von Rechtsanwalt und Hochschullehrer Prof. Dr. Bröker und Rechtsanwalt Markolf Schmidt, Göttingen
Vermögensanlagen, insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien und Umweltschutz erfreuen sich großer Beliebtheit. Nicht immer ist jedoch die Vermittlung solcher Anlageprodukte einfach. Deshalb wollen wir an dieser Stelle einmal zwei wichtige Aspekte aus diesem Bereich näher betrachten und zwar zum einen den Begriff der „Vermögensanlage“. Zum anderen wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, welche Art von Erlaubnis ein Vermittler braucht, um solche Anlagen zu vertreiben.
Die Vermögensanlagen
Die Arten der Vermögensanlagen sind im Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) geregelt. Dort findet sich in § 1 Abs. 2 VermAnlG zunächst eine Umschreibung des Begriffs der Vermögensanlage und dann eine beispielhafte Aufzählung.
Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 VermAnlG fallen unter den Begriff der Vermögensanlage alle Produkte, die nicht in Wertpapieren verbrieft sind, also z. B. keine Aktien sind. Zum anderen fallen auch Anteile an Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) nicht unter den Begriff der Vermögensanlage.
Das Wertpapierprospektgesetz (WpPG), auf das § 1 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG zur Definition der Wertpapiere verweist, verweist wiederum für die Definition des Begriffs „Wertpapier“ in § 2 Abs. 1 WpPG auf die Regelung in der Verordnung (EU) 2017/1129 und dort auf Artikel 2 Buchstabe a. In dieser Verordnung, die auch EU-Wertpapierprospektverordnung genannt wird, heißt es in Art. 2 Buchstabe a, dass Wertpapiere im Sinne dieser Verordnung übertragbare Wertpapiere im Sinne des Artikel 4 Abs. 1 Nr. 44 der EU-Richtlinie 2014/65/EU mit Ausnahme von Geldmarktinstrumenten mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten sind.
Die EU-Richtlinie 2014/65/EU wird auch MiFID II-Richtlinie genannt. MiFID bedeutet: Markets in Financial Instruments Directive, also Richtlinie über die Märkte für Finanzinstrumente. Es handelt sich bei dieser Richtlinie um eine der ganz wesentlichen EU-Regulierungen im Bank- und Finanzdienstleistungssektor.
In Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 EU-Richtlinie 2014/65/EU wiederum werden als übertragbare Wertpapiere solche beschrieben, die an einem Kapitalmarkt, also einer Börse, gehandelt werden können. Dann folgt eine beispielhafte Aufzählung solcher übertragbaren Wertpapiere. Es werden genannt: Aktien, Aktienzertifikate, ähnliche Anteile, Schuldverschreibungen und andere verbriefte Schuldtitel, Zertifikate sowie alle sonstigen Wertpapiere, die anhand von anderen Größen wie z. B. der diesen zugrunde liegenden Währungen, Zinssätzen oder Indices bestimmt werden.
Anteile an Investmentvermögen sind die klassischen Investmentfondanteile. Investmentvermögen werden in § 1 Abs. 1 KAGB rechtlich als Organismen für gemeinsame Anlagen, die von einer Vielzahl von Anlegern Kapital sammeln, um es gemäß einer vorher festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen dieser Anleger zu investieren, bezeichnet. Dabei wird zwischen solchen Investmentvermögen, die in Wertpapiere investieren (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, OGAWs genannt (§ 1 Abs. 2 KAGB) und allen anderen, alternative Investmentvermögen genannt (§ 1 Abs. 3 KAGB), unterschieden.
Alles, was nicht unter den weiten Begriff des „übertragbaren Wertpapiers“ fällt und auch keinen Anteil an einem Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 KAGB darstellt, kommt als Vermögensanlage in Betracht.
Als Vermögensanlagen gelten nach § 1 Abs. 2 VermAnlG folgende „Produkte“:
- Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren,
- Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen),
- partiarische Darlehen,
- Nachrangdarlehen,
- Genussrechte,
- Namensschuldverschreibungen,
- sonstige Anlagen, die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geldgewähren oder in Aussicht stellen,
- Anlagen, die im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen folgendes gewähren oder in Aussicht stellen:
- eine Verzinsung und Rückzahlung,
- eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen,
- einen vermögenswerten Barausgleich
oder
- einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen.
Die Annahme von Geldern für Vermögensanlagen darf sich darüber hinaus auch nicht als Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Kreditwesengesetz (KWG, erlaubnispflichtiges Bankgeschäft und daher nur Banken vorbehalten) darstellen. Das Einlagengeschäft bedeutet die Annahme fremder Gelder, also Gelder von Dritten, z. B. den Anlegern, mit der Verpflichtung, diese Gelder später zurückzuzahlen.
Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG)
Mit dieser Umschreibung sind alle Arten von Unternehmen umfasst. Der Begriff des Unternehmens wird dabei sehr weit ausgelegt und beinhaltet jede planvoll organisierte Wirtschaftseinheit, unabhängig von ihrer konkreten rechtlichen Ausgestaltung und unabhängig vom anwendbaren Recht. Dazu zählen z. B. Unternehmensbeteiligungen an Personengesellschaften wie GbR-Anteile, oHG-Anteile, GmbH-Anteile, stille Beteiligungen, Beteiligungen an ausländischen Unternehmen, Beteiligungen an Gesellschaften ausländischer Rechtsformen.
Anteile an Treuhandvermögen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 VermAnlG)
Um Treuhandvermögen handelt es sich immer dann, wenn der Anleger nicht direkt in eine Rechtsbeziehung zum Unternehmen tritt, welches das Anlageobjekt hält, also zwischen Unternehmer und Anleger keine unmittelbare vertragliche Beziehung besteht.
Partiarische Darlehen (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 VermAnlG)
Partiarische Darlehen sind Darlehen, die zusätzlich mit einer Beteiligung ausgestattet sind, deren Höhe sich nach dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, dem das Darlehen gewährt wird, richtet. Bei partiarischen Darlehen wird z. B. eine (oft niedrige) Grundverzinsung gewährt und zusätzlich in den Darlehensbedingungen eine (oft gestaffelte) höhere Zusatzverzinsung entsprechend der Umsatz- oder Gewinnentwicklung versprochen. Es kann neben, anstatt oder zusätzlich zu einer am Gewinn oder Umsatz orientieren erhöhten Verzinsung auch eine Gewinnbeteiligung versprochen werden.
Nachrangdarlehen (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 VermAnlG)
Bei solchen Darlehen handelt es sich grundsätzlich um Darlehen im Sinne von § 488 BGB. Allerdings treten dabei die Darlehensgeber in der Darlehnsurkunde im Rang hinter alle anderen Gläubiger zurück und werden erst dann befriedigt, wenn zuvor alle anderen Gläubiger vollumfänglich bedient wurden. Wird dabei sogar ein sog. qualifizierter Nachrang begründet, so verschlechtert sich damit die Gläubigerstellung stark, denn in solchen Fällen dürfen diese Gläubiger schon dann nicht bedient werden, wenn Zahlungen an diese einen Insolvenzgrund herbeiführen würden. Hinzu kommt, dass seit einiger Zeit die Rechtsprechung immer mehr dazu übergeht, solche qualifizierten Nachrangklauseln einerseits als unzulässig im Sinne der Regelungen in den §§ 305 ff BGB (Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen) zu beurteilen und andererseits Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt als Einlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG und damit als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft zu bewerten. Dies hat zur Folge, dass diese Art einer Vermögensanlage als rechtlich besonders problematisch zu bewerten und daher oft für den Vertrieb als wenig geeignet zu beurteilen ist.
Genussrechte (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG)
Genussrechte sind gesetzlich nicht geregelt. Es handelt sich um eine Beteiligung, die ein Recht am Gewinn des Unternehmens, welches diese Genussrechte ausgibt, gewährt. Die Art und der Umfang der sich aus einem solchen Genussrecht ergebenden Gewinnbeteiligung kann völlig unterschiedlich sein. Diesbezüglich ist der Emittent rechtlich weitestgehend frei in der Ausgestaltung. Gerade dies macht es oft schwierig, Genussrechte zu beurteilen.
Namensschuldverschreibungen (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 VermAnlG)
Bei Namensschuldverschreibungen handelt es sich um verbriefte Forderungsrechte. In einer solchen Urkunde verspricht der Aussteller der Urkunde der in dieser Urkunde namentlich genannten Person eine bestimmte Leistung, in aller Regel die Zahlung von Zinsen für eine Darlehensschuld nebst Rückzahlung. Bei solchen Rechten ist die Ausübung nur durch denjenigen möglich, der in dem Papier namentlich genannt ist.
Sonstige Anlagen (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG)
Mit diesem Passus wird versucht, eine Art Auffangtatbestand zu schaffen, nach dem alle anderen Arten von Vermögensanlagen, die nicht unter die Ziffern 1 bis 6 fallen, beurteilt werden. Dabei wird jede Anlage, die in irgendeiner Form eine irgendwie geartete spätere Rückzahlung der ursprünglich einmal geleisteten Anlage vorsieht, so eingestuft. Die BaFin stellt sich dabei auf den Standpunkt, dass es hier nicht auf die konkrete rechtliche Ausgestaltung ankomme, sondern die rein wirtschaftliche Betrachtung ausschlaggebend sei. Zu solchen Vermögensanlagen gehören z. B. die Direktbeteiligungen an Gütern, der Verkauf von Darlehnsforderungen und Kaufverträge mit Rückandienungsrechten oder Rückkaufrechten.
