- Das erste Quartal 2018 hat die stärkste Quartalsberichtssaison seit 2010 gesehen, besorgte Anleger halten aber nach Anzeichen Ausschau, dass das Gewinnwachstum einen zyklischen Höhepunkt erreicht hat, was asymmetrische, risikoaverse Kursreaktionen zur Folge hat.
- Diese Marktreaktion könnte jedoch trotz bestehender Risiken voreilig sein, das Risiko eines Bärenmarktes infolge einer Rezession scheint in den kommenden 12 Monaten gering.
- Naher Osten und Inflation sind größte Risikofaktoren.
Im ersten Quartal 2018 haben wir die stärkste vierteljährliche Berichtssaison seit 2010 gesehen. Das Gewinnwachstum liegt bei 24% und das Umsatzwachstum bei knapp 10%. Beides liegt damit über den Erwartungen. Nicht überraschend kommt das höchste Wachstum aus dem Energiesektor (+79%, angetrieben durch den Anstieg des Ölpreises), dem Grundstoffsektor (+35%) und dem Technologiesektor (+31%). Dabei sind die Gewinnerwartungen nach wie vor solide: Mehr als doppelt so viele Unternehmen erwarten höhere Gewinne als niedrigere. Das ist die beste Quote seit 2010. Mit Blick nach vorne steigen die Gewinnerwartungen für das Gesamtjahr, was zu attraktiveren, auf den Gewinnprognosen basierenden Aktienbewertungen geführt hat. Genau das erwarten wir in dieser Spätphase des Konjunkturzyklus.
So betrachtet ist es – der leichten Kursgewinne im April zum Trotz – merkwürdig, dass die sehr gute Gewinnsituation der Unternehmen bisher keine nachhaltige Rally anfachen konnte. Im Gegenteil. Besorgte Anleger halten nach Anzeichen Ausschau, dass das Gewinnwachstum einen zyklischen Höhepunkt erreicht hat. Das hat asymmetrische, risikoaverse Kursreaktionen zur Folge: Unternehmen, die Kostendruck andeuten, werden bestraft, obwohl sie (sehr) gute Ergebnisse veröffentlicht haben, während Unternehmen, die starke Ergebnisse samt positivem Ausblick liefern, nicht in gleichem Maße belohnt werden. Diese Marktreaktion ist ein typisches spätzyklisches Phänomen. Sie könnte aber voreilig sein. Wir schließen nicht aus, dass sich die Margen in den USA stabilisieren, aber sowohl in Europa als auch in Japan gibt es noch Luft nach oben. Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir uns weiter in einem gesamtwirtschaftlichen Umfeld befinden, das durch Wachstum in allen Regionen gekennzeichnet ist und von allen Wirtschaftsakteuren – Verbrauchern, Unternehmen und Regierungen – getragen wird. Das bedeutet, dass das Risiko einer Rezession in den kommenden 12 Monaten gering ist. In der Vergangenheit haben aber nur Rezessionen einen Bullenmarkt in einen Bärenmarkt gedreht.
Risiken: Inflation und Naher Osten
Wir halten zwar das Rezessionsrisiko für gering, doch das bedeutet nicht, dass sich die Aktienmärkte reibungslos entwickeln werden. Sowohl die Politik als auch die Geldpolitik verdienen Beachtung. Die Inflationsentwicklung muss genau beobachtet werden. Ein starker Inflationsanstieg würde die Zentralbanken dazu zwingen, deutlich auf die geldpolitische Bremse zu treten. Das könnte zu einer Abkühlung des Wirtschaftswachstums führen und hätte negative Auswirkungen auf die Unternehmensrentabilität. Der Markt würde einen doppelten Rückschlag erfahren durch niedrigere Bewertungen und niedrigere Gewinne. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies in den kommenden Monaten passieren wird, scheint jedoch gering. Der Inflationsdruck bleibt verhalten und die US-Notenbank hat angedeutet, dass sie ein über dem Ziel liegendes Inflationsniveau vorübergehend tolerieren kann.
In den vergangenen Monaten waren politische Risiken stets präsent. Das dürfte so bleiben. Anfang des Jahres machte Donald Trump mit harschen protektionistischen Äußerungen auf sich aufmerksam. Zudem gibt es keine Fortschritte im Nahen Osten. Ganz im Gegenteil: Die Probleme in der Region bleiben ein Faktor, der die Ölpreise weiter in die Höhe treibt und allmählich die Schwellenländer unter Druck setzen könnte. Insbesondere rechtfertigt die harte US-Politik gegenüber dem Iran einen höheren geopolitischen Risikoaufschlag für Öl.
Sektor-Allokation
In den vergangenen Monaten haben wir zwar unsere Übergewichtungen in den zyklischen Technologie- und Finanzsektoren reduziert und unser Engagement in der Basiskonsumgüterbranche aufgestockt. Es gibt jedoch keinen Grund überzureagieren und eine defensive Übergewichtung aufzubauen, da die Konjunkturdaten immer noch gut und die Finanzierungsbedingungen locker sind. Das Verbrauchervertrauen hat Niveaus erreicht, wie wir sie in den vergangenen zehn Jahren nicht gesehen haben, und wir befinden uns in einer Phase, in der eine positive Rückkoppelung zwischen Verbrauchern und Unternehmen besteht. Das ist ein Umfeld, das theoretisch vor allem zyklischen Branchen zugutekommt. Allerdings sind die Risiken aufgrund zunehmender Handelsspannungen gestiegen. Wir werden voraussichtlich viel Lärm und Drohungen erleben, und das belastet die Anlegerstimmung. Man darf nicht vergessen: Handelskriege sind aufgrund eines niedrigeren Wachstums, einer niedrigeren Rentabilität und einer potenziell höheren Inflation negativ für Aktien.
Rohstoffe sind ein weiterer wichtiger Faktor. Zwar stellen spekulative Positionierungen in Öl ein kurzfristiges Risiko für den Ölpreis dar, andererseits dürften eine höhere Nachfrage dank der Wachstumserholung, die weitgehende Einhaltung der (N)-OPEC-Produktionskürzungen und geopolitische Risiken den Ölpreis stützen. Insgesamt ist der Energiesektor profitabel, und die Dividenden scheinen sicher. Das ist angesichts der hohen Dividendenrendite des Sektors (über 5% für europäische Energieunternehmen) nicht unwichtig. Wir haben zwar aus unserer Übergewichtung in Energieaktien Gewinne mitgenommen, sind aber immer noch leicht übergewichtet.
Noch ein Wort zu den Bewertungen: Zyklische Titel weisen im Vergleich zu defensiven Titeln die höchsten Kurs-Buchwert-Verhältnisse seit dem Höhepunkt der Technologieblase im April 2000 auf, und auch dieses Mal ist der Technologiesektor ein Haupttreiber dieser Marktentwicklung. Der große Unterschied zu damals ist, dass der IT-Sektor heute äußerst profitabel ist. Wenn wir den hohen Gewinnanteil des IT-Sektors berücksichtigen, erscheinen die heutigen Bewertungsniveaus viel vernünftiger. Insgesamt lässt sich sagen, dass die bereits starke Wertentwicklung von zyklischen Titeln und der breite Konsens, der am Markt vorherrscht, zu einer gewissen Vorsicht bei unserer Allokation berechtigen. Energie, Industrie und Basiskonsumgüter sind unsere bevorzugten Sektoren, während wir in Aktien mit teilweise anleiheähnlichen Merkmalen leicht untergewichtet sind.