Auftragslöcher stopfen als B2B-Berater

In den Auftragsbüchern vieler Berater, Trainer und Coaches klaffen zurzeit aufgrund der Corona-Krise riesige Löcher. Also müssen nicht wenige recht rasch Aufträge oft von Neukunden akquirieren, um nicht zu darben.  Einige Tipps, wie Ihnen dies gelingt.

In Zeiten der Corona-Krise, in denen der Trainings- und Beratungsmarkt weitgehend kollabierte, gilt mehr denn je: Durch Hauruck-Aktionen können Berater, gleich welcher Couleur, Versäumnisse im Marketingbereich im Bedarfsfall nur schwer ausgleichen. Denn wer jahrelang beim Marketing inaktiv war, hat in der Regel auch kaum Marketingerfahrung. Außerdem fehlen ihm die erforderlichen Instrumente. Zum Beispiel ein personifizierter und gepflegter Adresspool. Oder Produkte, die sich als „Türöffner“ bei Neukunden eignen. Oder Projektbeschreibungen, die sich bei Bedarf schnell eintüten lassen.

Entsprechend wirkungslos sind die meisten Nacht-und-Nebel-Aktionen im Marketingbereich – auch weil die Beratungsbereich angebotenen Leistungen keine Schnelldreher sind. Bei ihnen dauert der Kaufentscheidungsprozess oft Monate, teils sogar Jahre.

Trotzdem stehen Berater immer wieder, wie aktuell, vor der Herausforderung, recht kurzfristig Aufträge von Neukunden zu akquirieren, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Deshalb hier einige Tipps, die Sie beherzigen sollten, damit Ihre Aktivitäten zumindest eine gewisse Aussicht auf Erfolg haben.

Akquise-Tipp 1: Bieten Sie Ihren Zielkunden Leistungen an, bei denen die Hemmschwelle, ja zu sagen, niedrig ist.

Berater neigen beim Akquirieren von Neukunden dazu, diesen ihren gesamten Bauchladen zu offerieren. Und wenn sie Noch-nicht-Kunden ausnahmsweise mal ausgewählte Leistungen anbieten? Dann wollen sie gleich solche Megaaufträge wie „die Unternehmenskultur verändern“ an Land ziehen.

Beide Vorgehensweisen sind wenig zielführend. Denn kein Unternehmen erteilt einem Berater, mit dem es keine Vorerfahrung hat, den Auftrag für ein Großprojekt, an dem sein künftiger Erfolg hängt. Anders sieht dies bei relativ risikoarmen Produkten wie einem halbtägigen Workshop, „Quick-Check“ oder Projektleiter-Coaching aus. Offerieren Sie also Ihren Noch-nicht-Kunden kleine, smarte Produkte, um von ihnen einen Erstauftrag zu erhalten. Ist dann eine Vertrauensbasis geschaffen, können Sie ihnen komplexere Produkte/Leistungen anbieten.

Akquise-Tipp 2: Setzen Sie auf „Spezialprodukte“, die auf konkrete, aktuelle Kundenprobleme reagieren.

Wenn Berater versuchen, Neukunden zu akquirieren, offerieren sie diesen meist Standardprodukte, die man auch bei Hunderten von Mitbewerbern kaufen kann. Für diese Produkte interessiert sich, salopp formuliert, niemand – zumindest kurzfristig. Denn die meisten Unternehmen existieren seit vielen Jahren. Also haben sie auch schon Trainer, die bei ihnen zum Beispiel Führungstrainings durchführen. Oder Projektmanagement-Berater und -Coaches. Und diese tauschen sie ungern aus, wenn sie mit deren Leistung einigermaßen zufrieden sind – schon gar nicht in der Krise, wenn vieles schnell gehen, denn: Die neuen Trainer müssten sie, da sie das Unternehmen nicht erst einarbeiten. Das riecht nach Mehrarbeit in einer ohnehin stressigen Zeit.

Deshalb können Sie mit Standardprodukten bei Noch-nicht-Kunden in der Regel nicht punkten. Anders sieht dies bei Leistungen aus, die zum Beispiel die Personalentwicklung oder das Projektmanagement des Unternehmens abrunden oder in der aktuellen Krisensituation sinnvoll, das heißt bedarfsorientiert  ergänzen. Welche Produkte dies sein könnten, hier ist Ihre Phantasie und Kenntnis Ihrer Zielgruppe gefragt.

