Deregulierung von Banken: Himmel oder Hölle?

Der aktuelle Neuwirth Finance Zins-Kommentar

Donald Trump enttäuscht nicht. Zumindest was die Umsetzung seiner Wahlversprechen angeht. Neben dem Mauerbau an der mexikanischen Grenze plant der Präsident, Banken zu deregulieren und Unternehmen die Kapitalaufnahme zu erleichtern. Erste konkrete Vorschläge hat nun der Chef des Finanzausschusses im Repräsentantenhaus vorgelegt. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, inwiefern ein Deregulierungswettbewerb uns in die nächste Finanzkrise stürzen könnte.

 

 

Markt-Monitoring und Ausblick
Kurzfristiger Zins: Der 3-Monats-Euribor sinkt stetig in kleinen Schritten und steht nun bei -0,329%. Ein leichtes Abfallen in Richtung -0,4 % halten wir nach wie vor für sehr wahrscheinlich. Dies ist der aktuelle Stand der Einlagenfazilität der EZB.

Langfristiger Zins: Der 10jährige SWAP-Satz pendelt und liegt derzeit wieder bei 0,67 %. Wir erwarten weiterhin niedrige SWAP-Sätze zwischen 0,20% – 1,00%.

 

 

Deregulierung von Banken: Himmel oder Hölle?


Primär geht es in dem Antrag von Jeb Hensarling um die Änderung des sog. Dodd-Frank-Acts, der im Zuge der Finanzkrise von der Obama-Regierung verabschiedet wurde. Inhaltlich befasst sich der 800 Seiten umfassende Gesetzesentwurf mit der Wahrung der Finanzmarktstabilität und dem Schutz der Steuerzahler. Alleine in Amerika kostete die Bankenrettung den Steuerzahler über 50 Milliarden Dollar. Ebenso soll der Chef der Verbraucherschutzbehörde seine Unabhängigkeit verlieren und direkt vom amerikanischen Präsidenten nach Belieben ernannt werden. Denkbar ist auch die vollkommene Deregulierung des riskanten Eigenhandels der Banken. Somit könnte Trump viele Errungenschaften um die Verhinderung einer weiteren Finanzkrise zunichtemachen. Doch erst muss der Entwurf noch durch die zwei Kammern des amerikanischen Kongresses.
Der Präsident des Ifo-Instituts in München Clemens Fuest sieht unkalkulierbare Risiken in der radikalen Änderung des Dodd-Frank-Acts und sagte der Berliner Morgenpost in einem Interview: „Wenn Länder wie die USA die Finanzmarktregulierung nur darauf ausrichten, die Wettbewerbsfähigkeit oder Ertragskraft ihrer Banken zu steigern, führt das zu einem Deregulierungswettbewerb, an dessen Ende der nächste Finanzmarktcrash stehen wird“. Ähnlich wie die drohenden Senkung der Unternehmenssteuer in Großbritannien wirbt Trump massiv um die Gunst der Banken und Unternehmen. Die Banken sind wie das Blut, das durch unsere Adern fließt. Ohne die Kreditwirtschaft bricht unser ganzes System auseinander. Die Finanzinstitute sind systemrelevant und spielen eine derart bedeutende Rolle in der Wirtschaft, dass eine Insolvenz nicht hinnehmbar ist. So wurden nicht selten in der Vergangenheit zig Banken durch öffentliche Mittel gerettet. Diese sogenannte Too-big-to-fail-Problematik versuchen globale Regulierungsprogramme wie Basel III oder der Dodd-Frank-Act aufzufangen.
Der Bundesverband deutscher Banken sieht durch die geplanten Deregulierungen transatlantische Wettbewerbsverzerrungen vor allem zulasten Europas. Auch kann die Stabilität des globalen Finanzsystems nur durch strenge Auflagen gewährleistet sein. Für das Finanzministerium ist von zentraler Bedeutung an Lehren aus der Finanzkrise festzuhalten. Sicherlich sind die geplanten Deregulierungen ein Segen für Banken und Unternehmen, doch die amerikanische Bevölkerung könnte der Gier vieler Banker zum Opfer fallen.
Die Zinsen könnten infolge des kurzfristigen Stimulus durch die Abschaffung von Regulierungen steigen. Generell verbessert sich schon vor Trump die wirtschaftliche Lage und die Inflation zog an. Inzwischen belegt auch eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF), dass die Deregulierungen von Bill Clinton in 90er Jahren einer der Auslöser für die Finanzkrise 2008 war. Deregulierungen steigern das Risikopotential für Krisen, das hat die Empirie gezeigt. Sollten die Regulierungen tatsächlich gelockert werden und risikoreichere Kredite vergeben werden, steigt ceteris paribus die Nachfrage der Realwirtschaft. Die Zinsen werden steigen und eventuell sich, ähnlich wie in den Jahrzenten zuvor, hochschrauben bis die Blase platzt.
Der Starökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman ist zwar der Ansicht, dass der Markt die Risiken für eine bevorstehende Katastrophe immer noch unterschätzt, doch die Märkte haben längst nicht so stark reagiert wie der Hype um den „Trump effect“.  So sind wir immer noch davon entfernt von einer riesigen „Trump bubble“ zu sprechen. Nichtsdestotrotz die erhöhten Staatsausgaben und die geplanten Deregulierungen könnten den Vereinigten Staaten kurzfristiges Wirtschaftswachstum bescheren. Die Zinsen müssten infolgedessen steigen. Doch der Protektionismus Trumps wird Europa unter Druck setzen, denn  besonders Deutschland ist stark von den Exporten abhängig. In der Vergangenheit passten sich die wichtigsten Zinssätze in der Währungsunion denen aus Amerika an, jedoch ist Trump unberechenbar in seiner Politik. Das macht das Betreiben von effektiver Geldpolitik durch die Zentralbanken nicht leichter.

 

 

Schreibe einen Kommentar