Lohnerhöhungen könnten Inflation weiter stützen

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Mit jeder weiteren Impfung beginnt sich die Wirtschaft in Europa und den USA zu normalisieren. Dennoch haben viele Arbeitgeber trotz einer hohen Arbeitslosenquote Probleme leere Stellen zu füllen und treffen auf ein geringes Angebot von willigen Arbeitnehmern. Das zwingt Unternehmen höhere Löhne und Zusatzleistungen anzubieten, um mehr Personal anzulocken. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars warum höhere Löhne die Inflation weiter stützen könnte.

Markt-Monitoring und Ausblick

Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor verharrt seit Dezember zwischen – 0,57% und – 0,53% und steht aktuell bei – 0,546%. Bis Mitte 2021 erwarten wir einen Seitwärtsverlauf zwischen – 0,50% und – 0,60%. Dieser orientiert sich an der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz/3M steht derzeit bei  0,08%. Mit Sicht auf die nächsten 6-12 Monate rechnen wir mit steigenden Kapitalmarktzinsen. Ob es sich um eine echte Zinstrendwende handelt, oder nur um einen Zinsbuckel wie in 2011, beantworten wir Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch.

Lohnerhöhungen könnten Inflation weiter stützen
Die hohe Nachfrage nach Personal betrifft insbesondere den Niedriglohnsektor, wie z.B. Schnellrestaurants oder Lieferdienste. Der Internetriese Amazon sucht beispielsweise 75.000 neue Arbeitskräfte und zahlt neben einen 17 Dollar Stundenlohn einen Antrittsbonus von 1.000 Dollar. Das Schnellrestaurant McDonald’s erhöht die Gehälter für reguläre Mitarbeiter von 11 auf 17 Dollar und für Schichtleiter von 15 auf 20 Dollar. Dies entspricht einer Gehaltssteigerung von jeweils 54 Prozent und 33 Prozent. Ebenso erhöht Chipotle die Gehälter auf 15 Dollar und bietet 750 Dollar für jeden vermittelten neuen Mitarbeiter.

Warum trotz einer hohen Arbeitsnachfrage einige Menschen nicht arbeiten wollen, hat vielseitige Gründe. Zum einen wollen nicht alle in den alten Job zurück und zum anderen übertreffen die bis über den Sommer laufenden finanziellen Hilfen die Monatseinkommen vieler Familien, weshalb es sich schlichtweg nicht lohnt einer Arbeit nachzugehen. Es ist davon auszugehen, dass mit Auslaufen der finanziellen Hilfen, ab Herbst dieses Jahres, das Arbeitsangebot wieder steigen wird und damit Arbeitsplätze besetzt werden können. Das sollte sich auch unmittelbar in der Arbeitslosenquote ablesen lassen.

Die kürzlich eingeführten Gehaltserhöhungen sind ein Indiz dafür, dass zumindest ein Teil des neu geschaffenen Geldes (insbesondere M1 und M2) beim Normalbürger ankommt. Es fließt nun mehr Geld in die Realwirtschaft und beginnt zwischen den einzelnen Wirtschaftsakteuren zu zirkulieren. Das könnte die Inflation nachhaltig stützen und stabilisieren. Diese These wird auch von dem ökonomischen Konzept rund um die sog. Phillips-Kurve unterstützt, welche den negativen Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Inflation beschreibt. So deutet eine geringe Arbeitslosenquote auf eine hohe Arbeitsnachfrage hin, was die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer bezüglich Gehaltserhöhungen stärkt. Höhere Löhne bedeuten ein höheres Einkommen und damit eine erhöhte Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, was in Form von Preissteigerungen sichtbar wird. Zwar ist die Arbeitslosenquote immer noch über dem Vorkrisenniveau, jedoch ist dies nicht immer auf eine geringe Arbeitsnachfrage zurückzuführen, sondern hat andere, wie bereits beschriebene Gründe.

Die Preise stiegen zuletzt in den USA um 4,2 Prozent und in der Eurozone um 1,6 Prozent und liegen somit über oder auf dem ausgesprochenen Inflationsziel von 2 Prozent. Ein Grund hierfür ist neben stark gestiegenen Energiepreisen und einer expansiven Geldpolitik das niedrige Preisniveau aus dem Vorjahresmonat, welches als Referenzwert dient. Man könnte also meinen, dass der Preisanstieg nur auf kurzfristige Effekte zurückzuführen ist. Dies könnte sich jedoch ändern, sollte die hohe Arbeitsnachfrage in weitere Lohnerhöhungen münden und damit die Konsumausgaben und Preise nachhaltig stützen. Somit könnte eine nicht gewünschte Lohn-Preis-Spirale ins Rollen kommen.

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