Kommt bald die große Zinswende?

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

immer mehr Marktteilnehmer erwarten bis spätestens Anfang nächsten Jahres die große Zinswende in der Währungsunion und passen langsam ihre Portfoliostruktur an. Doch was ist an der gegenwärtigen Entwicklung wirklich dran? Kommt tatsächlich bald die große Wende in der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) oder bleiben wir weiter im Korsett der lockeren Geldpolitik gefangen? Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, ob die Zeichen auf Aufbruch oder Stillstand stehen.

Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor bleibt unverändert bei – 0,331%. Ein leichtes Abfallen in Richtung -0,4 % halten wir nach wie vor für sehr wahrscheinlich. Dies ist der aktuelle Stand der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz steigt wieder ein wenig und liegt derzeit bei 0,85 %. Wir erwarten weiterhin niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,20% – 1,00%.

 Kommt bald die große Zinswende?

Liest man die Erwartungen der Marktteilnehmer anhand der zehnjährigen Bundesanleihe ab, lässt sich tatsächlich seit August 2016 eine Trendwende erkennen (s. Abbildung). Seit dem Krisenjahr 2008 gab es einige Ausschläge nach oben, die letztendlich alle nur von kurzfristiger Dauer waren. Wie ist der derzeitige Verlauf zu deuten? Es sieht danach aus, dass in der Vergangenheit die Bundesanleihe reaktionärer auf Ereignisse reagiert hat, wohingegen die derzeitige Entwicklung doch auf nachhaltigeren Füßen zu stehen scheint. Der Aufwärtstrend dauert nun schon seit fast einem Jahr an und beruht auf erstarkenden Zins- und Inflationserwartungen. Der Markt reagiert also, doch ist die Enttäuschung am Ende groß?

Zumindest ist die wichtigste Referenzvariable, die Kerninflationsrate, immer noch nicht dort, wo sie sein sollte (s. Abbildung). Die angestrebten zwei Prozent sind noch nicht greifbar, so lag die Kerninflationsrate im Juni bei 1,1 Prozent. Zwar wurde in den Vereinigten Staaten die Zinswende bereits eingeläutet, doch niemand weiß wirklich, wie lange sie dort reichen wird. Denn steigt die Differenz aus den Zinsen in Europa und Amerika zu sehr an, kann ein zu starker Dollar die Wirtschaft über geringere Warenexporte schwächen. Ebenso werden ausländische Güter für viele Amerikaner erschwinglicher und damit attraktiver. Das will in den USA niemand. Die wichtigsten Notenbanken werden gemeinsam an einem Strang ziehen müssen, um ein gewisses Gleichgewicht zu gewährleisten.

Abbildung:

hier klicken um Graphik zu vergrößern

Zunächst ist ein Schritt von einer ultralockeren Geldpolitik zu einer lockeren Geldpolitik zu erwarten. Eine Zinswende ist wirklich nur dann in Sicht, sollte die Wirtschaft erheblich stärker als erwartet wachsen. Die EZB wird sehr wahrscheinlich einem langsamen Anpassungsprozess folgen, der sich über Jahre hinweg ziehen kann, denn niemand will die Bremse schon hundert Meter vor dem Ziel ziehen. Die Wirtschaft läuft noch längst nicht Gefahr heiß zu laufen, womit radikale Zinserhöhungen einfach nicht notwendig sind. Die Aktienmärkte blühen und sicherlich stellt sich der ein oder andere die Frage, ob das Kapital unverhältnismäßig über die Anlageklassen verteilt ist. Die Krise ist in der Währungsunion noch nicht überwunden, doch im Falle einer Krise in der Krise sind der EZB die Hände gebunden über die Zinssteuerung entgegenzuwirken.

Schreibe einen Kommentar