 

Akquise-Tipp 3: Analysieren Sie vorab, bei welchen Unternehmen Sie realistische Erfolgsaussichten haben.

Die meisten Berater gehen bei der Neukunden-Akquise wenig zielgerichtet vor. Fragt man sie „Warum kontaktieren Sie gerade dieses Unternehmen?“, können sie dies meist nicht begründen. Überlegen Sie sich, bevor Sie loslegen, genau: Bei welchen Unternehmen habe ich eine realistische Chance, einen Auftrag zu erlangen? Zum Beispiel aufgrund meiner Biografie? Oder der Projekte, die ich durchgeführt habe? Oder der Struktur der Unternehmen, für die ich bisher tätig war? Oder …?

Dies ist jedoch nur der erste Schritt. Wenn Sie Ihr „Beuteschema“ formuliert haben, sollten Sie aus den Kriterien, über die Sie Ihre Zielkunden bestimmt haben, Kaufargumente für sich ableiten – also Argumente, warum sich Ihre Zielkunden gerade für Sie und nicht für Mitbewerber entscheiden sollten. Ein solches Kaufargument kann sein: „Herr Huber, ich habe zehn Jahre multinationale Großprojekte gemanagt, die hochpolitisch und -sensibel waren. Deshalb …“. Oder: „Frau Mayer, unsere Büros sind nur zwei Kilometer von einander entfernt. Entsprechend schnell bin ich da, wenn …“. Oder: „Herr Wagner, ich arbeite seit 15 Jahren für Filialisten, deren Mitarbeiter weitgehend Teilzeitkräfte sind. Deshalb ….“.

Solche handfesten Kaufargumente brauchen Sie in allen Phasen des Marketing- und Vertriebsprozesses – egal ob Sie Werbebriefe schreiben, die Zielkunden per Telefon kontaktieren oder nach einer Präsentation Mitbewerber aus dem Rennen werfen möchten.

 

Akquise-Tipp 4: Gehen Sie keine Umwege, sprechen Sie Ihre Zielkunden direkt an.

Viele Berater erzählen ihren Kunden „Ihr müsst aktiv verkaufen.“ Sie selbst tun dies aber nicht. Stattdessen schalten sie Anzeigen – und warten, dass potenzielle Kunden anrufen. Oder sie lancieren PR-Artikel und platzieren Posts in den Social Media – und warten darauf, dass Noch-nicht-Kunden sie nach deren Lektüre anrufen. Oder sie versenden Werbebriefe – und warten darauf, dass Interessenten sie kontaktieren.

All diese Marketingmaßnahmen sind gut und richtig, wenn Sie Ihren Markt langfristig mit System bearbeiten möchten. Wenn in Ihrem Auftragsbuch jedoch große Löcher klaffen, haben Sie für einen solchen „Schnickschnack“ keine Zeit. Dann dürfen Sie keine Umwege gehen. Dann sollten Sie direkt auf Ihre Zielkunden losgehen und bei ihnen sozusagen mit der Tür ins Haus fallen. Entweder, indem Sie tatsächlich bei Kunden, die in Ihrer Nähe ihr Domizil haben, an die Tür klopfen, oder indem Sie zum Telefonhörer greifen und zum Kunden sagen „Guten Tag, hier bin ich. Ich möchte …“.

Aktiv verkaufen kann ganz einfach sein

Viele Berater werden nun zusammenzucken, denn sie wollen auf keinen Fall wie (telefonische) Klinkenputzer wirken. Doch am Klinken-Putzen führt, wenn kurzfristig Aufträge her müssen, kein Weg vorbei. Doch keine Angst: Aktiv verkaufen kann ganz einfach sein. Das sei an zwei Beispielen illustriert.

