„Trübe Aussichten“

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

lange ließ die britische Regierung unter Theresa May offen in welcher Form der geplante Austritt aus der Europäischen Union (EU) vonstattengehen soll. Doch nun verkündete die britische Premierministerin am 17. Januar in London Großbritannien solle raus aus dem Binnenmarkt und der Zollunion. Die Rede im Lancaster House stand unter der Maxime eines „globalen“ Großbritanniens mit weltweiten Freihandelsabkommen. Lesen Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars über mögliche Konsequenzen für Zins und Wirtschaft, sollte Großbritannien einen harten Ausstieg verfolgen.

 

 

Markt-Monitoring und Ausblick:
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor ist in den letzten drei Wochen wieder gesunken und steht nun bei -0,328%. Ein leichtes Abfallen in Richtung -0,4 % halten wir nach wie vor für sehr wahrscheinlich. Dies ist der aktuelle Stand der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz ist wieder gestiegen und liegt derzeit bei 0,72 %. Wir erwarten weiterhin niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,20% – 1,00%.

 

 

Trübe Aussichten
Um der drohenden Abwärtsspirale nach dem Austrittsvotum zu entgehen, reagierte die Bank of England (BoE) bereits im August 2016 und senkte den Leitzins von 0,5 Prozent auf 0,25 Prozent. Darüber hinaus kündigte die BoE an, Staatsanleihen über 60 Milliarden Euro in den nächsten sechs Monaten zu kaufen. Das gesamte Anleihekaufvolumen ist damit auf  435 Milliarden Pfund angeschwollen. Ferner startete die BoE im August ihr Kaufprogramm für Unternehmensanleihen mit einem Volumen von 10 Milliarden Pfund. Weitere 100 Milliarden Pfund Ausleihungen an die Geschäftsbanken sollten die Realwirtschaft ankurbeln. Mit Erfolg. Seit Juli 2016 stiegen die Verbraucherpreise um 1 Prozent auf 1,6 Prozent im Dezember. Es zeichnet sich auch ab, dass die kurzfristigen Folgen des Austritts überschätzt wurden. Nach dem die Prognose im August von 2,2 Prozent auf 0,7 Prozent in Folge des Austrittsvotums gesenkt wurde, korrigierte die BoE die Vorhersage im November um 0,7 Prozent auf 1,4 Prozent. Lediglich langfristig sehen die britischen Währungshüter aufgrund von großen Unsicherheiten eine Schwächung der Wirtschaft voraus. (Vgl. Abbildung 1)


Abbildung 1: Wachstumsprognosen der Bank of England für Großbritannien

Quelle: Bank of England; eigene Darstellung

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Was ein harter Ausstieg für die Währungsunion bedeutet, ist schwer abzuschätzen, solange nicht erste handfeste Fakten auf dem Tisch liegen. Ohne das britische Parlament kann auch Theresa May ihre Austrittspläne nicht nach Brüssel tragen. Zumindest kurzfristig sanken die zehnjährigen Bundesanleihen von 0,099 Prozent auf -0,184 Prozent aufgrund der verstärkten Nachfrage nach sicheren Anlagen. Doch heute liegt die Rendite schon wieder bei ca. 0,48 Prozent. Die positive wirtschaftliche Entwicklung und die Wahl Donald Trumps ließen die langfristigen Zinsen wieder steigen. Eine wichtige Rolle wird auch die Finanzmetropole London spielen. Zwar verkünden schon erste Banken den Abzug von Abteilungen aus London nach Dublin, Paris oder Frankfurt, jedoch könnte die geplante Senkung der Einkommensteuer für Unternehmen von 20 Prozent auf 17 Prozent diverse Finanzinstitute davon abhalten, jegliche Arbeitsplätze in die EU zu verlegen. Es könnte ein harter Konkurrenzkampf um das Buhlen von Unternehmen werden. Fast die Hälfte aller Exporte Großbritanniens fließt in die EU. Doch Theresa May wirbt schon bei Treffen mit Donald Trump um neue potentielle Handelspartner.
Ob es am Ende den großen Verlierer geben wird, zeigt sich erst, wenn das Vereinigte Königreich auch tatsächlich die EU verlassen hat. Wird der Austrittsantrag wie geplant im März in Brüssel eingereicht, bleiben noch zwei Jahre für harte Verhandlungsrunden. In dieser Zeit wird auch die Wirtschaft in Europa nicht derart in Mitleidenschaft gezogen, dass geldpolitische Maßnahmen notwendig werden.

 

 

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