Was habe ich eigentlich den ganzen Tag gemacht?

TippArtikel von Wera Nägler

Kennen Sie das? Ihr Arbeitstempo wird immer höher und trotzdem bleiben am Ende des Bürotages Aufgaben liegen, die Sie „irgendwie“ nicht schaffen. Die Anzahl der Aufgaben und Verpflichtungen wächst unmerklich. Und immer öfter ist die Bemerkung „Irgendwie weiß ich gar nicht so genau, was ich eigentlich den ganzen Tag gemacht habe“, zu hören. Vielleicht geht es Ihnen auch so, dass Sie das Gefühl haben, es müsste an Ihnen liegen, dass Sie Ihr Tagesgeschäft nicht mehr so leicht abgearbeitet bekommen wie noch vor zwei Jahren? Doch stimmt das eigentlich? Ein Grund für diese Situation könnten zu viele unerkannte „sowieso-Aufgaben“ sein.

Unmerklich kommen viele ständige Aufgaben dazu

Was meine ich mit „sowieso-Aufgaben“? Ich verdeutliche es an einem Beispiel: Eine Sachbearbeiterin arbeitet seit zwei Jahren an ihrem Arbeitsplatz. Nach und nach sind immer mehr kleine Aufgaben hinzu gekommen. Beispielsweise ist sie jetzt dafür zuständig, den Zählerstand des Kopierers monatlich an den Servicedienst zu mailen. Keine große Aufgabe. Früher wurde bei den wöchentlichen Meetings die Rolle des Protokollanten gewechselt. Als durch Krankheit ein Engpass war, machte sie den Vorschlag, das Protokoll zu vereinfachen. Vorher hatte der jeweilige Protokollant handschriftlich mitgeschrieben, es später abgetippt, verteilt und abgelegt. Sie schlug vor, während der Besprechung alles gleich in ein Textdokument einzugeben. Dieses Vorgehen wurde zum neuen Standard. Dabei wurde sie zur festen Protokollantin, da andere Kollegen sich nicht in der Lage sahen, gleichzeitig zu tippen und mitzudiskutieren. Die Zeit für die Feinarbeit am Protokoll und das Verteilen berücksichtigt die Sachbearbeiterin bei ihrer Tagesplanung jedoch nicht. Denn sie denkt (fälschlicherweise): „Ich erledige ja alles in der Besprechung“. Früher hat sie alle sechs Wochen Protokoll geführt und dafür eineinhalb Stunden in ihrer Tagesplanung vorgesehen. Für die wöchentliche „sowieso-Aufgabe“ des Protokolls plant sie jetzt keine Arbeitszeit mehr ein, obwohl dies auf den gleichen Zeitraum gemessen drei Arbeitsstunden ergibt.

Die Routine-Falle besteht aus lauter „sowieso-Aufgaben“

Diese Beispiele könnten für die meisten Arbeitsplätze weiter ausgeführt werden. Von der wöchentlichen Kontrolle, welches Büromaterial benötigt wird bis zur Organisation der Bewirtung. Auch das Pflegen der Webseite „mal eben“ gehört dazu. Die Merkmale dieser „sowieso-Aufgaben“ sind:

  • Es sind wiederkehrende Aufgaben.
  • Sie wirken erst einmal wie eine „Kleinigkeit“, die man leicht „nebenbei“ „mitmachen“ kann.
  • Die Aufgaben sind oft nicht schwierig, nicht anspruchsvoll und in sich nicht zeitaufwändig.
  • Sie werden oft erteilt mit dem Hinweis „Sie machen doch sowieso schon xy, dann können Sie doch auch gleich noch zz machen“.
  • In der Summe sind die Aufgaben der „Routine-Falle“ oft die Zeit, die am Ende des Tages fehlt.

Warum „sowieso-Aufgaben“ nicht unvorhergesehene Aufgaben sind

Bitte verwechseln Sie solche „sowieso-Aufgaben“ nicht mit Unvorhergesehenem. Unvorhergesehene Aufgaben sind beispielsweise technische Probleme, Ausfall von Kollegen und unerwarteter Kundenbesuch. Dafür sollten Sie bei Ihrer Tagesplanung optimalerweise einen Zeitpuffer einplanen. Eine sehr allgemeine Empfehlung lautet beispielsweise: 60 Prozent der täglichen Arbeitszeit sind für die Erledigung von Aufgaben und Terminen vorgesehen, während 40 Prozent der Zeit für unvorhergesehene Vorfälle einzuplanen sind. Mit solch einem Zeitpuffer können Sie flexibel auf unerwartete Anforderungen von Außen durch Vorgesetzte, Kunden oder Kollegen reagieren.

Doch „sowieso-Aufgaben“ sind überhaupt nicht unvorhergesehen, denn sie sind ja bekannt. Auch Routineaufgaben, für deren Bearbeitung Sie Zeit einplanen, sind keine „sowieso-Aufgaben“. Wenn einmal monatlich eine Statistik zu führen ist, die Sie dann in der Tagesplanung mit zwei Stunden berücksichtigen, ist dies eine konkrete Aufgabe.