Beispiel 1: Der Inhaber eines Beratungsunternehmens in Baden-Württemberg hat ein ganz einfaches, jedoch effektives Konzept zur Neukunden-Akquise: „Morgens Kaffeetrinken und die Lokalzeitung lesen“. Liest er in der Zeitung zum Beispiel, dass das örtliche Kaufhaus eine neue Abteilung eröffnet, dann überlegt er sich, welche Probleme hieraus resultieren könnten. Zum Beispiel das Suchen und Integrieren neuer Mitarbeiter, veränderte Abläufe … Anschließend ruft er dessen Inhaber oder Geschäftsführer an und sagt zu ihm, er habe gelesen, dass sein Unternehmen eine neue Abteilung eröffne. Damit verbunden seien vermutlich folgende Herausforderungen:… Ob der Inhaber interessiert sei, sich mit ihm mal zu treffen. Und wenn der Inhaber nicht zu sprechen ist? Dann schreibt der Berater ihm einen Brief, in dem selbstverständlich auch steht: „Ich rufe Sie am …. an, um …“

So verfährt der Berater auch, wenn er in der Zeitung liest, dass ein Unternehmen Mitarbeiter einstellt oder entlässt. Oder, dass dessen Umsätze stiegen oder sanken. Jeden Morgen, so der Berater, stünden in seiner Lokalzeitung so viele Anlässe, Unternehmen zu kontaktieren, dass er sich überlegen müsse: Will ich dieses Unternehmen überhaupt als Kunden haben?

Die Vorteile eines solchen Vorgehens sind: Der Berater

  • braucht keine aufwändigen Werbemittel,
  • muss sich eigentlich nie gegen Mitbewerber durchsetzen und
  • kann stets Referenzkunden vorweisen, die in der Region jeder kennt.

Zudem kann der Berater stets darauf hinweisen, dass sich sein Büro sozusagen „ums Eck“ befindet. Deshalb sei es für beide Seiten ein geringer Aufwand, sich mal auf eine Tasse Kaffee zu treffen. Das senkt die Hemmschwelle der Kunden zu sagen: „Dann schauen Sie mal vorbei“.

Beispiel 2: Ein Frankfurter IT-Dienstleister konzentriert seine Neukunden-Akquise ganz auf das Gewerbegebiet Frankfurt-Niederrad, in dem Hunderte von Unternehmen und Verbänden ihre Büros haben. Wenn er zwischen zwei Terminen Zeit hat, klappert er gezielt Büro für Büro, Stockwerk für Stockwerk, Bürogebäude für Bürogebäude ab. Er stellt sich, sofern möglich, dem Chef des jeweiligen Unternehmens vor, wenn nicht, plaudert er mit dessen Sekretärin. Er erläutert, was sein Unternehmen macht, und dass er und seine Mitarbeiter sozusagen den ganzen Tag in dem Gebiet unterwegs sind. Deshalb seien sie bei Problemen sofort da. So erschließt sich der IT-Dienstleister Büro für Büro immer neue Kunden, ohne einen Cent in die Akquise zu investieren. Er investiert jedoch Zeit.

Gemeinsam ist diesen Konzepten: Sie zielen darauf ab, mit den potenziellen Neukunden möglichst schnell in persönlichen Kontakt zu treten – jedoch nicht, indem die Berater mit den potenziellen Kunden Golf spielen. Nein! Sie gehen direkt auf ihre potenziellen Kunden zu und sagen: „Hier bin ich, und ich habe etwas, das ihnen einen Nutzen bietet, und das möchte ich ihnen verkaufen.“ Auch diese Klarheit und Direktheit schafft Vertrauen.

 

In der Krise: „Mäuse“ statt „Mammuts“ jagen

 

Mit einem solchen Vorgehen werden Sie in der aktuellen Krisensituation, wie es ein Kunde von uns einmal formulierte, zwar keine „Mammuts“ erlegen, also Großaufträge an Land ziehen, doch zumindest „Mäuse und Kaninchen“ – was zum Überleben meist reicht.

Das hierfür nötige Umschalten von einem „passiven Marketing“  auf einen „aktiven Vertrieb“ fällt vielen Beratern, Trainern und Coaches schwer. Und hierfür müssen sie hohe mentale Barrieren überwinden. Doch anders ziehen Sie in der aktuellen Situation, in der der Markt weitgehend kollabiert ist, keine Aufträge an Land.

Ein weiteres Plus eines solchen Vorgehens ist: Sie  bekommen so vielleicht bei zwei, drei Neukunden zumindest einen Fuß in die Tür … und nach der Krise können Sie diese Kunden dann mit System ausbauen.

Bernhard Kuntz

Zum Autor: Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Bildungs- und Beratungsanbieter beim Vermarkten ihrer Leistungen unterstützt. Er ist u.a. Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (Internet: www.die-profilberater.de).

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