Edelmetallanlagen (§ 1 Abs. 2 Nr. 8 VermAnlG)
Diese Regelung wurde erst kürzlich in das VermAnlG aufgenommen. Damit sollen alle Arten von Vermögensanlagen in Edelmetallen wie z. B. Goldansparpläne, Kauf von Gold mit anschließender darlehnsweiser Hingabe an den Verkäufer oder einen Dritten nebst späterer Rückgabe oder Rückzahlung in Geld erfasst werden.
An dieser Stelle zeigt sich bereits klar, dass zum einen der Begriff der Vermögensanlage eine große Vielzahl von Geldanlageprodukten umfasst und von der Aufsicht weit ausgelegt wird. Weiterhin ergibt sich daraus, dass die Beurteilung einer konkreten Vermögensanlage, die ein Vermittler vertreiben möchte, im Einzelfall außerordentlich komplex und risikobehaftet sein kann. Von Bedeutung ist auch das BaFin-Merkblatt zum Blindpool-Verbot dazu, vgl. unseren Beitrag in Finanzpraxis vom 07.07.2022 und unseren Beitrag vom 21.07.2022 zum öffentlichen Anbieten von Wertpapieren und Vermögensanlagen.
Vermittlung von Vermögensanlagen
Das Gesetz schreibt ausdrücklich vor, dass Vermögensanlagen als Finanzinstrumente einzustufen sind, so ausdrücklich § 1 Abs. 11 Nr. 2 KWG, § 2 Abs. 4 Nr. 7 Wertpapierhandelsgesetz WpHG und § 2 Abs. 5 Nr. 2 Wertpapierinstitutsgesetz WpIG. Das bedeutet, dass für den Vertrieb bestimmte Beschränkungen gelten.
Der Vertrieb von Vermögensanlagen kann daher nur im Wege der Anlagevermittlung als Bote, also reine Weiterleitung von erteilten Aufträgen (erlaubnispflichtig nach § 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG, § 2 Abs. 2 Nr. 3 WpIG, § 2 Abs. 8 Nr. 4 WpHG), der Abschlussvermittlung als Stellvertreter (erlaubnispflichtig nach § 1 Abs. 1a Nr. 2 KWG, § 2 Abs. 2 Nr. 5 WpIG, § 2 Abs. 8 Nr. 3 WpHG) im Wege des Platzierungsgeschäftes (erlaubnispflichtig nach § 1 Abs. 1a Nr. 1c KWG, § 2 Abs. 2 Nr. 8 WpIG, § 2 Abs. 8 Nr. 7 WpHG) oder der Anlageberatung (erlaubnispflichtig nach § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG, § 2 Abs. 2 Nr. 4 WpIG, § 2 Abs. 8 Nr. 10 WpHG) erfolgen.
Vermittler, die nicht im Besitz einer solchen Erlaubnis sind, dürfen Vermögensanlagen nicht vertreiben.
Vermittler, die unter einem Haftungsdach arbeiten, sogenannte gebundene Vermittler, dürfen solche Vermögensanlagen grundsätzlich vertreiben, denn die Anlagevermittlung, das Platzierungsgeschäft sowie die Anlageberatung sind von den für das Haftungsdach geltenden gesetzlichen Regelungen in § 2 Abs.- 10 KWG iVm § 25e KWG bzw. nach § 28 Abs. 1 WpIG erfasst. In diesen Fällen benötigt der Vermittler/Berater keine eigene Erlaubnis, sondern arbeitet „unter der Erlaubnis“ des BaFin lizensierten Instituts. Dieses Institut fungiert dementsprechend als Haftungsdach. Der Vermittler muss für das Haftungsdach exklusiv arbeiten.
Wer als Finanzanlagenvermittler nach § 34f Abs. 1 GewO eine eigene Erlaubnis zur Anlagevermittlung und/oder Anlageberatung besitzt, darf ebenfalls Vermögensanlagen vermitteln (§ 34f Abs. 1 Nr. 3 GewO). Gleiches gilt für denjenigen, der als Honorar-Finanzanlagenberater eine Erlaubnis nach § 34h Abs. 1 Satz1 GewO hat.
Zusammenfassung
Der Begriff der Vermögensanlage ist inzwischen sehr weit gefasst und wird nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt mit der Konsequenz, dass nahezu alle Arten von Kapitalanlagen, die nicht als Wertpapiere oder Investmentfondsanteile ausgestaltet sind, als Vermögensanlagen qualifiziert werden.
Der Vertrieb von Vermögensanlagen darf nur mit behördlicher Genehmigung erfolgen. Dazu ist entweder eine eigene Erlaubnis nach KWG oder WpIG nötig oder es wird unter einem Haftungsdach eines behördlich beaufsichtigten Instituts gearbeitet. Die dritte Möglichkeit ist die Erlaubnis nach § 34f Abs. 1 bzw. § 34h Abs. 1 GewO.