Wer die Riester-Rente abschließt

 Im Beitragsjahr 2016 gehörten nach jüngst vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten Zahlen fast 11,1 Millionen Personen zu den staatlich geförderten Riester-Sparern. Dies entspricht einem Anteil von über zwei Dritteln an den Individuen mit einem Riester-Vertrag zum Jahresende 2016. Mehr als jeder dritte Zulagenempfänger verdiente weniger als 20.000 Euro.

Im Beitragsjahr 2016 erhielten 11.088.775 Riester-Sparer eine staatliche Förderung. Dies geht aus Mitte November vom Bundesfinanzministerium (BMF) vorgelegten Zahlen zur Riester-Zulagenförderungen hervor (Stand: Zahltag 15. Mai 2019).

Etwa jedes 100. geförderte Individuum bekam ausschließlich eine Steuerentlastung. Die absolute Mehrheit von 58,5 Prozent erhielt nur Zulagen von der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA), die verbleibenden 40,5 Prozent bekamen Zulagen und Steuerentlastung.

Methodische Hinweise

Aktuellere Zahlen liegen zwar vor, sind aber unter anderem wegen des zweijährigen Zeitraums, in dem eine Zulagenförderung beantragt werden kann, mit großen statistischen Unsicherheiten behaftet. So rechnet das Ministerium bei den Daten zu den Zulagen für die Beitragsjahre 2017 und 2018 mit noch „maßgeblichen“ Veränderungen des bis jetzt vorliegenden Datenmaterials.

„Schwerpunkt der Statistik zum Auswertungsstichtag 15. Mai 2019 ist das Beitragsjahr 2016. Die Ergebnisse zu den Zulagen sind hierfür nahezu vollständig (Ende der Antragsfrist: 31. Dezember 2018) und die Standard-Überprüfungsverfahren für dieses Berichtsjahr abgeschlossen“, heißt es auf der Internetseite des Ministeriums.

„Die Ergebnisse zur zusätzlichen Steuerentlastung durch Sonderausgabenabzug [sind] wegen des Zeitraumes der Festsetzungsverjährung von vier Jahren teilweise noch vorläufig“, erläutert das BMF weiter.

Zudem musste das Finanzministerium die für das Beitragsjahr 2015 gemeldeten Ergebnisse (VersicherungsJournal 7.2.2019) teilweise korrigieren. Dies wird damit begründet, dass Überprüfungsverfahren zwischen dem 15. Mai 2018 und dem 15. Mai 2019 bezüglich der Zulageberechtigung (insbesondere der Kinderzulage) teilweise dazu geführt hätten, dass sich die Ergebnisse auch für frühere Beitragsjahre noch verändert hätten.

Jeder dritte erhält keine Zulage

Setzt man die Zahl der geförderten Personen in Relation zur der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichten Zahl der insgesamt abgeschlossenen Riester-Verträge von 16,57 Millionen (Stichtag 31. Dezember 2016), so ergibt sich eine Quote von knapp 67 Prozent. Zum Vergleich: 2011 waren es noch über 70 Prozent, 2008 sogar noch über 75 Prozent.

Zulage / Anteil der Riester-Sparer (Bild: Wichert)

Dies bedeutet andersherum betrachtet aber auch, dass 2016 rund jeder dritte Riester-Sparer keine staatliche Förderung erhielt. Eine Verteilung auf die einzelnen Riester-Varianten bietet die BMF-Statistik nicht. Auch zu den Ursachen finden sich in dem Zahlenmaterial keine Angaben.

So bleibt offen, ob der vergleichsweise hohe Anteil der Riester-Sparer ohne staatliche Förderung auf eine Ruhendstellung zurückzuführen ist (also ohne Beitragsleistung in der Ansparphase – das BMAS schätzte den Anteil seit Jahren auf ein gutes Fünftel). Mögliche Gründe sind unter anderen auch nicht gestellte (Dauer-) Zulagenanträge oder keine Zulagenberechtigung.

Deutliche Abnahme im Osten

Dafür zeigen die Zahlen aus dem Finanzministerium, dass 2016 mit 56,8 (2015: 56,4) Prozent gut die Hälfte der Zulagenempfänger Frauen waren. Mit 18,9 (19,1) Prozent stammte nicht ganz jede fünfte geförderte Person aus den neuen Bundesländern (inklusive Berlin).

Während bei der Geschlechterverteilung trotz der aktuellen Verschiebung im Vergleich zu 2010 keine größeren Veränderungen zu beobachten sind, hat der Anteil der geförderten Personen aus dem Osten deutlich abgenommen. Seinerzeit stammte noch fast jeder Vierte aus den neuen Ländern.

Gut ein Drittel verdient brutto weniger als 20.000 Euro

Das BMF-Datenmaterial räumt darüber auch mit einem in der Vergangenheit häufig geäußerten Vorwurf von Verbraucherschützern und in den Medien auf. Diese betonen wiederkehrend, dass die Riester-Rente insbesondere von Geringverdienern nicht abgeschlossen werde (Medienspiegel 11.4.2017Medienspiegel 30.11.201611.4.20168.7.20154.3.2013).

