Kündigung von Prämien-Sparverträgen durch Sparkassen

In schwierigen Zeiten sind Banken, Sparkassen und Bausparkassen immer weniger bereit, aus ihrer Sicht wirtschaftlich sinnlose oder gar belastende Verträge weiter mit „durchzuschleppen“. Nachdem vor einigen Jahren bereits Bausparkassen wie die LBS Baden-Württemberg, Debeka und BHW Bausparverträge, die zuteilungsreif waren, aber weiter bespart wurden, aufgekündigt haben und der Bundesgerichtshof (BGH) dafür das ok erteilte (Urteil vom 21.02.20147, Az. XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16), haben aktuell bereits mehr als 100 deutsche Sparkassen Prämien-Sparverträge mit ihren Kunden aufgekündigt oder dies angekündigt. Vor allem in Süddeutschland geht gerade eine Kündigungswelle durch die Lande. Insgesamt sollen bundesweit bereits mehr als 280.000 Sparer betroffen sein, Tendenz steigend.

Auch mit dieser Thematik hat sich der Bundesgerichtshof bereits befassen müssen, z. B. im Urteil vom 14.05.2019 (Az. XI ZR 345/10).

Im dortigen Fall hatten Sparer erstmals im Jahr 1996 bei einer Sparkasse in den neuen Bundesländern einen Prämien-Sparvertrag abgeschlossen, danach bis einschließlich 2004 noch zwei weitere.

Grundlage war u. a. eine Werbebroschüre der beklagten Sparkasse aus dem Jahr 1996 mit einer Musterrechnung und die Entwicklung eines Sparguthabens anhand dortiger Angaben zu monatlichen Zahlungen (noch in DM) und Laufzeit mit Darstellung jährlicher Prämienzahlungen der Sparkasse an den Kunden.

Die streitbefangenen Verträge sahen – neben einer variablen Verzinsung des Sparguthabens – ab dem dritten Vertragsjahr nämlich eine Prämie von 3% vor, bemessen anhand der im abgelaufenen Sparjahr geleisteten Beiträge des Kunden. Bis zum Ablauf (15 Jahre Laufzeit) sahen die Verträge eine Erhöhung bis zu 50% der geleisteten Sparbeiträge vor.

Die Sparkasse kündigte die Verträge in 2017 resp. 2019 nach Ablauf der 15-jährigen Laufzeit mit Hinweis auf die aktuelle Niedrigzinsphase. Zur Begründung berief sie sich auf Nr. 26 ihrer Sparkassen-AGB, Stand 21.03.2016. Daraus ergab sich, daß bei Vorliegen eines „sachgerechten Grundes“ und wenn weder Laufzeit noch abweichende Kündigungsregeln bestehen, die Sparkasse die Geschäftsbeziehung oder auch einzelne Geschäftszweige daraus jederzeit ohne Einhaltung von Kündigungsfristen aufkündigen kann. Zwar bestand hier eine Regelung zur Laufzeit, aber die 15 Jahre waren für alle drei Verträge abgelaufen, im Falle des Vertrages aus 1996 waren bereits mehr als 20 Jahre vergangen.

Die Klage auf Fortsetzung der Sparverträge blieb erstinstanzlich beim Landgericht Stendal erfolglos, ebenso die dagegen eingelegte Berufung zum OLG Naumburg. Die Revision zum BGH ließ das OLG nicht zu. Dagegen erhoben die Kläger beim BGH Nichtzulassungsbeschwerde.

Der Bundesgerichtshof hat daraufhin die Revision zwar zugelassen, im Ergebnis aber für unbegründet gehalten. Die Kündigungen nach Ablauf der Vertragslaufzeit seien berechtigt gewesen. Nur für die ordentliche Laufzeit sei die Kündigung ausgeschlossen gewesen. Der Kunde könne entscheiden, ob er bis zur höchsten Prämienstufe anspart, in der Prämienstaffel liege der Anreiz dieses Bonussystems. Während dieser Zeit sei die Kündigung ausgeschlossen gewesen und damit die Fairneß gegenüber dem Kunden gewährleistet. Anschließend hätten die Verträge zwar weiterlaufen können und taten dies auch, aber ab diesem Zeitpunkt stand der Beklagten ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu. Dabei seien die Verträge nicht dem (neuen) Darlehensrecht nach §§ 488 ff BGB unterworfen, es gälte vielmehr das Recht der unregelmäßigen Verwahrung aus § 700 BGB.

Allerdings hat der BGH – gegen die Auffassung des OLG Naumburg – ausgeführt, daß der Kunde einseitig bestimmen könne, ob er über die gesamte Laufzeit bis zur höchsten Prämienstufe anspare. Dabei handelt es sich um eine freiwillige Leistung des Kunden. Er gibt in von ihm ausgewählten Raten zu von ihm bestimmten Zeiten freiwillig sein Geld an die Sparkasse zur „Aufbewahrung“. Dies nennt der BGH unregelmäßige Verwahrung, § 700 BGB. Im Unterschied dazu ist bei einem Darlehensvertrag die Hingabe des Geldes eine vertragliche Pflicht und nicht freiwillig. Der Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechtes nach Nr. 26 Abs. 1 der AGB gelte nur zu Lasten der Sparkasse, nicht zu Lasten des Kunden. Denn andernfalls würde die Verläßlichkeit des Bonussystems gefährdet, welches ja den Anreiz für die andauernde Besparung biete, und der Vertragszweck torpediert (durch die Möglichkeit des de facto- Entzuges des Anspruchs auf die Gewährung der Sparprämien).

Der BGH hat ausgeführt, daß Voraussetzung der berechtigten Kündigung der Sparkasse der Ablauf der Laufzeit/ das Erreichen der höchsten Prämienstufe war, und auch, daß die vertraglichen Pflichten der Sparkasse erfüllt, sprich alle bis dahin vom Kunden erreichten Prämien auch an ihn geleistet sein müssen.

Nur weil in seinem Fall die Kündigungen erst nach Ablauf der Laufzeit ausgesprochen worden waren und die Sparkasse alle Prämien geleistet hatte, hat der BGH die Revision zurückgewiesen, denn die Fehler, die das OLG Naumburg gemacht hatte, wirkten sich nicht aus.

Für Sparer lohnt es sich also in jedem Fall, bei einer einseitigen Aufkündigung von Sparverträgen durch die Sparkasse zu prüfen, welche Vertragsbedingungen oder AGB´s für ihren Prämien-Sparvertrag gelten. Im Anschluß daran ist zu prüfen, ob die Sparkasse bei der einseitigen Kündigung diese Vertragsbestimmungen auch eingehalten hat. In vielen Fällen (so läßt sich jetzt schon sagen) sind diese Vertragsbestimmungen bei Kündigungen durch die Sparkassen eben gerade nicht eingehalten worden. In keinem Fall sollten Sparer die Kündigung der Sparkasse voreilig hinnehmen.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus F. Bröker                            Rechtsanwalt Markolf Schmidt
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