Aktuelles Aktienumfeld erinnert an Wachstum der 1950er Jahre

Von Didier Rabattu, Head of Equity, Lombard Odier Investment Managers.

Unserer Ansicht nach werden die Aktienmärkte von einem unterstützenden Umfeld profitieren, das an die Wachstumsschübe der 1950er- bis Mitte der 1960er-Jahre erinnert, als die wirtschaftliche Expansion die Inflation übertraf, während die Zentralbanken eine lockere Geldpolitik verfolgten. Die aktuelle Risikoprämie für US-Aktien liegt unter Berücksichtigung von Termingewinnen derzeit mit 6% über ihrer historischen Bandbreite – dies sollte die Bedenken hinsichtlich der Bewertungen zerstreuen und das Ausmaß der in dieser Phase des Zyklus vorhandenen Chancen unterstreichen. Dennoch besteht die Befürchtung, dass ein durch Stimuli ausgelöster Inflationsausbruch die Renditen ersticken wird – wir beobachten die längerfristigen inflationären Kräfte, die an die Bedingungen erinnern, die zum Nixon-Schock von 1971 und der anschließenden Stagflation führten

Die gute Nachricht ist, dass zyklische Inflation während wirtschaftlicher Erholungen üblich ist. Daher ist der Preisdruck nach dem exogenen Schock und den Umwälzungen des Jahres 2020 wohltuend vertraut. Einige Marktteilnehmer glauben jedoch, dass die Stärke dieses Aufschwungs – getrieben von immensen öffentlichen Ausgaben, aufgestauter Verbrauchernachfrage und dem Wunsch der Zentralbanken, die Zinsen auf extrem niedrigem Niveau zu halten – zu einer strukturell höheren Inflation führen wird.

Unserer Ansicht nach werden diese Befürchtungen kurzfristig überschätzt, rechtfertigen aber als längerfristige Risiken ständige Aufmerksamkeit. In den kommenden zwei Jahren wird die Dynamik zwischen Wachstumsaussichten, Inflation und Zinsen im Kontext solider Unternehmensgewinnprognosen unserer Meinung nach jedoch Chancen für Aktienanleger schaffen.

Wie beeinflussen diese Perspektiven die zukünftigen Anlageentscheidungen?

Unserer Ansicht nach sollte die bevorstehende Kauflaune einen zyklischen Aufschwung bei anhaltend niedrigen Zinssätzen vorantreiben. Die Geschichte wiederholt sich nicht, doch dieses Umfeld erinnert an die 1950er bis Mitte der 1960er Jahre: aufeinanderfolgende Jahre der Expansion, in denen die Zentralbanken die Inflation ausgleichen konnten, während das Wirtschaftswachstum die Höhe der Zinssätze übertraf, was zu einem starken Rückenwind für Aktien führte und eine Phase des wirtschaftlichen Schuldenabbaus bei den Staaten ermöglichte. Blickt man über die Makroebene hinaus auf die Marktkennzahlen, gibt es weiteren Grund zum Optimismus.

Was sagt uns die Aktienrisikoprämie über die potenziellen Renditen, die sich bieten? Bezogen auf alle Zeiträume seit 1960 liegt die Aktienrisikoprämie des S&P 500 bei knapp 4% und damit in seinem historischen Bereich von 2 bis 5%. Aber betrachten Sie die Aussichten: Trotz der Bedenken hinsichtlich der Bewertungen erholen sich die Erträge, die Realzinsen sind niedrig und die strukturelle Inflation liegt unter 4%. Und wenn die zukünftigen Erträge inmitten der erwarteten zyklischen Erholung berücksichtigt werden, steigt die Aktienrisikoprämie in Richtung 6%. Diese Faktoren begünstigen Aktieninvestitionen in stärkerem Masse als während vieler Marktphasen der letzten Jahrzehnte.

Anleger haben die Chance erkannt und in den vergangenen vier Monaten 414 Mrd. USD in globale Aktienfonds investiert – ein Anstieg von 300 % gegenüber dem vorherigen Vier-Monats-Hoch im Januar 2018.

Dennoch werden die Aktienmärkte attraktiv bleiben. Warum? Unter Berücksichtigung der zukünftigen Erträge deutet die aktuelle Aktienrisikoprämie von fast 6 % in den USA darauf hin, dass es angesichts der aktuellen Bewertungen ein starkes Renditepotenzial gibt. Gestützt auf unsere Erfahrung mit Investitionen über Zyklen hinweg, wenden wir weiterhin unseren bewährten Ansatz an, Qualitätsaktien in Anbetracht ihrer Fähigkeit, konsistente, positive Renditen zu erwirtschaften, zu bevorzugen und gleichzeitig vorsichtig in aussichtsreiche Value- und Growth-Unternehmen zu investieren. In der Zwischenzeit konzentrieren wir uns weiterhin auf langfristige Anlagethemen, von denen wir glauben, dass sie in diesem und den folgenden Zyklen Wert schaffen werden. Dazu zählen der Klimawandel, Naturkapital, Fintech, globale Verbrauchertrends, die Transformation Asiens und die von der alternden Bevölkerung vorangetriebene «Silver Economy».

In unseren Augen dürfte der bevorstehende zyklische Anstieg der Inflation in einem Umfeld, in dem dem das Wachstum vermutlich höher ist als die Zinsen, die Aktienmärkte nicht beunruhigen. Dies sollte vielmehr zu Investitionen ermutigen. Was Anleger allerdings zu denken geben sollte, sind die Krisenherde, die einen Inflationsschock um die Welt schicken könnten. Wir sehen die Aufwertung des Renminbi als eine solche an und werden aufmerksam, beobachten ob es Anzeichen dafür gibt, dass sich Druck aufbaut.

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