Den Daten zufolge erzielte 2016 jedoch mehr als jede dritte geförderte Person ein Jahreseinkommen von unter 20.000 Euro (ohne mittelbar Berechtigte und Individuen, die nur den Sonderausgabenabzug geltend gemacht haben oder bei denen die Zulagenberechtigung ungeklärt ist).

Allerdings ist hier eine rückläufige Entwicklung bei den „maßgeblichen Jahreseinnahmen“ (§ 86 EStG) zu beobachten. So lag der Anteil sechs Jahre zuvor noch bei fast der Hälfte. 2008 traf dies sogar noch auf mehr als jeden Zweiten zu.

Dies ist vor allem auf einen rückläufigen Anteil der Gruppe bis unter 10.000 Euro Jahreseinkommen zurückzuführen. Dieser hat von 31,3 Prozent (2008) über 26,2 Prozent (2010) und 18,6 Prozent (2015) auf zuletzt nur noch 17,4 Prozent abgenommen. Allerdings gehört diese Einkommensgruppe mit über 1,8 Millionen Personen weiterhin zu den am stärksten besetzten – und besteht überwiegend aus Frauen (fast vier Fünftel Anteil).

Deutlich mehr Männer als Frauen in den höheren Einkommensklassen

Wenig überraschend – aufgrund der Erwerbsbiographien der Geschlechter – kehrt sich die Verteilung mit zunehmendem Einkommen um. In der Einkommensklasse zwischen 30.000 und unter 40.000 Euro sind erstmals mehr Männer als Frauen vertreten.

In der Einkommensklasse ab 50.000 Euro ist der Anteil der Männer sogar fast zweieinhalb Mal so groß wie derjenige der Frauen. In der Klasse ab 70.000 Euro fällt er dann gar fast sieben Mal so groß aus.

Steigender Anteil der Gruppe ab 40.000 Euro Jahreseinkommen

Leicht gesunken auf 35,5 Prozent ist der Anteil der Zulageempfänger mit Jahreseinkommen zwischen 20.000 und unter 40.000 Euro. Deutlich zugenommen hat der Anteil der Zulagenempfänger mit über 40.000 Euro Jahreseinkommen: 2008 war es etwa jeder Sechste, 2010 bereits fast jeder Fünfte und 2014 bereits weit mehr als jeder Vierte. Mittlerweile beträgt der Anteil fast 30 Prozent.

Einkommen (Bild: Wichert)

Ein Grund für diese Entwicklung dürfte die allgemeine Lohnentwicklung sein. Zwischen 2007 und 2016 gab es beim Durchschnittsentgelt in den alten Bundesländern ein Plus von insgesamt über einem Fünftel. In den neuen Ländern ging es sogar um über ein Viertel aufwärts.

In konkreten Zahlen: Arbeitnehmer im Westen mit einem Arbeitsentgelt im Jahr 2007 von 16.600 Euro hatten im Jahr 2016 statistisch gesehen die Marke von 20.000 Euro durchstoßen. Wer 2007 im Osten einen Bruttolohn von 32.000 Euro erzielte, der lag zehn Jahre darauf rein rechnerisch über der Schwelle von 40.000 Euro.

Versichererverband veröffentlicht Daten zu Riester

Unter der Überschrift „Darum ist ein Riester ein Erfolg“ veröffentlichte am Freitag auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) ausgewählte Zahlen zu dieser staatlich geförderten Vorsorgeform. „Riester leistet einen wesentlichen Beitrag zur Altersvorsorge in Deutschland: Allein bei den Lebensversicherern sind 73,5 Milliarden Euro in Riester-Verträgen angespart“, stellt der Versichererverband heraus.

In seiner Meldung greift der GDV im Weiteren auf Ergebnisse einer im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) (9.11.2018) und die im vergangenen November vom BMF veröffentlichten, nicht mehr aktuellen „Statistische[n] Auswertungen zur Riester-Förderung“ zurück.

„Wer heute ‚riestert‘, stockt seine gesetzliche Rente deutlich auf“, hebt der Versichererverband unter Berufung auf die DRV-Zahlen hervor. Demnach bringe Riester für Personen in der Altersgruppe zwischen 40 und 44 Jahren rechnerisch ein Rentenplus von 20 Prozent für Männer beziehungsweise 15 Prozent für Frauen.

Der GDV-Aussage „Riester ist wegen der personenbezogenen Förderung (Grund- und Kinderzulagen) insbesondere bei geringen Einkommen und Eigenbeiträgen attraktiv“ ist zwar nicht zu widersprechen. Allerdings liegt der Anteil der geförderten Riester-Sparer nicht mehr bei fast 40, sondern für das Beitragsjahr 2016 nur noch bei 35 Prozent. Unter 30.000 Euro liegen nicht mehr wie vom GDV dargelegt „annähernd 60 Prozent“, sondern nur noch 53,5 Prozent.

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