Den Traum vom Eigenheim erhoffen sich viele Menschen irgendwann einmal erfüllen zu können. Doch der Weg dorthin ist alles andere als leicht. Der erste Schritt ist meist der zu einer Bank: In der Regel muss für eine eigene Immobilie ein Kredit aufgenommen werden. Doch das ist heutzutage leichter gesagt als getan. Im Februar 2014 wurde die Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) vom Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat als Richtlinie 2014/17/EU zur Umsetzung an die EU-Mitglieder übergeben. Der Bundestag verabschiedete die neue Richtlinie und am 21. März 2016 trat sie in Deutschland in Kraft. Welche Auswirkungen die Richtlinie auf die Immobilienwelt hat und was sie für den Traum vom Eigenheimbedeutet, erklärt Immobilienmaklerin und -expertin Monica Kirchner (http://www.kirchner-mahlstedt.de/) aus Essen.
Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie bezieht sich auf die Wohnimmobilienverträge für Verbraucher. Ziel der Richtlinie ist, den Verbraucherschutz bei der Vergabe von Immobiliendarlehen zu stärken, aber auch die Banken besser abzusichern. Zukünftig müssen Banken ihre Kunden bei der Kreditvergabe besser aufklären und ihre finanzielle Situation strenger als bisher überprüfen. Vor Einführung der WIKR wurde häufig nur die Ist-Situation der Darlehensnehmer hinterfragt. Von nun an müssen die Banken aber auch berücksichtigen, wie sich die Einnahmen der Kreditnehmer in Zukunft entwickeln, z.B. ob im Falle des Renteneintritts der Kreditnehmer die Darlehensrate weiterhin bedienen kann. Die Kunden erhalten ein Widerrufsrecht für Darlehensverträge, die nicht nach den Bestimmungen des Gesetzes abgeschlossen wurden. Die Banken sind daher mit Einführung der WIKR vorsichtiger bei der Vergabe von Darlehen geworden.
Nachteile für Kreditnehmer und Immobilienbranche
„Durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist es schwieriger geworden, ein Darlehen zu bekommen. Besonders junge Familien, die sich gerne ihr erstes Eigenheim aufbauen möchten, oder auch Rentner, die sich vielleicht noch einmal verkleinern möchten, haben geringere Chancen auf einen Kredit, als noch vor ein paar Jahren“, erklärt Monica Kirchner, Immobilienmaklerin und -bewerterin aus Essen. Dadurch, dass die Banken in Beratungsgesprächen möglichst viel über die finanzielle und private Situation des Kunden erfahren, kann es für einen Teil der Verbraucher zukünftig schwerer werden, ein Immobiliendarlehen zu erhalten. Besonders für einkommensschwächere Verbraucher wird die Wohnimmobilienkreditrichtlinie zum Nachteil, da die Banken nun verstärkt auf das Einkommen sowie auf das frei verfügbare Vermögen achten und dies bei der Kreditvergabe berücksichtigen müssen. Somit bekommen viele Kunden keinen Kredit und können sich so oft ihren Traum vom eigenen Haus nicht erfüllen. „Für die Immobilienbranche ist das natürlich kein Vorteil, denn es interessieren sich weniger Kunden für Häuser und Eigentumswohnungen, da sie sich diese aufgrund eines fehlenden Kredites nicht leisten können“, so Kirchner.
Vorteile für Kreditnehmer
Doch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie bringt auch diverse Vorteile mit sich. Dadurch, dass die Banken ihrer Beratungspflicht nachkommen und Kreditnehmer über alle Klauseln im Kreditvertrag aufklären müssen, können Fehlentscheidungen des potentiellen Kreditnehmers vermieden werden. Für eine Falschberatung können Banken haftbar gemacht werden. Durch die Informationspflicht der Banken erhält der Kunde mehr Transparenz und einen besseren Überblick über sein Kapital. Es soll unbedingt vermieden werden, dass eine Immobilie, die mit einem Kredit finanziert wurde, bei einer Nichtrückzahlung des Kredits von der Bank zwangsversteigert werden muss.
Vorteile hat natürlich auch die Bank. Sie erlangt durch eine umfangreiche Prüfung mehr Sicherheit vor eventuellen Kreditausfällen.
Reaktion der Politik auf die WIKR
Auch die Politik hat festgestellt, dass bestimmte Altersgruppen, wie junge Familien und Senioren, mit der Einführung der WIKR kaum mehr zum Eigenheim kommen. Die Kreditrichtlinie behindert vielmehr die Option, mit einem Eigenheim die Grundlage für eine Altersvorsorge zu schaffen. Als Reaktion darauf wurde beispielsweise in Nordrhein-Westfalen Anfang des Jahres ein Antrag der CDU und FDP an den Landestag gestellt, alle Umsetzungsdefizite der Wohnimmobilienkreditrichtlinie zu beseitigen. Inwiefern hier nachgebessert wird, bleibt abzuwarten.
Wer also zukünftig einen Kredit aufnehmen möchte, muss sich erst einmal einer gründlichen Überprüfung der Bank unterziehen. Erst wenn alle Punkte, die für einen Kredit erforderlich sind, erfüllt werden, kann der Verbraucher ein Darlehen bekommen. Dann ist ein wesentlicher Schritt zum Traum vom Eigenheim getan.