Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat eine neue Idee, wie die europäischen Banken gerettet werden können. Hier bei der Preisverleihung der Deutschen Gesellschaft mit dem Preisträger Jean-Claude Juncker. (Foto: dpa)
Den europäischen Banken steht ein europaweiter „Bankenfonds“ zur Stützung oder Abwicklung von maroden Banken erst in etwa zehn Jahren mit einem Volumen von etwa 50 bis 60 Milliarden Euro zur Verfügung.
Die deutschen Banken, allen voran die Sparkassen und Volksbanken wehren sich jedoch seit geraumer Zeit vehement dagegen, dass die von ihnen eingezahlten Beiträge in den Fonds zur Sanierung oder Abwicklung von europäischen Zombie-Banken verwendet werden.
Nun stellt sich die Frage, wer die Sanierung dieser Banken bezahlt, bis die Geldinstitute unter die EZB-Aufsicht im kommenden Jahr gestellt werden. Offenbar besteht die EZB auf die Lösung dieser Fragen, bevor sie mit den Prüfungen der Bilanzen in der Eurozone beginnt. Somit braucht es hierfür eine „Übergangslösung“.
Denn sobald die EZB gravierende Löcher in den Bilanzen einer Bank findet, muss eine europäische Behörde mit deren Refinanzierung oder aber eine Abwicklung betraut werden. Da die Banken untereinander eng vernetzt sind, käme es anderenfalls zu Konflikten mit nationalen Behörden oder zu lang anhaltenden Konflikten zwischen einzelnen Ländern, wie es beispielsweise bei der Dexia geschehen war, wo Staaten wie Belgien, Frankreich und Luxemburg involviert waren.
Für die Lösung dieser Probleme hat nun offenbar Finanzminister Schäuble eine Antwort. Bereits während der Koalitionsverhandlungen soll darüber in den Hinterzimmern verhandelt werden, denn Schäuble möchte seinen neuen Plan gern beim Treffen der Finanzminister mit Rückendeckung seiner künftigen Koalitionäre vorstellen.
Laut Schäubles Vorhaben soll eine neue europäische „Agentur“ gegründet werden, die erkennbar mit zwei Aufgaben betraut werden soll: Zum einen soll sie über die Abwicklung von Zombie-Banken beraten. Die Beschlussfassungen dieser Agentur sollen anschließend von den europäischen Finanzministern gebilligt werden, berichtet das Handelsblatt.
Zum anderen möchte Schäuble ein neues „Netzwerk“ aus allen bisherigen nationalen Abwicklungsfonds einrichten. Dieses Netzwerk soll sich dann wechselseitig mit Krediten beispringen.
Unter einem Abwicklungsfonds ist in Deutschland beispielsweise der Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) bzw. der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) zu verstehen.
Für eine Beteiligung Deutschland an diesem Vorhaben ist Schäubles Vorschlag trickreich.
Der SoFFin wurde 2008 gegründet und zwar in Ausgestaltung eines Sondervermögens des Bundes. Er unterliegt nicht der regulären Haushaltsplanung. 65 Prozent der Verluste trägt dabei der Bund, 35 Prozent die Bundesländer. Letztere tragen im äußersten Fall etwa 7 Milliarden Euro.
Der SoFFin wurde in 2008 mit circa 480 Milliarden Euro aus Steuergeldern ausgestattet. Dies waren zu Beginn der Einrichtung der SoFFin mehr als das Doppelte des jährlichen Haushaltsetats. Über die Verwendung der Gelder entscheiden nicht etwa die Parlamentarier, sondern ein vom Finanzminister berufener Lenkungsausschuss unter Leitung des Finanzstaatssekretärs.
Anfang 2012 stimmten sowohl der Bundestag als auch der Bundestat der Verlängerung des SoFFin, dem sogenannten zweiten Finanzmarktstabilisierungsgesetz zu, da der Fonds ursprünglich bis Ende 2012 befristet war.
Demnach kann laut Zweitem Finanzmarktstabilisierungsgesetz der SoFFin bis zu 80 Milliarden Euro direktes Kapital und weiterhin Garantien bis zu 420 Milliarden Euro an Banken ausschütten.
Sollte also Schäubles Vorhaben durchkommen, und davon ist auszugehen, so stünden hier insgesamt 500 Milliarden Euro für Bankenabwicklungen im Euroraum mit Hilfe deutscher Steuergelder zur Verfügung.
Laut Schäubles neuestem Plan soll der jeweilige Empfängerstaat, dessen Banken begünstigt werden, für die Rückzahlung des Kapitals haften.
Doch hier stellt sich die Frage, ob oder wie eine Rückzahlung in Anspruch genommener Kredite überhaupt geschehen soll, da die Staaten, in den die meisten der Zombie-Banken abgewickelt werden sollen, allesamt hoch verschuldet sind.
Beispielsweise stellt sich im Fall Spaniens die folgende Frage: Spaniens Bankenrettungsfonds FROB erhielt nach der Abstimmung im Deutschen Bundestag im Juni 2012 eine Zusage von 100 Milliarden Euro aus dem ESM, hiervon wurden bisher laut Bundesfinanzministerium 41,4 Milliarden Euro von Spanien abgerufen. Deutschland trägt hiervon rund 27,1 Prozent.
Was geschieht nun mit den übrigen rund 60 Milliarden Euro, die Spanien nicht in Anspruch nahm? Denn formal wird das „Programm“ Ende 2013 auslaufen.
Die EU-Kommission möchte Spanien diesen Betrag gern als „Kreditlinie“ zur Verfügung stellen. Die Bundesregierung hat dies bisher abgelehnt, denn in diesem Fall bedeutete es rechtlich ein neues Hilfsprogramm für Spanien, das der Bundestag erst einmal absegnen müsste.
Sollten sich Bundesregierung und Bundestag vor Weihnachten keinen entsprechenden Beschluss mehr fassen, bleibt für Spanien und dessen Banken ein Betrag in Höhe von 58,6 Milliarden Euro aus dem ESM.
Für dieses Geld gibt es ohne Beschluss keine Rechtsgrundlage.
Daher versucht die Bundesregierung, eine Konstruktion zu finden, um Zahlungen zu ermöglichen.
Zumindest der Anschein muss gewahrt bleiben, dass bei der immerwährenden Banken-Rettung alles nach Recht und Gesetz abläuft.