Bafin-Beschwerden über Autoversicherer sind deutlich gestiegen

 In der Kraftfahrtversicherung hat die Bafin 2019 mit fast 1.300 Beschwerden über ein Neuntel mehr abschließend bearbeitet als im Jahr zuvor. Im Schnitt waren es rund 1,1 Reklamationen pro 100.000 versicherte Risiken. Auf die höchste Beschwerdequote (6,7 Beanstandungen pro 100.000 versicherte Risiken) kam die R+V24. Auffällig ist, dass sich unter den Anbietern mit hohen Quoten fast ausschließlich Direktversicherer wiederfinden. Die Marktgrößen schnitten mehrheitlich besser als der Branchenschnitt ab.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (Bafin) hat im vergangenen Jahr 1.298 Beschwerden über die deutschen Kraftfahrtversicherer abschließend bearbeitet. Dies ist der Unternehmens-individuellen Beschwerdestatistik der Behörde zu entnehmen, die die Aufsicht am Dienstag veröffentlicht hat.

Anders als insgesamt (VersicherungsJournal 19.3.2020) und in der privaten Krankenversicherung (12.5.2020) entwickelte sich das Reklamationsaufkommen in der Kfz-Sparte negativ. Es erhöhte sich zum zweiten Mal in Folge. Das Plus fiel mit einem Neuntel nur leicht niedriger als im Jahr zuvor mit einem Achtel (16.5.2019) aus.

Der aktuelle Wert liegt auf Zehnjahressicht nur minimal unter dem Höchstwert aus 2014 (28.5.2015). Am wenigsten Beanstandungen gab es in der jüngeren Vergangenheit mit lediglich knapp über 1.000 vor sieben Jahren (28.3.2013).

Bafin-Beschwerde Kfz - 2010-2019 (Bild: Wichert)

Insgesamt nur verschwindend wenige Reklamation

Die Beschwerdequote (Reklamationen in Relation zum Bestand an versicherten Risiken von etwa 118,6 Millionen zum Jahresende 2018) ist zwar von etwa 1,0 auf annähernd 1,1 Beanstandungen pro 100.000 Verträge gestiegen. Damit liegt sie aber weiterhin auf verschwindend niedrigem Niveau.

Selbst wenn man noch die gut 2.000 Beschwerden in Kraftfahrt beim Versicherungsombudsmann (6.5.2020) hinzurechnet, ändert dies nichts. Denn selbst dann blieben in etwa 99.998 von 100.000 Kontrakten beschwerdefrei.

R+V24 mit der höchsten Beschwerdequote

Insgesamt werden in der Beschwerdestatistik 73 Kfz-Versicherer aufgeführt. Unter den aufgelisteten Gesellschaften mit einem Vertragsbestand von mehr als 100.000 errechnen sich für insgesamt sieben Anbieter Werte von über vier Reklamationen pro 100.000 versicherte Risiken.

Die höchste Quote steht mit fast sieben für die mit einem Policenbestand von etwa 450.000 eher kleine Gesellschaft R+V Direktversicherung AG (R+V24) zu Buche. Der Wert fällt doppelt so hoch aus wie im Jahr zuvor.

Dahinter folgen mit jeweils etwa fünf Eingaben pro 100.000 versicherte Risiken zwei weitere Direktversicherer. Dies sind die mit einem Bestand von jeweils über einer Million mittelgroßen Anbieter Allianz Direct Versicherungs-AG und DA Deutsche Allgemeine Versicherung AG (DA Direkt).

Die Allianz-Tochter, die im Vorjahr als Allsecur (13.8.2019) noch an der Spitze gelegen hatte, verbesserte sich um knapp zwei Punkte, während sich die DA Direkt leicht verschlechterte.

Weiterer Kfz-Versicherer mit hohen Quoten

Werte von jeweils über vier Beanstandungen pro 100.000 versicherte Risiken errechnen sich für vier weitere Unternehmen. Hierzu gehört einerseits die Helvetia Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft AG, Direktion für Deutschland.

Das Quartett komplettieren die Sparkassen Direktversicherung AG (S-Direkt), die Ovag – Ostdeutsche Versicherung AG, die unter der Marke Bavariadirekt das Direktversicherungs-Geschäft der Versicherungskammer Bayern (VKB) betreibt, und die Janitos Versicherung AG. Auffällig ist, dass es sich bei den Anbietern mit hohen Beschwerdequoten fast ausschließlich um Direktversicherer handelt.

Bafin-Beschwerde Kfz - höchste Quoten (Bild: Wichert)

Ein tieferer Blick in die Statistik zeigt ferner ein auffällig hohes Reklamationsaufkommen bei der Nexible Versicherung AG. Über die noch vergleichsweise junge Ergo-Tochter (22.3.2018, 23.10.2017) mit einem Bestand im mittleren fünfstelligen Bereich (2.3.2020) hat die Aufsicht im Berichtsjahr 53 Eingaben abschließend bearbeitet.

Zum Vergleich: Nur über fünf Kfz-Versicherer werden mehr bearbeitete Beschwerden aufgeführt. Die mit einem Bestand von 12,9 Millionen ungleich größere Allianz Versicherungs-AG, Marktführer auf Ebene der Einzelgesellschaften (16.9.2019), kommt in der Bafin-Statistik gerade einmal auf 73 abschließend bearbeitete Reklamationen.

So schlugen sich die Marktgrößen

Damit errechnet sich für die Allianz mit unter 0,6 die zweitniedrigste Beschwerdequote unter den Marktgrößen mit mehr als drei Millionen versicherten Risiken. Besser schnitt mit 0,3 nur der LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. ab.

Weniger als eine Reklamation pro 100.000 versicherte Risiken hatten auch die DEVK Allgemeine Versicherungs-AG, die Württembergische Versicherung AG, die R+V Allgemeine Versicherung AG, die Huk-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. und die Axa Versicherung AG zu verzeichnen.

Jeweils leicht über dem Branchenschnitt liegen die Huk-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, die Huk24 AG und die VHV Allgemeine Versicherung AG.

Bafin-Beschwerde Kfz - Branchengrößen (Bild: Wichert)

Nachteil für wachstumsstarke Versicherer

Seit rund einem Vierteljahrhundert veröffentlicht die Bafin jährlich eine nach Versicherungs-Unternehmen und -zweigen aufgeschlüsselte Beschwerdestatistik. Diese stellt den Angaben zufolge eine Momentaufnahme dar, die durch verschiedene Ereignisse beeinflusst sein kann. Versicherer ohne Beschwerden werden beispielsweise gar nicht aufgeführt.

Die Zahlen sollen „einen Indikator über Qualität und Größe des Versicherungsgeschäfts“ vermitteln, so die Aufsicht. Die Behörde weist jedoch auf die begrenzte Aussagekraft der Statistik über die Qualität einzelner Unternehmen hin. Denn eine Aussage darüber, ob die bearbeiteten Beschwerden begründet gewesen sind oder nicht, geben die Daten nicht her.

Zudem werde die im Laufe eines Jahres abschließend von der Bafin bearbeitete Beschwerdezahl in Relation zu den versicherten Risiken zum Vorjahresende gesetzt. „Stark expandierende Versicherer […] werden durch die Nennung der Bestandszahlen benachteiligt, weil sich der im Laufe des Jahres erhöhte Bestand, aus dem sich die Beschwerden ergeben, nicht in der Statistik wiederfindet“, so die Begründung.

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