Von Florian Ielpo, Head of Macro and Multi-Asset Portfolio Manager bei Lombard Odier IM
Da die Erdgaspreise in die Höhe geschnellt sind und die Produktion mit der Nachfrage nicht Schritt halten kann, hat ein Ansteckungseffekt auf die Ölpreise eingesetzt. Der Preis für WTI stieg von 69 USD auf 75 USD, gerade genug, um die Märkte zu bewegen. Wie groß ist dieses Risiko und wie hoch können die Ölpreise steigen?
Ölpreisschwankungen werden im Durchschnitt mit einem Beta von etwa 2 % in die Inflation einbezogen: ein Anstieg der Ölpreise um 10 % führt zu einem Anstieg der Inflation um 0,2 %. Wenn die Märkte befürchten, dass die Ölpreise der nächste Inflationstreiber werden, müssen wir mehr als den in dieser Woche verzeichneten Anstieg von 5 % sehen. Dies könnte sich jedoch negativ auf die Kerninflation auswirken, wenn der Ölpreisanstieg hinreichend lange anhält – aber dazu muss man viel weiter in die Zukunft schauen.
Können die Ölpreise wirklich hohe Niveaus erreichen? In der Welt findet eine Energiewende statt, und unsere Abhängigkeit von der Ölförderung hat sich in 20 Jahren halbiert. Für 100 Dollar BIP brauchen wir heute die Hälfte des Erdöls, das wir 1999 gebraucht haben. Dennoch steigt die Ölproduktion wieder an, und die Beschäftigtenzahlen im US-Bergbau lassen keinen Zweifel aufkommen: Der Sektor stellt wieder ein, was bedeutet, dass die Produktion steigt. Es könnte ein paar Wochen dauern, aber die Produktion dürfte weiter steigen und die erschöpften (aber immer noch riesigen) Ölvorräte dürften wieder aufgefüllt werden.
Öl belohnt seine Besitzer nicht mit einem Kupon oder einer Dividende. Sein Wert bleibt auf diejenigen beschränkt, die sie benötigen und produzieren. Die Produktionskosten lassen sich anhand eines gleitenden 36-Monats-Durchschnitts der Preise, der derzeit bei rund 50 USD pro Barrel liegt, gut abschätzen – eine wichtige Information für diejenigen, die es produzieren. Es ist eine weitere Übertreibung des Ölmarktes zu erkennen, aber wir befinden uns nur 10 USD von dem entfernt, was als mittelfristiges Maximum angesehen werden könnte. Angesichts des bereits erwähnten Zusammenhangs mit der Inflation reicht dies nicht aus, um von hohen Inflationsaussichten sprechen zu können.
Mit anderen Worten: Die Ölpreise sind hoch, aber da das Angebot in den kommenden Wochen wahrscheinlich steigen wird, ist eine Stabilisierung des Ölpreises wahrscheinlicher, was die These einer vorübergehenden Inflation untermauert.