Viele Aktionen kosten Zeit, die niemand bemerkt

Worauf ich Ihr Augenmerk lenken möchte sind die vielen, kleinen Aktionen, die man nicht in der Zeitplanung berücksichtigt, obwohl sie Arbeitszeit benötigen. „Ach, die kleine Viertelstunde“, denken Sie vielleicht. Doch das ist typisch: Bei den „sowieso-Aufgaben“ haben alle Beteiligten eine rosarote Brille auf. Von Vorgesetzten ist so ein Auftrag schnell erteilt und gleich vergessen. Vergessen wird auch, dass die Aufgabe bei jedem Turnus immer wieder erledigt werden muss. Wie aber sind die Auswirkungen, wenn diese kleinen, meist nicht aufwändigen Aufgaben in der Tagesplanung ausgespart werden? Die 10-Minuten-Aktionen summieren sich zu einer Stunde, die am Ende des Tages fehlt. Und wenn Sie jetzt den Eindruck haben, dass dies auf Ihren Arbeitsplatz zutreffen könnte, schauen wir nun auf die Lösung: 1. Identifizieren der „sowieso-Aufgaben“ und 2. optimales einplanen und berücksichtigen in der Planung. Sind Sie bereit? Dann wird es jetzt konkret!

So identifizieren Sie Ihre „sowieso-Aufgaben“

Zur Bestandsaufnahme nehmen Sie ein Blatt Papier oder erstellen eine Datei. Skizzieren Sie eine einfache Tabelle mit den Spalten „Thema“, „Zeitaufwand in Minuten“ und „fällig“. Hier ist ein Beispiel, was darin stehen könnte:

  • Protokoll Teamsitzung, 30 Minuten, wöchentlich dienstags
  • Kopierer Zählerstand an Servicefirma , 15 Minuten, Monatsende
  • Büromaterial checken und bestellen, 30 Minuten, monatlich
  • Datensicherung, 15 Minuten, täglich
  • Datensicherung Reinigung, 10 Minuten, monatlich

Tragen Sie in diese Liste in den nächsten vier Wochen alle kleinen, oft unbemerkten Routineaufgaben ein, die Sie in Ihrer Zeitplanung bislang nicht erfasst haben. So erhalten Sie eine Übersicht.

So machen Sie aus „sowieso-Aufgaben“ planbare Aufgaben

Betrachten Sie Ihre Bestandsaufnahme und bringen Sie Übersicht und System hinein. Beantworten Sie sich diese Fragen: Welche Punkte könnte man zu einer sinnvollen Arbeitseinheit zusammen fassen? Für welche Aufgaben gibt es feste Zeiten, Termine oder einen Turnus? Und jetzt legen Sie Ihre eigenen Standards für diese Routineaufgaben fest. Standards haben den Vorteil, dass man – einmal festgelegt – nicht immer neu entscheiden muss. Das spart Zeit und bringt Übersicht. Mit einigen Punkten aus meinem Beispiel könnte das so aussehen:

Aufgabe: Büro-Check

Dauer: 45 Minuten (inkl. 5 Minuten Puffer)

Termin: letzter Mittwoch im Monat, 15:00

  1. Reinigung Datensicherung
  2. Zählerstand Kopierer notieren
  3. Büromaterial checken und notieren
  4. Punkte 3 + 4 Mail senden

Wie Sie Ihre Aufgaben zukünftig im Blick haben

Wenn Sie glauben, dass Sie durch „sowieso-Aufgaben“ in der Routine-Falle stecken, dann machen Sie jetzt gleich den ersten Schritt. Sie haben nicht viel Zeit? Dann nehmen Sie lediglich einen DIN A4-Bogen und skizzieren kurz die oben aufgeführten Stichworte. Tragen Sie einen einzigen Punkt ein, der Ihnen spontan einfällt. Legen Sie dann die Liste an einen gut sichtbaren Platz. So fällt Ihr Blick immer wieder darauf und Ihr Verstand wird unbewusst nach Punkten suchen, die auf diesen Zettel gehören. Ihre Liste schreibt sich so fast von alleine. Notieren Sie sich in Ihrer to-do-Liste, dass Sie diese Bestandsaufnahme in vier Wochen auswerten.

Was machen Sie mit den dann konkret sichtbaren „sowieso-Aufgaben“? Da gibt es mehrere Möglichkeiten: Erster Vorschlag: Sie terminieren diese Aufgaben und planen sie zukünftig mit der ermittelten Arbeitszeit ein. Wenn Sie elektronische Hilfsmittel wie MS Outlook oder Lotus Note nutzen, richten Sie gleich eine Serienaufgabe ein. Zweiter Vorschlag: Ihre Inventur führt zum ersatzlosen Streichen der Aufgabe, zum Minimieren oder Sie delegieren die Aufgabe. Dritter Vorschlag: Wenn sich zeigt, dass Ihr Arbeitsanfall unmerklich dauerhaft zu hoch geworden ist, kommen Sie um ein Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten nicht herum. Dafür jedoch haben Sie jetzt jedoch Fakten und Daten.

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172 Seiten, zahlreiche Abbildungen.

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Die Autorin

Wera Nägler trainiert und coacht seit über 10 Jahren rund um das Zeit- und Büromanagement. Fachliche Qualifikation ist dabei für die gelernte ReNo-Gehilfin und studierte Pädagogin das eine. Doch eigene Erfahrungen mitten aus dem Leben sind ihr wichtiger: ob als Angestellte in der „kleinen Klitsche“ oder im Großraumbüro, als Sachbearbeiterin, Sekretärin, Führungskraft oder Freiberuflerin.

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