognose eines raschen industriellen Kollapses Europas. Zwar agiert China zunehmend offensiv, doch der Import chinesischer Fahrzeuge in die EU ist bislang nur moderat gewachsen. Viel gravierender für Europas Autobauer sind derzeit die schwache Inlandsnachfrage und die hohen Transformationskosten infolge politisch erzwungener Technologiewechsel. Die Parallele zur spektakulären Marktverdrängung von Nokia durch asiatische und US-Konkurrenz ist daher überzogen.

Wirtschaftlich relativierbar, politisch brisant

Es lohnt sich, wirtschaftliche und politische Perspektiven getrennt zu betrachten. Ökonomisch betrachtet, ist der Niedergang der Automobilindustrie kein Todesurteil für eine Volkswirtschaft – wie die USA in den 1980er und 1990er Jahren zeigten. In jener Zeit verlor Detroit gegen Tokio – doch Washington gewann den Kalten Krieg, dominierte militärisch und wirtschaftlich die Welt, und erlebte unter Clinton einen regelrechten Boom.

Doch geopolitisch ist die Lage heute eine andere. Der Wettstreit findet nicht mehr unter gleichgesinnten Marktwirtschaften statt, sondern mit einem autoritären System, das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch strategisch als Gegner zu betrachten ist. Die Dominanz Chinas im Mobilitätssektor ist daher ein sicherheitspolitisches Risiko – für Polen, Deutschland und die gesamte EU. Technologische Souveränität in der Mobilität bedeutet auch Kontrolle über die industrielle Infrastruktur, die militärische Lieferketten bedient.

Das bedeutet jedoch nicht, dass man China grundsätzlich den Zugang verwehren sollte. Aber Europa muss klarmachen: Der Zugang zum Binnenmarkt hat seinen Preis. Das Problem: In Europa fehlt derzeit eine politische Stimme, die diese Botschaft glaubwürdig übermitteln könnte.

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