Inanspruchnahmen von ehemaligen P&R-Vermittlern durch geschädigte P&R- Kunden, Urteil des OLG Naumburg vom 15.05.2019, Az.5 U 16/19

Gastbeitrag von RA Markolf Schmidt  –

In Angelegenheit der insolventen Gesellschaften der P&R-Gruppe gehen geschädigte Kunden, nachdem sowohl die Gesellschaften wie auch der P&R-Initiator Heinz Roth insolvent geworden sind, vermehrt gegen Anlagevermittler vor, um Ausgleich ihrer erlittenen Schäden zu erhalten. Vielfach werden sie dabei durch namhafte Großkanzleien aus dem Gebiet des Anlegerschutzes vertreten.

Das Oberlandesgericht Naumburg hatte sich jüngst mit einer Berufung einer P&R-Anlegerin zu befassen, die bereits bei der Vorinstanz (LG Dessau-Roßlau, Az. 4 O 297/18, klagabweisendes Urteil vom 08.01.2019) mit ihrem Begehren gegen den Anlagevermittler gescheitert war.

Auch beim OLG Naumburg hatte die Klägerin und Berufungsklägerin keinen Erfolg, das OLG Naumburg wies die Berufung zurück. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei hier nicht von einem Anlageberatungsvertrag mit weitgehenden Fürsorgepflichten des beklagten Vermittlers auszugehen, nur weil dieser die Klägerin auch vorher schon verschiedentlich Anlagen vorstellte und sie im Rahmen der Altersvorsorge und diesbezüglich im Abschluß von Versicherungsverträgen beriet.

Hier sei, so das OLG Naumburg, lediglich von einer Anlagevermittlung auszugehen. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn der Kunde wisse, daß der werbende Charakter der Aussagen des Vermittlers im Vordergrund stehe, entscheidend sei der Empfängerhorizont des Kunden. Im Rahmen der Anlagevermittlung schulde der Anlagevermittler aber keine unabhängige, an den persönlichen Zielen und Verhältnissen des Kunden ausgerichtete individuelle Beratung, sondern lediglich die Mitteilung von Tatsachen und die Prüfung des Anlagekonzeptes auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin.

Beachtenswert ist, daß das OLG Naumburg ausgeführt hat, daß selbst eine Pflichtverletzung im Hinblick auf die Pflicht des Anlagevermittlers auf Prüfung der Plausibilität des Anlagekonzeptes nur dann zu seiner Haftung führt, wenn dieser Fehler auch kausal für die Anlageentscheidung des Kunden ist. Das sei nur dann der Fall, so das OLG, wenn eine solche Prüfung auch zu Beanstandungen geführt hätte. Der dortige Beklagte hatte im Rahmen seiner Parteianhörung angegeben, die Klägerin über das Konzept informiert und auch über Risiken gesprochen zu haben; er habe dargelegt, daß die Klägerin Eigentümerin der Container werden würde. Der Beklagte sei davon ausgegangen, daß eingedenk der langjährigen Geschichte von P&R eine gewisse Konstanz des Unternehmens bestünde. Im konkreten Fall, so das OLG, durfte der Beklagte im zweiten Gespräch mit der Klägerin, die durchaus anlageerfahren war, auch davon ausgehen, daß die Klägerin die für ihre Anlageentscheidung relevanten Informationen entweder selbst bereits eingeholt hatte oder im Gespräche bei ihm erfragen würde.

Im Ergebnis konnte daher das OLG Naumburg nach beiderseitigen Parteianhörungen keine Pflichtverletzungen des Beklagten im Hinblick auf den geschlossenen Anlagevermittlungsvertrag der Parteien feststellen. Unterm Strich kommt in dem Urteil stillschweigend auch heraus, daß Anlagevermittler für etwaigen Betrug auf höherer Ebene nicht haften, zumal dieses selbst bei einer durchgeführten Plausibilitätsprüfung auch nicht erkannt worden wäre. Soweit hier erkennbar, trat dies erst durch die Aufarbeitung durch den P&R- Insolvenzverwalter RA Dr. Michael Jaffé aus München zutage.

Erwähnenswert ist noch, daß, wie hier verschiedentlich von ehemaligen P&R- Vermittlern berichtet wurde, daß P&R, wenn einmal ein Kunde an P&R vermittelt worden war, sich diesen Kunden sozusagen selbst „einverleibt“ und Folgegeschäfte stets direkt mit den Kunden gemacht hat, um keine weiteren Provisionen zahlen zu müssen. Nicht gerade fair gegenüber dem Vertrieb, hier aber jetzt nur günstig für solche Fälle, denn wenn Vermittler solche Folgeverträge gar nicht mehr aktiv begleitet haben, noch Provision dafür erhalten haben, sie aber dafür jetzt in die Haftung genommen werden sollen, wäre das ja bildlich gesprochen „Reue ohne Genuß“. Insoweit hat der Bundesgerichtshof, Beschluß vom 13.09.2012, Aktenzeichen III ZR 286/11, bereits entschieden, daß wer keine Beratung mehr verlangt hat und nicht bekommen hat, daraus auch keiner Ansprüche herleiten kann.

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