Helikoptergeld: Der letzte Ausweg?

geldscheineDer aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Auch sieben Jahre nach der Finanzkrise gibt es immer wieder Ökonomen und Wissenschaftler, die Geldpolitik noch einen Schritt radikaler betreiben wollen. Der letzte Vorschlag befasste sich mit der Wiederbelebung des von Milton Friedman entwickelten Konzeptes Helikoptergeld oder auch helicopter money. Schon 1969 befasste sich der „Vater“ der Geldwirtschaft mit unkonventionellen Methoden der Geldpolitik. Lernen Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentares das außergewöhnliche Konzept von Helikoptergeld kennen.

 

 

Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor steht aktuell unverändert bei -0,301 %. Ein leichtes Abfallen in Richtung -0,4 % halten wir nach wie vor für sehr wahrscheinlich. Dies ist der aktuelle Stand der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz liegt derzeit bei 0,279 % und ist in den letzten Wochen wieder leicht nach oben gependelt. Durch BREXIT erwarten wir weiterhin niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,20% – 1,00%.

 

 

 

Helikoptergeld: Der letzte Ausweg?
„Lasst uns annehmen, dass eines Tages ein Hubschrauber über diese Gemeinde fliegt und zusätzliche 1000 Dollar in Form von Geldscheinen abwirft, die natürlich von den Bewohnern hastig eingesammelt werden. Setzen wir weiter voraus, dass jeder Bürger überzeugt ist, dass dies ein einmaliges Ereignis sei, das niemals wiederholt wird.“
So beschrieb Milton Friedman in seiner Arbeit The Optimum Quantity of Money vor über 40 Jahren Helikoptergeld. Der Ökonom war davon überzeugt, dass Zentralbanken niemals bei dem Versuch das Geldangebot zu erhöhen, versagen können, solange sie immer die Möglichkeit haben, frisch gedruckte Geldnoten auf die bargeldarme Wirtschaft regnen zu lassen. Anfang der 2000er bekam Helikoptergeld mediale Aufmerksamkeit, nachdem darüber gerätselt wurde, wie Japan sich aus der deflationären Abwärtsspirale befreien könnte. Doch erst im März 2016 richtete sich das Augenmerk wieder auf das Thema. Auf die Frage, ob die Europäische Zentralbank (EZB) ernsthaft über den Versuch von Helikoptergeld nachdenke, antwortete der EZB-Chef Mario Draghi, dass es „ein sehr interessantes Konzept sei, das derzeit von akademischen Ökonomen in den verschiedensten Umfeldern diskutiert werde.“ Nach dieser Aussage ist das Mysterium Helikoptergeld zunehmend Diskussionsgegenstand in Finanzkreisen.

 

Zunächst klingt die Vorstellung, dass Geld von Himmel regnen würde etwas bizarr. Doch auch gelegentlich müssen unrealistische Beispiele genannt werden, um eine Methode besser zu verstehen. Gemeint ist, dass die Zentralbank direkt oder indirekt Geld unter das Volk bringt, um so Konsum und Inflation kurzfristig zu stimulieren. Der Empfänger des Geldes hat in dem Fall keine Schuldlast zu tragen, sondern erhält die Mittel „umsonst“.  Mit dieser Idee geht Friedman weit über das traditionelle Rezept von schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen hinaus.
Befürworter sehen in Helikoptergeld durchaus eine realistische Möglichkeit die Realwirtschaft anzukurbeln und die deflationäre Phase endlich zu beenden. Gegner, wie der ehemalige Präsident des ifo-Instituts Hans-Werner Sinn, sind hingehen der Meinung, dass die EZB schon bereits durch den Ankauf von Staatspapieren und das Quantitive-Easing-Programm Helikoptergeld in die Wirtschaft pumpt. Die durch die Verschuldung entstandene Geldmenge haben die Staaten für die Finanzierung der Transfers an die Bürger oder für die Vermeidung einer Steuererhöhung genutzt.
Ob Helikoptergeld ein Gedankenspiel bleibt oder tatsächlich in naher Zukunft real wird, ist noch nicht abzusehen. Vorstellbar wären Zuwendungen an die europäischen Staaten, um der öffentlichen Hand mehr Luft zum Atmen zu geben. Auch wenn „monetäre Staatsfinanzierung“ verboten ist, so kann unter dem Deckmantel des nicht erreichten Inflationsziels ein solcher Schritt möglich sein.

 

 

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