Wie sollten sich Anleger nach der FED-Sitzung 2023 aufstellen?

Günstiges Umfeld für Wachstumsaktien erwartet

Nach wie vor besteht in Bezug auf die weitere Entwicklung der US-Wirtschaft hohe Unsicherheit. Allerdings glauben wir, dass wir bald klarer sehen werden, wie es weitergeht – ob gut, schlecht oder irgendwo dazwischen. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass die Finanzmärkte schnell reagieren und gegebenenfalls Abschläge vornehmen. Wichtig ist aber, dass wir unseres Erachtens bald konkretisieren wird, wie sich die Dinge in den USA entwickeln werden. Vor der nächsten Sitzung der US‑Notenbank am 14. Dezember, in der sie über weitere Zinsschritte entscheiden wird, wird noch ein weiterer Inflationsbericht erwartet. Die jüngsten US-Inflationsdaten fielen überraschend schwach aus, sodass dieser noch fehlende Datenpunkt wichtig sein wird.

Kommentar von Taymour Tamaddon, Portfoliomanager bei T. Rowe Price

Momentan sehen wir mit Blick auf den Jahresbeginn 2023 für die US-Wirtschaft drei mögliche Szenarien.

Ein leichter Bärenmarkt: Das erste mögliche Szenario besteht darin, dass der Fed relativ schnell eine weiche Landung der US-Wirtschaft gelingt. Auch wenn dieses Szenario für Growth-Anleger zweifellos das günstigste wäre, halten wir es doch für unwahrscheinlich, wenn man die aktuelle Situation und die nach wie vor hohe Unsicherheit bedenkt. Bei einer weichen Landung wären weitere deutliche Zinserhöhungen durch die Fed vermeidbar, während die Inflation wegen der höheren Zinsen relativ schnell sinken und die Wirtschaft insgesamt weiterwachsen würde – und zwar in moderatem Tempo, sodass die Konjunktur weder zu stark überhitzt noch übermäßig abkühlt. Wir halten dieses Szenario jedoch für wenig wahrscheinlich.

Ein moderater Bärenmarkt: Wir glauben, dass dieses zweite Szenario das wahrscheinlichste ist, nämlich eine leichte Rezession, bei der die Zinserhöhungen der Fed schon bald ausreichen, um die Wirtschaft schrittweise zu verlangsamen und die hohe Inflation zu dämpfen. In diesem Szenario rechnen wir damit, dass sich das Wachstum ein paar Quartale lang verlangsamt und die Inflation allmählich zurückgeht, bevor wir ab Mitte 2023 erste Anzeichen einer Erholung sehen.

In einem solchen Umfeld wird es für die Anleger schwieriger, Wachstum zu finden, sodass sie sich vor allem auf jene Unternehmen konzentrieren werden, die in Sachen Qualität, Fundamentaldaten, Geschäftsabläufe und Management am besten aufgestellt sind. Dies ist ein günstiges Umfeld für Anleger in Wachstumsaktien, da die Qualität der Unternehmen im Vordergrund steht – und nicht mehr die Makrofaktoren oder die Dynamik an den Finanzmärkten. Zudem sind in einem leicht rezessiven Umfeld jene Unternehmen, die ihre Gewinne, Wettbewerbsführerschaft und Marktposition relativ unabhängig von den allgemeinen Wirtschaftsbedingungen weiter ausbauen können, in der Regel eher im Growth- als im Value-Segment zu finden.

Ein längerer Bärenmarkt: Das dritte mögliche Szenario – zugleich dasjenige, das für die Anleger insgesamt am schwierigsten wäre – ist ein Umfeld, in dem die hohe Unsicherheit anhält, da es der Fed nicht gelingt, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, und in dem unklar bleibt, wie stark die Zinsen noch steigen müssen, um für Preisstabilität zu sorgen. In einem solchen Umfeld halten die hohen Marktschwankungen an, da die Anleger unsicher sind, ob die Fed tatsächlich genug getan hat. Dieses hohe Maß an anhaltender Marktunsicherheit und fragiler Stimmung wäre für Growth-Anleger das ungünstigste Szenario. Da unklar ist, in welche Richtung der Markt tendieren wird, dürften sich die Anleger weiter auf defensive Marktbereiche konzentrieren und sich von wachstumsorientierten Aktien und Sektoren abwenden.

Wir glauben, dass sich die Verbraucherausgaben deutlich verlangsamen müssen, damit die hohe Inflation in den USA zurückgeht. Solange die Verbraucher nicht anfangen, ihre Ausgaben zurückzuschrauben, wird ein tragfähiger Rückgang der Inflation schwerlich zu erreichen sein. Das hat natürlich viel mit dem persönlichen Konsum zu tun – hängt aber auch damit zusammen, wie die Menschen die Sicherheit ihrer Vermögenssituation einschätzen, vor allem in Bezug auf den wohl wichtigsten Vermögenswert der Menschen in den USA, nämlich ihr Eigenheim. Ich glaube, es braucht tatsächlich auch Anzeichen für fallende Häuserpreise, damit die Inflation wieder zurückgeht.

Finanziell sind die US-Verbraucher nach der Coronapandemie insgesamt in recht guter Verfassung, da wie in der Pandemie finanziell unterstützt wurden, aber wenig Möglichkeiten hatten, Geld auszugeben. Aktuell verzeichnen die USA eine recht solide durchschnittliche Sparquote. Aus Sicht der Verbraucher ist das natürlich wunderbar. Zugleich erschwert das aber die Prognose der weiteren Marktentwicklung, da das Vertrauen der Verbraucher recht gut ist und die Konsumausgaben noch eine Weile stabil bleiben werden.

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